Deichbau in Düsseldorf Nur der Deichbau hilft bei Hochwasser

Himmelgeist · Die Politik hatte von der Verwaltung wissen wollen, ob es ein Szenario gibt, Himmelgeist und Itter vor steigenden Rheinfluten zu schützen, bis der Deichschluss in ein paar Jahren fertig ist. Doch das wäre logistisch zu aufwendig.

 Anfang Februar war der Rhein in die Gärten der Himmelgeist Nikolausstraße geschwappt.

Anfang Februar war der Rhein in die Gärten der Himmelgeist Nikolausstraße geschwappt.

Foto: Andrea Röhrig

Es ist ein Spiel mit dem sprichwörtlichen Feuer – auch wenn es eigentlich hier um Wasser geht. Hochwasser wohlgemerkt. Es ist gerade mal drei Wochen her, da flutete der Rhein in Himmelgeist die Gärten der am Fluss liegenden Wohnhäuser. Und auch aktuell steigt der Pegelstand wieder – langsam, aber stetig. Am Mittwoch springt er wieder über die Sechs-Meter-Marke, um danach wieder leicht zu sinken.

Niemand kann derzeit vorhersagen, ob und wann der Rhein wieder so starkes Hochwasser führt, dass Teile von Himmelgeist und Itter – wie zuletzt 1995 – unter Wasser stehen. Deswegen soll der Hochwasserschutz an fünf Punkten im Stadtbezirk 9 verbessert oder neu gebaut werden. Doch die Umsetzung zieht sich inzwischen seit über 25 Jahren hin.

Im Sommer 2019 forderte die Politik die Verwaltung auf, Maßnahmen zum Schutz des Deiches im Fall eines Extremhochwassers vorzustellen. Für die Sitzung des Bauausschusses nächste Woche hat der Stadtentwässerungsbetrieb eine Antwort vorgelegt, die die Himmelgeister dazu veranlassen könnte, besser einmal eine Kerze in der Nikolaus-Kirche aufzustellen, damit der extreme Hochwasserfall erst gar nicht eintritt. Die Verwaltung listet zwar Lösungsansätze auf, die sind aber so aufwendig, dass die Verwaltung dieses Fazit zieht: „Es sollte eine baldmöglichste Sanierung des Mickelner und Itter-Deiches angestrebt werden.“

Das sind die Sachstände der einzelnen Deichbaumaßnahmen:
– Schließung der Deichlücke in Himmelgeist, 3. Bereich Himmelgeister Landstraße: Die Genehmigungsplanung wurde bei der Bezirksregierung eingereicht, das Planfeststellungsverfahren läuft, der Erörterungstermin fand am 5. Februar statt
– Schließung der Deichlücke in Himmelgeist, 2. Bereich direkte Ortslage: Der Planfeststellungsbeschluss liegt vor und ist rechtskräftig. Die Ausführungsplanung wurde vergeben. Hierzu wird derzeit die vorlaufende Ausschreibung des mobilen Hochwasserschutzsystems vorbereitet
– Schließung der Deichlücke in Himmelgeist, 1. Bereich Schlossmeierhof: Der Planfeststellungsbeschluss liegt vor. Es ist noch eine Klage anhängig. Die Ausführungsplanung wurde vergeben. Die vorlaufende Ausschreibung des mobilen Hochwasserschutzsystems ist in Vorbereitung.
Deichsanierung Himmelgeister Rheinbogen: Die Genehmigungsplanung wurde bei der Bezirksregierung eingereicht, das Planfeststellungsverfahren läuft, der Erörterungstermin fand am 27. November 2017 statt. Der Planfeststellungsbeschluss soll 2020 ergehen
– Hochwasserschutzmaßnahme Benrath, Im Diepental: Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtskräftig. Die Ausführungsplanung wurde vergeben. Die vorlaufende Ausschreibung des mobilen Hochwasserschutzsystems wird vorbereitet.

Eine Standsicherheitsanalyse am Deich in Himmelgeist und Itter ergab laut Stadt, dass sowohl für den Mickelner wie auch den Itter Deich die Gefahr besteht, dass bei Extremhochwässern Sickerwasser austritt. Das könne dazu führen, dass keine Deichverteidigung an Schwachstellen mehr möglich sei. Zusätzlich besitzt der Mickelner Deich Defizite bei der Schutzhöhe, so dass Wasser über die Deichkrone laufen kann. Schlimmstenfalls könnte es sogar zu einem Deichbruch kommen. Um das zu verhindern, müssten bei einer Vorlaufzeit von 48 Stunden per Lastwagen 18.000 Tonnen Sand-Kies-Gemisch bis zum Deich gebracht werden. Da kann man sich leicht ausrechnen, was das für eine Logistik bedeuten würde.

Die Stadt hält dieses Szenario für ebenso wenig umsetzbar wie eine provisorische Sicherungsmaßnahme gleichen Ausmaßes. Diese würde ein Genehmigungsverfahren sowie Grunderwerbsverhandlungen wie bei einer Deichsanierung erfordern. Schriftlich teilt der Stadtentwässerungsbetrieb mit: „Es würde keine Zeitersparnis gegenüber einer Deichsanierung erzielt und die Maßnahme würde nicht vom Land gefördert. Zudem wird ebenfalls nicht ein Schutzniveau wie bei einer Sanierung nach dem Stand der Technik erzielt.“

Am Mickelner Deich könnten Sandsäcke zur Erhöhung der Deichkrone um cirka 50 Zentimeter zum Einsatz kommen. Hierfür wären 500 Tonnen Sand, 28.000 Sandsäcke, Sandsackbefüllanlagen, 100 Helfer, Gabelstapler, Gitterboxen, Lkw erforderlich. Da es sich bei dem angesetzten Extremhochwasser um einen Katastrophenfall handelt, ist davon auszugehen, dass die Einsatzkräfte bereits an vielen anderen Orten gebunden sind.

Aus diesem Grund empfehlen die Fachabteilung der Stadt und die Feuerwehr den Einsatz eines besonderen Schlauchsystems. Für eine Erhöhung der Deichkrone um cirka 45 Zentimeter würden dann nur zwei Lkw, drei Container, zwölf Personen sowie drei große Pumpen, die die Feuerwehr bereits besitzt, benötigt.

Weitere Erhöhungen der Standsicherheit werden aufgrund der hohen Materialmengen und der vielen logistischen Hürden nicht empfohlen. Durch die Erhöhung werde lediglich Zeit gewonnen, um bei einer anlaufenden extremen Hochwasserwelle eine aufwendige Evakuierung der betroffenen Ortsteile durchzuführen. So können die Bewohner nur hoffen, dass bis zur Fertigstellung des Deichs in ein paar Jahren der Rhein halbwegs in seinem Bett bleibt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort