Knittkuhl Gemeinsam gesund werden

Knittkuhl · In Knittkuhl gibt es für Betroffene ein umfangreiches Angebot im Bereich Rehabilitationssport. Zahlen müssen die Teilnehmer nichts. Und aus Leidensgenossen werden bei den Kursen schnell auch mal Freunde.

Cornelia Missler hat in der Turnhalle der Grundschule in ihre Lungensport-Gruppe im Griff. Ob Aufwärmen im schnellen Trab, Übungen mit Gummiband, Ball oder Reifen, und das natürlich stets mit der Konzentration auf das "richtige" Atmen - alle folgen ihrem Kommando. Die Teilnehmer beiderlei Geschlechts, größtenteils, aber nicht ausschließlich älteren Jahrgangs, haben trotzdem ihren Spaß. Es ist keine verbissene, eher eine aufgelockerte, kommunikative Atmosphäre. Nicht unbedingt so, wie man sich das bei Rehabilitationssport vorstellen würde.

Reha-Sport gibt es seit Kriegsende, "nur hieß es damals noch Versehrtensport", blickt Missler zurück. Das klingt natürlich erst recht nicht nach etwas, an dem einer freiwillig mitwirken will, daher bevorzugt sie den Ausdruck Gesundheitssport, denn darum geht's: nach einer diagnostizierten Krankheit und der Akutphase über die Rehabilitation wieder zu einem körperlichen und seelischen Zustand zurückfinden, der dem eines gesunden Menschen möglichst nahe kommt.

Und das schafft man erstaunlicherweise in Knittkuhl ganz besonders gut. Die beim örtlichen Sportverein SSV angesiedelte Abteilung umfasst Angebote für Innere Krankheiten, Orthopädie und Lunge, auch die gezielte Wassergymnastik ist eingebettet - insgesamt 28 verschiedene Kursangebote. Und das Beste daran: "Für die Teilnehmer ist das komplett kostenfrei, es kann zudem vom Arzt nicht budgetbelastend verordnet werden", erklärt Missler und fügt hinzu: "Während einer Reha wird natürlich viel Wert auf Sport gelegt. Wer danach aber wieder ausschließlich auf dem Sofa sitzt, Chips isst und Bier trinkt, wird unabhängig von seiner Krankheit sein Leben nicht unbedingt verbessern."

Wer das verordnete Reha-Sport-Angebot wahrnimmt, muss damit rechnen, dass er von der Krankenkasse zumindest stichprobenartig überwacht wird. "Bei zu vielen Fehlzeiten wirkt sich das zum Beispiel für diejenigen, die später mal eine Kur beantragen, nicht so positiv aus", gibt Missler zu bedenken. Und der Trainingsumfang ist durchaus anspruchsvoll: 50 Stunden in anderthalb Jahren für Innere Krankheiten (meist Krebs) und Orthopädie (Rücken!), gar 120 Stunden in drei Jahren für Lunge (COPD: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung - von Raucherlunge bis chronischer Bronchitis).

Aber ans Schwänzen denken die Teilnehmer gar nicht: Michael zum Beispiel ("Ja, das Rauchen ist ein nicht unwesentlicher Grund dafür, dass ich jetzt hier bin") atmet inzwischen viel bewusster. "Ich bin seit 13 Monaten in der Gruppe und freue mich regelmäßig auf den Abend. Auch, weil man neue Leute kennenlernt und sich austauschen kann." Angelika ist es ganz ähnlich ergangen: "Ich habe schon vor meiner COPD-Erkrankung viel Gymnastik gemacht und bin das nach einem Reha-Aufenthalt hier offen angegangen. Die systematischen Bewegungen tun mir gut, das ist doch etwas ganz anderes, als etwa ein ausgedehnter Spaziergang." Außerdem komme sie so auch mit anderen Angeboten des Vereins in Kontakt - etwa Nordic Walking.

Cornelia Missler ist es wichtig, dass jeder seine Grenzen kennt, Sport aber durchaus in seinen Tagesablauf integriert und sich mehrmals die Woche zur Bewegung animiert. Daher gibt's bei ihr auch Hausaufgaben. "Die Ärzte werden es mir danken", ist sie sich sicher.

(RP)
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