Stadtteil-Kultur in Düsseldorf-Holthausen Das Schmitze-Büdchen

Holthausen · Büdchen sind oft mehr als Nahversorger, sie sind Orte der Begegnung und Nachbarschaft. Eines der ältesten Büdchen in Holthausen gehört Bernd Schmitz. Sein Großvater eröffnete es vor fast 70 Jahren am Kamper Acker.

 Bernd Schmitz nennt sein Büdchen in Holthausen „mein Wohnzimmer“. Das Schmitze-Büdchen besteht seit fast 70 Jahren und ist die 40. Station des „Natur- und Kulturpfad Holthausen“.

Bernd Schmitz nennt sein Büdchen in Holthausen „mein Wohnzimmer“. Das Schmitze-Büdchen besteht seit fast 70 Jahren und ist die 40. Station des „Natur- und Kulturpfad Holthausen“.

Foto: RP/Dominik Schneider

Noch immer ist das Innere vieler Büdchen irgendwie mysteriös. Der Verkauf läuft oft nur durch eine kleine Luke; das große Schaufenster lockt Kinder mit Süßigkeiten und Comic-Heften, Erwachsene mit Zigaretten, Bieren und Schnäpsen. Im Inneren des Büdchens, im für die Kundschaft unzugänglichen Innenraum sitzt gefühlt Tag und Nacht der Verkäufer, der, mal grummelig, mal freundlich, oft schrullig, die Menschen mit Kaffee, Zeitungen und Tabak versorgt.

Bernd Schmitz gehört eindeutig zu der freundlichen Sorte. Ihm gehört das Schmitze-Büdchen, direkt am U-Bahnhof von Holthausen. Seit fast 70 Jahren gibt es den Kiosk, aufgemacht wurde er von Großvater Wilhlem, dann übernommen von Vater Hans-Jürgen und schließlich, vor 25 Jahren, an den heute 52-jährigen Bernd weitergegeben. Diese langjährige Tradition und die städtische Büdchenkultur wurden gestern geehrt: Die Gruppe „Holthausen auf der Spur“ richtete am Schmitze-Büdchen die 40. Station des Natur- und Kulturpfades Holthausen ein, eine Reihe von Info-Tafeln, die über Besonderheiten im Stadtteil informiert.

Dort ist auch zu lesen: Das Schmitze-Büdchen gehört zu einer aussterbenden Art. „Als ich hier angefangen habe, gab es im Umkreis von 300 Metern noch elf, zwölf Kioske“, erzählt Bernd Schmitz. „Jetzt sind noch drei übrig“. Die Preise beim Discounter nebenan seien einfach niedriger, und für die Büdchen-Betreiber selbst ist die Arbeit oft lang und hart. 14-Stunden-Tage sind bei ihm keine Seltenheit. „Das hier ist mein Wohnzimmer“, sagt er und lacht – und tatsächlich trägt er in seinem Büdchen Sandalen. Warum auch nicht, denn die Kunden sehen ihn ja nur durch das kleine Verkaufsfenster.

Viele der Kunden müssen nicht erst sagen, was sie gern hätten. „Na, Peter, wie immer?“, fragt Schmitz zum Beispiel und reicht im selben Atemzug Zeitung und Zigaretten durch die Luke. Es folgt ein kurzer Plausch über das Wetter und ein knappes „Bis morgen, Bernd“. Dann dreht sich Schmitz wieder um und zieht an seiner Zigarette. „Ich kenne die Hälfte aller Menschen in Holthausen mit Vornamen“, sagt er, und es klingt nicht wie ein Scherz. Bernd Schmitz lebt für die Arbeit in seinem Kiosk, den er 1994 vom Vater übernommen hat – damals eher widerwillig. „Mein Vater hat mich dreimal gefragt, ob ich bei ihm arbeiten will, und irgendwann habe ich zugestimmt. Eigentlich waren nur ein paar Monate geplant, jetzt sind es 25 Jahre geworden“, erzählt er davon, wie alles anfing. Inzwischen kann er sich gar nichts anderes mehr vorstellen. „Ich glaube nicht, dass ich mich wieder an einen normalen Beruf gewöhnen könnte“, sagt der 52-Jährige. Ihm gefalle es, kurze Einblicke in die Leben so vieler Menschen zu bekommen. Die kleinen Gespräche, aber auch die Szenen auf dem Platz vor seinem Fenster findet er spannend, Schmitz sagt, er könne mit dem, was er so erlebt und mitbekommen habe, zwei Bücher schreiben.

Natürlich erlebt Schmitz auch Negatives: „Zweimal wurde hier eingebrochen, und manchmal machen Betrunkene Stress“, erzählt er. Bisher ist er immer mit heiler Haut davon gekommen. Er fühlt sich wohl in seinem „Wohnzimmer mit Verkauf“, sagt er, sei froh, dass es hier nicht so hektisch zugehe wie in anderen Berufen: „Hier ist noch alles wie früher.“

Vielleicht ist es gerade diese Nostalgie, die die Gruppe von „Holthausen auf der Spur“ dazu bewegt hat, am letzten Büdchen mit Familientradition die 40. Station des Kulturpfads einzurichten. Senioren und Schulkinder recherchieren zu verschiedenen Themen und stellen an Stationen Infotafeln auf. „Es geht darum, hervorzuheben, was für das Leben und die Menschen im Stadtteil besonders wichtig ist“, erzählt Ute Frank vom Holthausener Zentrum plus. Die Büdchen seien mehr als Geschäfte, sie seien Orte der Begegnung im Stadtteil.

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