Oberbilk Das bewegte Leben des Günter Kohnen

Oberbilk · Willi Grigor hat die Geschichte des Oberbilker Originals, Heino-Freundes und Uwe-Seeler-Fans aufgeschrieben.

 Ein Mannschaftsfoto vom FC Total 62: Dritter von rechts oben ist Günter Kohnen, er schaut auf Willi Grigor, der das Tor der Hobbytruppe hütete.

Ein Mannschaftsfoto vom FC Total 62: Dritter von rechts oben ist Günter Kohnen, er schaut auf Willi Grigor, der das Tor der Hobbytruppe hütete.

Foto: Willi Grigor

Günter Kohnen, in Oberbilk gerne auch "Peppo" genannt, und Willi Grigor waren echte Kumpel. Als Grigor der Liebe wegen nach Schweden umzog, pflegten die beiden ihre Jugendfreundschaft 40 Jahre intensiv aus der Ferne. Vor fünf Jahren starb Kohnen nach langem Kampf gegen die Parkinson-Krankheit. Noch zu dessen Lebzeiten schrieb Grigor die Geschichte des Oberbilker Originals auf.

Sie beginnt 1945, als Günter mit seiner Mutter und den beiden Brüdern zurück aus Ostdeutschland wieder in die kleine Dachzimmerwohnung an der Flügelstraße zieht, der Vater kommt nicht aus dem Krieg zurück. Die Mutter schrubbt als Hilfskraft in der Brauerei Schumacher an der Oststraße die Holztische, um ihre drei Jungs durchzubringen. 1951 zieht Grigors Familie in das Nebenhaus an der Flügelstraße. Günter ist vier Jahre älter, doch beim Fußballspielen auf der Ballonwiese im Volksgarten (und beim Biertrinken) kommen er und Willi sich näher.

Einer der besten (Schul-)Freunde von Günter ist ein gewisser Heinz Georg Kramm, besser bekannt als Heino. Der wohnt auf der Kirchstraße, beide kicken bei Schwarz-Weiß 06. Heinz Georg sammelt erste musikalische Erfahrungen, als er mit zwei Mitstreitern durch die Straßen zieht und aus Spaß an der Freud Lieder trällert. Hausfrauen öffnen die Fenster und jubeln ihnen zu. Mehr noch sind die Jungs aber neidisch auf Heinz Georgs Lehrstelle beim Bäcker Voss auf der Linienstraße, ist er doch so ständig in der Nähe der hübschen Bäckerstochter.

Günter beginnt seine Lehre an der Total-Tankstelle an der Stresemannstraße, da geht er noch zur Schule. Er ist beliebt, bekommt viel Trinkgeld, die Tankstelle wird zum Treffpunkt der Clique. 1962 reift die Idee, genau dort eine "Thekenmannschaft" zu gründen. Das Team wird nach dem Mineralöl-Anbieter der Tankstelle FC Total 62 genannt. Günters Freundin Sonja (die wohlhabende Schweizerin fährt einen Mercedes 190 SL, der an der Tankstelle repariert wird) spendiert die Trikots - Schwarz-Weiß wie die der Nationalmannschaft und mit richtigen Rückennummern. Siege wie Niederlagen werden am Tresen der Kneipe Zum Fässchen in Oberbilk ausgiebig begossen. Günter wie Willi sind extrem sportbegeistert. Neben Fußball spielen beide auch Tennis, besuchen die Begegnungen der Fortuna und der DEG. Günter geht zusätzlich in die "Muckibude", schwimmt, fährt Fahrrad. Dennoch neigt er ein wenig zur Wampe. Essen und Trinken fordern ihren Tribut. Er wechselt später zunächst die Tankstelle (zur Derendorfer Straße) und dann ganz die Branche (Angestellter bei einem Blumenlieferanten).

1971 lernt Günter seine große Liebe Heidi kennen. Er ist 32 Jahre alt, wohnt aber immer noch bei seiner Mutter. Wobei wohnen heißt: Er kommt irgendwann in der Nacht nach Hause, machte sich etwas zu essen und schläft einige Stunden, bevor er sich dem nächsten Tag stellt. Jetzt bezieht das Paar zusammen eine kleine Dachwohnung. Und Heidi gelingt es, Günter "umzuerziehen". 1972 wird geheiratet - und mehrfach umgezogen. Sie reisen viel, sind ungebunden, haben keine Kinder. Sie lernen Prominente wie Rosi Mittermaier und Christian Neureuther kennen, Günter hat jedes Mal ein Sechserpack Schumacher Alt für Rosis Vater mit dabei.

Plötzlich ist Günter arbeitslos. In der Rheinischen Post liest er von einer Stellenanzeige: Die Banque Nationale de Paris in Düsseldorf sucht einen flexiblen Mitarbeiter für Aufgaben wie Postverteilung oder Einkäufe und als Chauffeur. Das Vorstellungsgespräch findet im Steigenberger Park-Hotel an der Kö statt, Bankchef und Tankwart sind sich sofort sympathisch, Günter sticht seine 37 Konkurrenten locker aus. Es wird Günters dritte Karriere, mit seinem Boss ist er oft in Paris, der Oberbilker Jong genießt das Leben. Er bleibt bis zur Rente.

Ein Kapitel fehlt allerdings noch: die Freundschaft von Günter zu Uwe Seeler. 1966 sehen sie sich zusammen das Spiel der Fortuna gegen den HSV in Hamburg an. Willi ist perplex, als Günter die Fußballikone anruft und sich bei ihm einlädt. "Uns Uwe" empfängt die Düsseldorfer in seinem Haus. Wie sich herausstellt, ist Günter noch mit weit mehr Sport-Prominenz befreundet: Bubi Scholz, Fritz Walter oder auch Kult-Masseur Erich Deuser sind nur drei Beispiele.

(RP)
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