Gerresheim Mehr Raum für junge Straftäter

Gerresheim · Die Jugendarrestanstalt in Gerresheim erhält mit dem alten Amtsgericht einen Erweiterungsbau, der jedoch noch aufwendig saniert werden muss. Mehr Plätze entstehen nicht, das Gebäude soll vorrangig der Freizeitgestaltung dienen.

 Die Jugendarrestanstalt liegt verborgen hinter dem Alten Amtsgericht an der Ecke Heyestraße/Gustav-Kneist-Weg.

Die Jugendarrestanstalt liegt verborgen hinter dem Alten Amtsgericht an der Ecke Heyestraße/Gustav-Kneist-Weg.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Manchmal zahlen sich Geduld und Beharrlichkeit aus. Edwin Pütz, Leiter der Jugendarrestanstalt an der Heyestraße 63, kämpft seit langem dafür, dass die jugendlichen Straftäter mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren in seiner Einrichtung mehr Raum bekommen. Nicht, dass die Anzahl von 60 Plätzen erhöht werden soll. Aber wenn es um sinnvolle Freizeitgestaltung geht, darum, auch erzieherisch zu arbeiten, fehlt es in jeder Hinsicht an Kapazitäten. In dem angrenzenden Betonbunker gibt es einen größeren Raum, dort findet alles statt - vor allem sportliche Aktivitäten, aber auch Dienstbesprechungen oder das Sicherheitstraining für das Personal.

Das alte Amtsgericht direkt an der Heyestraße steht leer, Pütz verhandelt seit einem Jahr mit dem Landesjustizministerium darüber, diesen Bau als Erweiterung umzufunktionieren, die Pläne liegen bei der Bezirksregierung auch schon in der Schublade. "Aber die Mühlen mahlen langsam", erklärt er. Doch jetzt scheint der Durchbruch gelungen: "Ich hoffe, wir können in einem halben Jahr mit der Sanierung beginnen, das 600 Quadratmeter große Haus könnte uns dann spätestens in zwei Jahren zur Verfügung stehen", sagt Pütz, der zu 50 Prozent als Jugendrichter arbeitet.

In der Sitzung der Bezirksvertretung 7 nutzte Edwin Pütz die Gelegenheit, die in seinem Haus geleistete Arbeit vorzustellen ebenso wie etwas über die Jugendlichen zu erzählen, die dort maximal vier Wochen (im Durchschnitt zehn Tage) einsitzen. Denn, wie sich herausstellte, war das etwas versteckt hinter dem ehemaligen Amtsgericht liegende Areal auch für die Stadtteilpolitiker bislang noch eher fremdes Terrain.

So sei es zum Beispiel Alltag, dass die jungen Männer (14 bis 21 Jahre) außerhalb der Arrestanstalt Sport treiben, etwa Fußball und Klettern bei Cosmo Sports. "Da gehen sie zu Fuß hin - und kommen auch wieder zurück." Ein Literatur-Workshop, wie er kürzlich im Aloysianum der katholischen Kirche in Gerresheim stattfand, könnte dann in Zukunft im umgebauten Amtsgericht durchgeführt werden. Musik-, Tanz- und Gewaltpräventionsprojekte gebe es ebenfalls. "Wir versuchen, den Jugendlichen nicht nur sinnvolle Beschäftigungen während ihrer Zeit bei uns anzubieten, sondern ebenso ihre womöglich verborgenen Talente aufzudecken", erzählt der Leiter der Arrestanstalt. Dass die Betroffenen durchaus häufig "auf freiem Fuß" in Gerresheim anzutreffen seien, dürfte vielen nicht bewusst sein. "Sie helfen oft bei Stadtteilfesten ebenso wie bei kirchlichen oder sportlichen Veranstaltungen beim Auf- und Abbau", erklärt Pütz.

Der Einzugsbereich für die Einrichtung sei groß, orientiere sich an Gerichtsbezirken und reiche von Neuss über Krefeld, Duisburg, Mönchengladbach oder Kleve bis nach Gelsenkirchen und Recklinghausen. Delikte, die am häufigsten zum Jugendarrest führen, seien Körperverletzung und Diebstahl. Beschult würden sie nicht. "Das gilt als entschuldigte Fehlzeit. In der Regel werden die Tage oder wenigen Wochen aber in den Ferien verbüßt, dann haben Schüler auch sehr viel Zeit, zu lernen", sagt Pütz.

Dennoch: Die Rückfallquote sei hoch, "knapp die Hälfte sehe ich nach dem ersten auch ein zweites Mal wieder. Die Jugendlichen gehen ja in ihr zumeist desolates familiäres Umfeld zurück. Mit einer Woche Jugendarrest bekommt man die nicht runter von der schiefen Bahn", betont Pütz. Und: "Eine Nachbetreuung im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Das ist unser wunder Punkt", räumt der Jugendrichter ein.

(RP)
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