Kultur In der alten FH gibt es jetzt Theater

Golzheim · Der Verein „Theaterlabor Traumgesicht“ hat einen Trakt an der Josef-Gockeln-Straße bezogen. Die Gründer Wolfgang Keuter und Gianni Sarto bieten Sprechtraining, Schauspielunterricht und Aufführungen.

 Das Ensemble vom Theaterlabor Traumgesicht arbeitet mit starkem körperlichen Ausdruck, weniger mit Worten.

Das Ensemble vom Theaterlabor Traumgesicht arbeitet mit starkem körperlichen Ausdruck, weniger mit Worten.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Grell flackern die Neonröhren, in den Fluren brennt Licht. Um eine Ecke kommt Sigrid Loose-Abendroth. Sie ist ein bisschen gehetzt, aber sie strahlt. „Wie ein Geisterhaus hier“, sagt sie und schaut sich um. Der Eingangsbereich der ehemaligen Fachhochschule ist wie ausgestorben, soll aber wieder mit neuem Leben gefüllt werden. Zum Beispiel mit dem Verein „Theaterlabor Traumgesicht“, der ganz versteckt in einem hinteren Trakt ein neues Zuhause gefunden hat.

Durch Türen und Gänge geht es, links, rechts – wer sich nicht auskennt, wird nur schwer wieder herausfinden. Der Verein hat Schilder angeklebt. Das Logo: ein Kreis, unter dem und auf dem der Buchstabe „T“ geschrieben steht – für Theaterlabor Traumgesicht. Inspiriert ist das Logo vom japanischen Schauspiel, so wie einer der beiden Gründer des Vereins auch: Wolfgang Keuter. „Ich bin durch und durch ein gescheiterter Schauspieler“, sagt Keuter, der das klassische Regie-Theater nicht mehr leiden mochte. Er lernte fernöstliche Meditationstechniken, verknüpfte sie mit dem europäischen, ergänzt mit Elementen aus dem japanischen Schauspiel. „Theater der Stille“, nennt Keuter das Theater, in dem es weniger Worte, dafür mehr körperlichen Ausdruck gibt.

Mehr als 30 Jahre liegen die Anfänge des Theaterlabors Traumgesicht zurück. 1985 hat Keuter mit Masken- und Kostümbildner Gianni Sarto den Verein gegründet. 1987 gingen sie nach Italien, dann zurück nach Deutschland. Erst Essen, dann Mülheim an der Ruhr; um den Jahrtausendwechsel sind Keuter und Sarto sesshaft geworden – in Düsseldorf, wo sie seitdem ihre Projekte realisieren. Am 30. September dieses Jahres mussten die Theatermacher den Pavillon an der Lacombletstraße räumen. Über den Bau- und Liegenschaftsbetrieb sind sie auf die alte FH aufmerksam geworden, wo es Platz gibt für ihre Bühne, eine Garderobe und einen Raum, in dem die Schauspieler sich treffen.

Das Angebot hat sich seit der Gründung des Vereins aber nicht verändert: „Wir machen Sprechtrainigs, Schauspielunterricht, inszenieren Theaterstücke mit Ensemblemitgliedern, die wir aus dem Unterricht rekrutieren“, sagt Wolfgang Keuter. Manche im Ensemble sind schon jahrelang dabei, wie Sigrid Loose-Abendroth, die gerade Peter Handkes „Kaspar“ mit Peter Schreck, Doris Horn, Dinah Köhler und Marcel Wannieck probt. Die Crew studiert Szene für Szene ein, „ich will nicht, dass die Darsteller das Stück ganz lesen“, sagt Keuter. Er macht intensive Sprechschulungen mit langen Atempausen, „die Sätze sollen vom Zwerchfell kommen“, erklärt der Regisseur. Das Ganze nennt er „Slow Acting“, vieles ist improvisiert, ein Improvisationstheater will das Theaterlabor Traumgesicht aber nicht sein, „wir machen Theater, das kein Theater ist“, sagt Wolfgang Keuter.

Im Stück geht es um Kaspar, gespielt von Peter Schreck. Kaspar verliert das Gedächtnis, Ursache unbekannt. „Er verliert seine Biografie“, sagt Keuter und glaubt, „Autor Peter Handke hat das Stück selber nicht verstanden, weil er keine Haltung zu Kaspar findet“. Das will der Regisseur ändern, will für Kaspar eine Wandlung, „im japanischen Theater gibt es immer eine Wandlung“. In verschiedenen Etappen wird Kaspar nun aufgeführt, jede Etappe aber nur einmal. Wer eine Etappe verpasst hat, wird auf dem Laufenden gehalten, „Wir laden unsere Fortschritte immer auf unserer Homepage hoch“, sagt Gianni Sarto. Am 3. Februar soll die letzte Etappe an der neuen Spielstätte gezeigt werden, danach verlassen einige Akteure das Ensemble. Marcel Wannieck zum Beispiel werden die zwei bis drei Proben in der Woche zu viel, der 20-Jährige arbeitet bei der Messe. Der 44 Jahre alte Peter Schreck würde gerne in der Schauspielerei den nächsten Schritt wagen. Vielleicht sogar dahin kommen, wo seine Vorgänger jetzt sind. Bei Wolfgang Keuter hat schon Florian Frowein gelernt, der seit 2017 eine Rolle in der ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“ hat. Oder Michael Schröder, der an die Hochschule für Musik und Theater Rostock gegangen ist. Das ist Marcel Wannieck zu unsicher, „ich mache das gerne nebenberuflich“, sagt er, aber vier Jahre Schauspielschule und danach kein Geld verdienen, das hat sich der 20-Jährige (noch) nicht getraut.

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