Heerdt Heerdter Sappeure feiern ihren Ehrenspieß

Heerdt · Am Freitag beginnt das Heerdter Schützenfest. Für Konrad Pricken ein besonderes Ereignis. Er blickt auf 70 Schützenjahre zurück.

 Ehrenspieß Konrad Pricken (Mitte) im Kreis der Gesellschaft „Sappeure“, die er 1948 neu belebte.

Ehrenspieß Konrad Pricken (Mitte) im Kreis der Gesellschaft „Sappeure“, die er 1948 neu belebte.

Foto: Schützen Heerdt

Konrad Pricken kann viel erzählen – von damals, als er 1927 geboren wurde und „In de Flöt“ (Clarissenstraße) aufwuchs. Denn sein Leben war und ist bis auf den heutigen Tag eng mit dem Heerdter Schützenverein verknüpft. So lässt er es sich auch nicht nehmen, am kommenden Wochenende seine Wohnung in der Korschenbroicher Senioren-Residenz zu verlassen und sich von seinem Schwiegersohn Johannes Geisler zum Heerdter Schützenfest kutschieren zu lassen. Ein Grund mehr ist, dass er seit 70 Jahren Heerdter Schütze ist und 1948 die seit 1937 bestehende Kompanie der „Sappeure“, zu der er von Beginn an gehört, wiederbelebt hat.

Mit wachem Blick trotzt der Senior seinen immerhin 90 Lebensjahren, das Handy stets griffbereit in seiner Brusttasche – falls Hilfe nötig ist. "Bin nicht mehr aktiv, kann auch nicht mehr mitlaufen", lacht er und weist auf seinen Stock. Einen Sitzplatz in der Kutsche lehnt er ab und sagt: "Bis zum 80. Lebensjahr bin ich immer bei den Festzügen mitmarschiert, habe allem Blödsinn mitgemacht." Jetzt warte er im Zelt, bis alle kommen. Und das nicht etwa in der besonderen Uniform der Sappeure, sondern schlicht in Zivil. „Ich trage keine Uniform mehr“, stellt er fest. Das ist fast schon bedauerlich, denn auffallend sind sie schon, die Sappeure mit ihren blauen Hemden, langen weißen Schürzen und einem Hut, den unverwechselbar ein Pinsel ziert, der im Volksmund auch "Spülbürste" genannt wird. Das Offizierscorps ist an der Gardeuniform ohne Schürze zu erkennen, die Pricken ebenfalls im Schrank hat. Denn er war 40 Jahre lang Spieß der Sappeure und wurde für sein Engagement zum Ehrenspieß und Ehrensappeur ernannt. Und 1969 erhielt er die Ehrennadel des Regiments und den Stadtorden aus den Händen des damaligen Oberbürgermeisters Josef Kürten

Am 22. September 1927 kam Pricken als Sprössling einer alteingesessenen Heerdter Familie zur Welt. Schon früh startete er seine Schützen-Laufbahn. "Vorbild war mein Großvater, der mich fürs Brauchtum begeisterte." Doch noch kam es nicht so richtig zum Zuge. Denn nach dem Besuch der Pestalozzischule ging er bei "Rohde und Dörenberg" (heute Bürokomplex Hansastern) in die Lehre mit dem Berufsziel "Dreher". Kaum hatte er sie beendet, wurde der 17-Jährige 1944 zur Kriegsmarine eingezogen. "Ich war nie auf einem Schiff."

Nach drei Jahren Kriegsgefangenschaft im damaligen Jugoslawien in die Heimat zurückgekehrt, freute er sich, seine "alten Kumpel", von denen heute alle nicht mehr leben, wiederzutreffen. Gemeinsam begannen sie 1948 die Gesellschaft Sappeure neu aufzubauen. "Der alte Hauptmann Johannes Jacobs, genannt ,de Schäng' war dabei“, erinnert sich Pricken, der übrigens vom Dreher zum "Technischen Angestellten" umsattelte und 47 Jahre, bis zur Pleite von Rohde und Dörrenberg" der Firma treu blieb und anschließend in Rente ging.

1981 war der Jubilar mit der gesamten Familie von Heerdt nach Kleinenbroich (Stadtteil von Korschenbroich) umgezogen. Der Kontakt zu seinem Geburtsort und den Schützen aber blieb ungebrochen. Als aber seine Frau Erika, die er beim Tanzen in der damaligen Gaststätte "Schöne Aussicht" (Alt-Heerdt/Ecke Rheinallee) kennengelernt hatte, erkrankte, pflegte er sie bis zu ihrem Tod. Während der Sorge um seine Frau, zog er sich aus dem Schützenleben etwas zurück. "Wir waren 65 Jahre verheiratet", sagt der zweifache Groß- und Urgroßvater. Er sei dann aber wieder aktiv geworden und lebe zwar in einer Senioren-Residenz, versorge sich aber komplett selbst, sagt Schwiegersohn Geisler, verheiratet mit Prickens Tochter Anita. "Wir wohnen in Rufweite."

In Rufweite wohnt auch Prickens Freund Edmund Neuhofen, ebenfalls gebürtiger Heerdter, Sappeur und Pressewart der Schützen. "Eddy, was gibt's Neues?, fragt er regelmäßig, so Neuhofen. Er sei an allem sehr interessiert, wolle wissen, was die Schützen so vorhaben. „Wenn es jemanden in unserer Kompanie gab und gibt, der den ,Laden‘ zusammengehalten hat und das Gesicht unserer Gesellschaft war - dann Konrad Pricken.“

Feiern die Heerdter in diesem Jahr das älteste Mitglied, so ist der Nachwuchs schon längst dabei, in die Fußstapfen der Großen zu treten. Denn Pagenkönig Leonard Jung, Sohn des Protektors Peter Jung, ist das jüngste Mitglied im Heerdter Regiment. Gemeinsam mit seiner Königin Helena Maisch repräsentiert er mit Begeisterung die Heerdter Schützenjugend.

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