Garath Klare Regeln gegen Streit

Garath · Reden, nicht schlagen – beim Streitschlichter-Kongress in Garath berichten Grundschüler über Erfahrungen in der orangen Weste auf dem Schulhof. Ein schwieriger Job, der auch den Umgang mit eigenen Aggressionen verändert.

 Wenn zwei sich streiten, ist ein Schlichter gefragt (von links) : Rumeysanur (10), Seval (10) und Albion (11) spielen die Situation durch. Beim Streitschlichter-Kongress in Garath übten sich 34 Grundschüler in der hohen Kunst der Konfliktbewältigung.

Wenn zwei sich streiten, ist ein Schlichter gefragt (von links) : Rumeysanur (10), Seval (10) und Albion (11) spielen die Situation durch. Beim Streitschlichter-Kongress in Garath übten sich 34 Grundschüler in der hohen Kunst der Konfliktbewältigung.

Foto: Christoph Göttert

Reden, nicht schlagen — beim Streitschlichter-Kongress in Garath berichten Grundschüler über Erfahrungen in der orangen Weste auf dem Schulhof. Ein schwieriger Job, der auch den Umgang mit eigenen Aggressionen verändert.

Manchmal reicht ein Fußball, den einer allein für sich behalten will. Dann fliegen erst die Worte, dann die Fäuste. Als Adam dazwischen gehen wollte, traf ihn selbst ein Schlag. Inzwischen ist der Neunjährige besonnener geworden, überlegt genauer, was er tut und sagt. Seit einem halben Jahr ist der Grundschüler Streitschlichter. Die orange Weste mit dem Schriftzug kennzeichnet ihn. "Es gibt klare Regeln", erklärt Seval (10). Ausreden lassen, zuhören können. Nicht schimpfen oder jemanden beleidigen. Jeder darf seine Perspektive schildern und sagen, worüber er sich geärgert hat, muss aber ebenso erkennen, was er selbst zur Eskalation des Streits beigetragen hat. Zuletzt sollen die Streithähne gemeinsam eine Lösung finden und sie auch umsetzen.

Wie schwierig das sein kann, haben die 34 jungen Streitschlichter immer wieder neu erfahren müssen, wenn sie auf den Schulhöfen ihrer Grundschulen ihren Job machten. Beim Streitschlichter-Kongress im SOS-Stadtteil-Treff Garath tauschen sie sich aus. Bei gemeinsamen Rollenspielen vertiefen sie das Gelernte, maßgeblich unterstützt von drei Schulsozialarbeiterinnen.

Wenn zwei sich streiten, schlichtet ein Dritter — 2009 starteten die SOS-Kinder- und Jugendhilfen mit dem Projekt an vier Düsseldorfer Grundschulen: Neustrelitzer Straße, Stoffeler Straße, Deutzer Straße und der Katholischen Grundschule Buchenstraße. Schulsozialarbeiter unterstützen Schüler, Eltern und Lehrer bei ihrem Bemühen um Konfliktbewältigung, berichtet Verwaltungsleiterin Alexandra Hampe. Das Projekt finanzieren die SOS-Kinder- und Jugendhilfen über Spenden.

Dass Streitschlichtung ein mühsamer Job sein kann und längst nicht immer und sofort funktioniert, haben die jungen Westenträger häufig erlebt. "Die Großen ärgern oft die Kleinen", berichtet Quassim. Doch Angst vor den Großen hat der Neunjährige nicht, notfalls hilft ihm die Lehrerin. Ist der Konflikt nicht sofort zu lösen, setzen sich die Streithähne an einen Tisch. Auch dort gelten klare Regeln: Nur wer den Stein in der Hand hat, darf reden. Der andere hört zu.

Dass nicht nur Jungs, sondern auch Mädchen handgreiflich werden können, hat Michelle am eigenen Leib erfahren. Bei Eifersüchteleien unter Freundinnen, rutschte mancher Klassenkameradin auch mal die Hand aus, berichtet sie. Durch ihre Funktion als Streitschlichter habe sich ihr Verhalten geändert, auch wenn sie selbst betroffen ist. "Ich hatte selbst oft Streit, und wollte wissen, wie man ihn löst", sagt Shirin (9).

Reden und Zuhören statt Brüllen und Schlagen — das umgekehrte Gesetz der Straße hat auch Fatima (10) inzwischen verinnerlicht. Nicht immer, aber sehr häufig hilft ihr das, auch und gerade außerhalb des Schulgeländes. Sie wohnt an der Potsdamer Straße in Hassels-Nord. "In unserer Gegend gibt es häufiger Streit", sagt sie. Immer öfter mischt Fatima sich ein, versucht auch eigene Konflikte nach den erlernten Regeln zu lösen. "Wenn ich mich mit einer Freundin streite, versuche ich ruhig zu bleiben, frage sie, was sie aufgeregt hat und rede mit ihr."

(RP)
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