Oberbilk Fiftyfifty will Haus zurückkaufen

Oberbilk · Die Zwangsräumung des ehemaligen Wohnungslosen Rolf Thenagels will die Hilfsorganisation notfalls mit zivilem Ungehorsam verhindern. Die Stadt hat das Haus an der Lessingstraße gestern kontrolliert.

 Rolf Thenagels (l.) im Zimmer seines Mitbewohners Dieter Mörs (r), in der Mitte Sozialarbeiterin Julia von Lindern von Fiftyfifty.

Rolf Thenagels (l.) im Zimmer seines Mitbewohners Dieter Mörs (r), in der Mitte Sozialarbeiterin Julia von Lindern von Fiftyfifty.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

An der Wand hängt kein Bild, sondern nur ein Rucksack. Rolf Thenagels hat nicht viel. Bett, Tisch, ein paar Stühle, eine Kommode, Fernseher. Für nächsten Mittwoch ist die Zwangsräumung anberaumt, weil der 56-Jährige zwei Monatsmieten nicht bezahlte und es danach bei der Ratenrückzahlung haperte. Längst sind sein Fall und das Haus an der Lessingstraße 25 zu einem Düsseldorfer Politikum geworden. Die wichtigsten Fakten zu diesem vielschichtigen Fall:

Das Versäumnis Thenagels hat im letzten Sommer zwei Monatsmieten nicht bezahlt. Er ist Koch, wurde vor vier Jahren arbeitslos, es folgte der soziale Absturz. Die Stadt hätte die Zahlung der Mietschulden übernommen, Thenagels füllte den Antrag in der Beratungsstelle aber nicht aus. "Wohnungslose sind damit zuweilen überfordert", sagt Julia von Lindern, Sozialarbeiterin bei Fiftyfifty, "da sie dafür einige Unterlagen beibringen müssen." Thenagels wollte lieber selbst in Raten nachzahlen, die Überweisung der zweiten Rate kam wegen einer Unterdeckung des Kontos in Höhe von 70 Cent jedoch nicht zustande.

Beim Telefonat mit dem Berliner Vermieter ging einiges schief. Am Ende kam es wegen Rückständen in Höhe von 466 Euro zur Räumungsklage und dem Titel der Zwangsräumung. "Formaljuristisch ist nichts zu machen", sagt von Lindern. Man wolle aber notfalls mit zivilem Ungehorsam, also Blockaden, die Zwangsräumung verhindern.

Das Politikum Fiftyfifty hat für den Erwerb des Hauses Geld gesammelt, das Sozialwerk der Armen Brüder des Heiligen Franziskus kaufte damit das Haus. Als das Sozialwerk bei windigen Anlagegeschäften 7,2 Millionen Euro verlor, mussten die Finanzen saniert werden. Ende 2016 wurde das Haus an der Lessingstraße an die Berliner HMS Zweite Grundstückgesellschaft verkauft. Das Sozialwerk, jetzt unter der Trägerschaft der Franzfreunde, bedauert heute den Verkauf.

Auswege Franzfreunde-Vorstand Dirk Buttler hat Verhandlungen mit dem neuen Hauseigentümer eingeleitet. Gestern gab es erste Gespräche. Ziel: die Zwangsräumung vermeiden, mögliche weitere Konfliktfälle aus dem Weg räumen. Buttler will Betreuungsmöglichkeiten anbieten. Die Franzfreunde betreuen in zehn Unterkünften 400 Menschen in sozialen Notlagen. Auch bei Fiftyfifty haben Düsseldorfer angerufen, die Thenagels finanziell unterstützen wollen. Ein Mitarbeiter des Sozialamts hat die Unterbringung in einer Unterkunft signalisiert, sollte es doch zur Zwangsräumung kommen.

Fiftyfifty hat gestern erstmals wieder mit den Franzfreunden gesprochen. Nach dem Infinus-Anlageskandal war es zum Bruch gekommen. Jetzt will man mit Blick auf das gemeinsame Anliegen für die betroffenen Menschen möglichst viel erreichen. Fiftyfifty will sogar versuchen, das Haus zurückzukaufen. Die Hilfsorganisation geht davon aus, dass der Eigentümer weitere der mehr als 20 Mieter aus dem Haus haben möchte.

Kontrolle Die Stadtverwaltung hat gestern Kontrolleure der Wohnungsaufsicht in das Haus geschickt. Laut Wohnungsdezernent Christian Zaum wurden keine groben Mängel festgestellt. Ausnahme: die seit einigen Monaten versperrten Gemeinschaftstoiletten und Waschgelegenheiten im vierten Stock. Diese müssen saniert und wieder zugänglich gemacht werden. Das erhält der Vermieter schriftlich.

(ujr)
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