Stadtteilcheck Den Absprung nicht geschafft

Einmal Knittkuhl, immer Knittkuhl. So ergeht es Andreas Zilles und Christian Klöhn, die einfach nicht loskommen von diesem Dorf, in dem jeder jeden kennt.

 Andreas Zilles (l.) und Christian Klöhn haben ihre Kindheit in Knittkuhl verbracht – und nur schöne Erinnerungen an diese Zeit.

Andreas Zilles (l.) und Christian Klöhn haben ihre Kindheit in Knittkuhl verbracht – und nur schöne Erinnerungen an diese Zeit.

Foto: Marc Ingel

Andreas Zilles lebt seit 1967 in Knittkuhl, hat hier den Kindergarten besucht, als dieser noch eine Baracke auf dem Gelände der Bergischen Kaserne war. Sein Elternhaus stand an der Ackerstraße, die später in Mergelsberg umbenannt wurde, weil es gab ja schon eine Straße in Düsseldorf, die so hieß. Knittkuhl war zu der Zeit kaum mehr als eine Ansammlung von Ein- und Mehrfamilienhäusern, ursprünglich erbaut für die Soldaten der Kaserne, „sonst war da nix“, sagt der heute 55-Jährige. Zilles hat auch die Grundschule in Knittkuhl besucht, ist viermal im Ort umgezogen. „Ich habe den Absprung nicht geschafft“, sagt er und meint das selbstverständlich ironisch, denn Zilles lebt gerne und ein Stück weit aus Überzeugung in Knittkuhl. Auch wenn es später als Jugendlicher nicht immer so einfach war, „denn viel los ist hier natürlich nicht. Und der letzte Bus vom Staufenplatz fuhr auch am Wochenende um 23.24 Uhr. Den durfte man nicht verpassen, sonst war es ein langer Fußweg“.

Christian Klöhn kam 1979 im Alter von neun Monaten nach Knittkuhl. Kindergarten, Grundschule, sein Lebensweg verlief ähnlich wie der von Zilles – mit einer Ausnahme: „Zwei Jahre habe ich Knittkuhl den Rücken gekehrt – eine Scheidung später bin ich zurückgekommen und lebe heute mit meiner zweiten Frau und meinem Sohn glücklich im 50. Stadtteil“, sagt der 40-Jährige. Er schätzt das Ruhige, Idyllische, „diese Entschleunigung, den Abschaltcharakter, überall Tempo 30. Hier können die Kinder noch auf der Straße spielen auch wenn sich natürlich längst nicht jeder Autofahrer daran hält“, hat Klöhn dann doch noch einen Ansatz zur Kritik gefunden, wenn es um sein Dorf geht. „Ansonsten lässt es sich hier wirklich gut leben“, sagt er. „Und hier kennt jeder jeden, es gibt keine Anonymität“, fügt Zilles hinzu.

Früher (da hieß Knittkuhl noch Hubbelrath-Hasselbeck) war alles besser – klar, so ein bisschen gilt das auch für Knittkuhl. Wo heute das da Franco ist, gab es einen Edeka-Markt, der zog später weiter nach oben, heute gibt es gar keinen Supermarkt mehr, von Post und Polizei ganz zu schweigen. Die Sparkasse hat auch dicht gemacht, und nach 21 Uhr kann man nicht mal mehr Geld am Automaten ziehen. Der Lebensmittelwagen kommt nicht mehr, der Bücherwagen ebenso wenig, und sogar der Eierautomat wurde abmontiert. „Sicher, wer pulsierendes Leben sucht, ist hier fehl am Platz“, sagt Klöhn, „aber es gibt genug Möglichkeiten sich in die dörfliche Gemeinschaft einzubringen“. Dafür sorgen auch Zilles und Klöhn, beide Mitglieder beim SSV Knittkuhl, Klöhn ist sogar der Vorsitzende. Im Dorf beschränkt sich das Angebot zwar vorwiegend auf Gesundheits- und Rehabilitationssport, dafür hat der Verein ein echtes Aushängeschild. „Wir sind Landesleistungsstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik“, sagt der Vorsitzende nicht ohne Stolz. Allerdings findet der Spitzensport im Namen des SSV im fernen Gerresheim statt.

Gut möglich, dass Knittkuhl sein Gesicht bald verändern wird, wenn auf dem Gebiet der Kaserne bis zu 3000 Wohnungen gebaut werden. „Dann ist nur die Frage, was für ein Wohnraum entsteht“, sagt Zilles: „Passt sich der Mietspiegel Knittkuhl oder dem Rotthäuser Weg an?“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort