Düsseldorf-Oberbilk Der OB und die Vielfalt der Kölner Straße

Düsseldorf · Oberbürgermeister Thomas Geisel lud zum Bürgerdialog, und auch wenn davon viele Oberbilker gar nichts wussten, kamen rund 50 in die Volkshochschule. Die meisten sorgen sich um die Attraktivität ihres Stadtteils.

 Gerd Deihle (l.) und Lutz Göbel (r.) sind für die SPD in der BV3 und führten Thomas Geisel gestern durch Oberbilk.

Gerd Deihle (l.) und Lutz Göbel (r.) sind für die SPD in der BV3 und führten Thomas Geisel gestern durch Oberbilk.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Er hat den neuen Markt eröffnet, auch in der Volkshochschule war er öfter mal, aber die ein oder andere Ecke von Oberbilk, die haben Bezirksvertreter Thomas Geisel gestern erst gezeigt. Den Bahndamm etwa, den er als "kreuzbraver Familienvater" allenfalls vom Hörensagen kannte, und den "Boxpapst", dessen Reklametafel mit den großen Namen ihn deutlich mehr beeindruckte. Apropos Namen: Das Schild an der Baustelle für die neue Turnhalle amüsiert ihn. Anderthalb Jahre im Amt, und noch immer freut er sich, wenn irgendwo steht "Hier baut der Oberbürgermeister".

Am Lessingplatz schüttelt er einer Männerrunde beim Bier hinterm Büdchen die Hände. Die Männer sind ganz überrascht, dass der Oberbürgermeister zu ihnen kommt. Weder bei der Bürgerinitiative noch an der Kölner Straße war auf die Stadtteil-Tour hingewiesen worden, bei der sich das Stadtoberhaupt ohne Umschweife den Fragen stellen will, die dem Bürger unter den Nägeln brennen. Die Bezirksvertreter gucken ratlos. Immerhin, an der Volkshochschule, wo die Fragerunde stattfinden soll, hängen gleich drei Plakate. Irgendwer hat also welche gehabt.

Unter den rund 50 Gästen, die den Weg gefunden haben, sind noch weitere Bezirksvertreter vor allem aus der SPD, einige Bürger, die sich im Viertel engagieren, auch die Lessingplatzinitiative ist vertreten. Und dann ist da einer, der den Stadtteil schon seit Jahren kennt und sich fragt, was aus der Kölner Straße wird. Man merkt am Raunen im Saal, dass diese Frage viele umtreibt. Und das wird nicht eben leiser, als Geisel über die Aufenthaltsqualität in Nebenzentren redet und von der Mischung, die es braucht, und von der Vielfalt, "die an der Kölner Straße doch mit Händen zu greifen ist". Handys und Gemüse, grummelt der Bürger und bekommt dafür Beifall. Der OB, der sagt, dass er kein Freund von Fußgängerzonen ist, aber die Kölner Straße vielleicht verkehrsberuhigt werden könnte, wenn es einmal die Umgehungsstraße gibt, kriegt keinen.

Und dann kommt auch schon das Maghreb-Viertel aufs Tapet. Anders als neulich die Bezirksvertretung wollen die Oberbilker nicht über diesen Namen, Minztee oder Fisch reden. "Warum kriegen wir an jede Ecke eine Shisha-Bar? Womit verdienen die jungen Männer, die mit Autos vorfahren, die sich keiner von uns leisten kann, ihr Geld?", fragt eine Hausbesitzerin, die 30 Jahre lang gern Teil von Klein-Marokko war. "Jetzt ist es ein schlimmes Viertel", sagt sie, und eine andere kritisiert die düsteren Ecken und die "gruselige Unterführung" an der Ellerstraße. Geisel verweist auf die Polizei, auf die Casablanca-Kommission und die Razzia im Januar. "Problem erkannt, aber noch nicht ganz gebannt", sagt er, und ob die Politik, den vielen Shisha-Bars Einhalt gebieten kann, wie es andernorts mit den Spielhallen ging, das müsse man prüfen, aber: "Nicht jede Shisha-Bar ist ein Hort der Kriminalität." Und ja, die Unterführung könnte schöner werden. Bei der Sache mit dem Licht kann der OB nicht widerstehen. Das Kulturgut Gaslaterne, sagt er. "leuchtet eben nicht so hell". Er will das Thema mit ins Rathaus nehmen.

Rollstuhlfahrerin Angela Meyer findet viel zu wenig Wohnungen in der Kategorie bezahlbar und barrierefrei. Es dürfe doch nicht sein, dass ein Mensch mit Handicap und Hartz-4 kein Recht darauf habe, selbst zu entscheiden, wo er wohnen wolle. Der OB versichert, dass schon jetzt ein Großteil der neugebauten Wohnungen wenigstens barrierearm sei.

Als sich ein junger Mann über die Behandlung im Ausländeramt beklagt, stellt der OB sich zunächst schützend vor seine Mitarbeiter und nimmt dann den konkreten Fall des jungen Mannes zur Prüfung mit. Wie er die Situation souverän meistert, das kommt bei den Bürgern an. Und dass er am Geburtstag seiner Jüngsten trotzdem zu ihnen kommt sowieso.

(RP)
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