So wohnt Düsseldorf Zwischen Himmel und Erde auf der 14. Etage

Düsseldorf · Das Sternhaus in Golzheim ist ein architektonisches Ausrufezeichen. Es überragt mit 16 Stockwerken seine gesamte Umgebung. Wir waren in einer der Wohnungen (fast) ganz oben zu Besuch und haben uns umgeschaut.

Düsseldorf: Das Sternhaus in Golzheim von innen
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Wohnen im Sternhaus in Golzheim

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Foto: Anne Orthen (ort)

So ist das also, wenn einem die Stadt zu Füßen liegt. Wenn man Abstand hält vom Gewusel des Alltags. Hässliches offenbart sich eher auf Augenhöhe, aber aus abgehobener Perspektive zeigt sich Düsseldorf ausschließlich von seinen schönsten Seiten. Das finden auch Marcellino Hudalla und seine Frau Nooria, bei denen der Blick aus ihrer Wohnung regelmäßig Glücksgefühle auslöst - „als wären wir im Urlaub.“ Dabei sind sie mitten in der Stadt, 14 Stockwerke über dem Verkehr, der über den Kennedydamm rauscht - beinahe schwebend zwischen Himmel und Erde.

Das Sternhaus in Golzheim ist ein architektonisches Ausrufezeichen. Es überragt mit 16 Stockwerken seine gesamte Umgebung, ist zur einen Hälfte (die unteren acht Stockwerke) für Showrooms, Büros, Arztpraxen reserviert, zur anderen Hälfte fürs Wohnen. Geplant wurde es Ende der 1960-er Jahre von dem Düsseldorfer Architekturbüro Hentrich-Petschnig & Partner, das durch seine markanten Hochhausbauten wie das Dreischeibenhaus ebenso bekannt wurde, wie durch das neue Gesicht der Tonhalle.

Konzipiert wurde das Gebäude-Ensemble als drei Sechsecke, die einen Stern bilden. Ein Gestirn der wuchtigen Art, das nicht zu übersehen ist, egal aus welcher Himmelsrichtung man sich nähert. Auf den ersten Blick wird deutlich, warum dieser Baustil Brutalismus genannt wurde, nach einer weltweiten Architekturepoche jener Jahre, die dominante Gebäude aus rohen Sichtbetonblöcken schuf - und unterschiedliche Reaktionen provozierte. Die einen feierten den „puren Stil“, andere ätzten, dass die „Beton-Monster“ unsere Städte verschandelten. Viele dieser klotzigen Bauten wurden abgerissen, das Sternhaus auf seinem dreieckigen Grundstück, eingezwängt zwischen Kaiserswerther Straße und Kennedydamm, galt mal als Inbegriff der Moderne und überlebte den Wandel der Zeiten.

Still ist es allerdings woanders: Auch im 14. Stock ist der Verkehrslärm eine ständige Begleitmusik - sofern die bodentiefen Fenster geöffnet sind. Marcellino Hudalla, Gründer und langjähriger Herausgeber des Restaurant-Führers „Marcellino‘s“, bekennt sich zwar als langjähriger Fan dieses Hochhauses, findet aber gleichzeitig, dass die Waschbetonfassade mit ihren einheitlichen Balkonbrüstungen, die wirken, als würden sie das Gebäude in Streifen aufteilen, nicht unbedingt einen Schönheitswettbewerb gewinnen würde. Hier geht‘s um inneren Werte: „Wie das Haus konzipiert wurde, war mutig und hat von seiner Modernität bis heute nichts eingebüßt.“ Auch wenn Schwimmbad, Restaurant und ein Concierge-Service längst geschlossen wurden.

In der Wohnung des Paares brauchen die Augen dann erst mal einen Moment, um sich an diesen überwältigenden Blick zu gewöhnen: Düsseldorf von ganz oben. Alle markanten Gebäude, alle Hochhaus-Schwestern, überragen gut sichtbar das übliche Architektur-Maß: Vom Turm der Ergo-Versicherung bis zum Stadttor. Daneben blitzen Kirchturmspitzen, der schlanke Rheinturm und die Brücken in der Nachmittagssonne. Menschen ohne Höhenangst können diesen Blick auch vom Balkon genießen, der ist zwar arg schmal, was hier aber nicht als Nachteil gewertet wird. Nach dem Prinzip des Hausherrn: „Wir registrieren nicht, was fehlt, sondern freuen uns über das, was da ist.“ So freut er sich auch darüber, im Winter kaum heizen zu müssen, weil die dann fast waagerecht stehende Sonne die Räume erwärmt.

Hudalla zog schon 1999 ins Sternhaus, damals in die zehnte Etage. Und träumte davon, noch höher hinauf zu kommen. Als vor zehn Jahren dann seine Putzfrau von Nachbars Putzfrau beim Plausch in der Waschküche erfuhr, dass in der 14. Etage eine Wohnung frei wird, griff er sofort zu. Und ließ sich dann mit seiner Frau Nooria viel Zeit, um diese Räume (die rund um einen zentralen Versorgungsschacht angeordnet sind) mit ihren teils schrägen Wänden und spitzen Winkeln umzugestalten und einzurichten. Wohnzimmer und Küche öffnete das Paar zu einem Raum, in dem sich schon mal 80 Gäste und mehr versammeln. Der hohe Esstisch ist die Verlängerung des frei stehenden Küchenblocks - umgeben von Barhockern aus Plexiglas, ausreichend bequem für lange Gespräche. Clou des Raums aber ist eine verspiegelte Wand, die den Blick noch mal verdoppelt.

Es ist an vielen Details spürbar: Hier war ein Paar am Werk, das jede Kleinigkeit mit Bedacht gewählt hat. So glänzen die Wände im Bad mit rostfarbenen, italienischen Mosaikfliesen, eine Kollage winziger Kunstwerke. Gegenüber dem Waschtisch hängt eine weiße wellenförmige Skulptur, die sich als origineller Heizkörper offenbart. Das Schlafzimmer dominiert ein großformatiges Bild vom Flohmarkt, das ein turtelndes Liebespaar zeigt. Das schmückte einst als Dekoration die Hochzeitsfeier des Paares und war viel zu schade für den Müll. Nun hängt es an einer Wand, von Lichtschnüren beleuchtet - eine romantische Nahaufnahme als Konkurrenz zum Fernblick.

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