Medizinische Versorgung Garath fehlen Kinderärzte

Garath · Im Stadtbezirk 10 praktiziert nur noch eine niedergelassene Kinderärztin. Die Praxis ist überlaufen. Nach Benrath auszuweichen, ist für viele Familien nicht möglich. Ihren Kindern droht eine schlechtere medizinische Versorgung.

 Ein Stethoskop und Kinderspielzeug liegen in einer Kinderarztpraxis auf einem Tisch. Foto: Britta Pedersen/dpa

Ein Stethoskop und Kinderspielzeug liegen in einer Kinderarztpraxis auf einem Tisch. Foto: Britta Pedersen/dpa

Foto: dpa/Britta Pedersen

Die medizinische Versorgung von Kindern im Stadtbezirk 10 (Garath und Hellerhof) hat sich dramatisch verschlechtert. Nachdem im vorigen Jahr der Kinderarzt Rainer Kroschinski in den Ruhestand gegangen war, hat seinen Kassensitz eine Benrather Praxis übernommen. Als einzige niedergelassene Kinderärztin versorgt Ute Steindor an der Fritz-Erler-Straße kranke Kinder und Jugendliche im Stadtteil. Dabei ist die Kapazitätsgrenze der Praxis längst überschritten, die Kinderärztin arbeitet 60 bis 70 Stunden die Woche. „Es ist eine Katastrophe. Hier herrscht schierer Notstand“, sagt Steindor.

Bereits im vierten Quartal des vergangenen Jahres habe sie durch den Weggang des Kollegen 500 Patienten mehr als sonst behandelt. Um eine gute Versorgung zu gewährleisten, hat sie daher einen Aufnahmestopp für neue Patienten erklärt. Eine Regel, die im Alltag allerdings schwer durchzuhalten ist. „Wenn eine Mutter mit einem fiebernden Kind auf dem Arm und ihren weiteren vier Kindern vor mir steht“, sagt die Kinderärztin, „kann ich sie nicht einfach wegschicken.“ Die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung nimmt die Situation zum Anlass, bei der Stadt nachzufragen, ob der Abzug des zweiten Kassensitzes nach Benrath rechtens ist.

Auf Nachfrage unserer Redaktion bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KV), die für die Vergabe der Kassensitze zuständig ist, teilte ein Sprecher mit: „Zunächst ist die erfolgreiche Nachbesetzung positiv zu bewerten, noch dazu in der ,Nachbarschaft’“. Wie alle Fachärzte würden auch Kinderärzte kreis- und stadtbezogen beplant. Aus diesem Grund müsse ein Kassensitz auch nicht im Stadtteil verbleiben. Eine neue Zulassung sei ausgeschlossen, im Düsseldorfer Stadtgebiet sind alle Kassensitze für Kinderärzte belegt. Sie können nur an einen Nachfolger weitergegeben werden.

Gemäß den Richtlinien ist für 2405 Krankenversicherte unter 18 Jahren ein niedergelassener Kinderarzt zuständig ist — allerdings bezogen auf die gesamte Stadt. Dies sieht auch die KV kritisch: „Wir halten diese Vorgabe gerade für die kinderärztliche Versorgung für fragwürdig, da bei Kindern möglichst eine Versorgung vor Ort gewährleistet sein muss.“ Deshalb plädiere die KV dafür, dass bei den Kinderärzten wie bei den Hausärzten kleinräumiger geplant werden soll. Allein in Garath und Hellerhof leben derzeit 4872 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Bis 2007 waren in dem Bezirk 10 noch drei Kassensitze für Kinderärzte angemeldet, die Zahl der Kinder und Jugendlichen war mit 4628 sogar noch etwas geringer. Der dritte Kassensitz war einige Zeit später in ein Medizinisches Versorgungszentrum in den Düsseldorfer Norden nach Rath abgezogen worden.

Von einer „Katastrophe“ spricht Steindor auch deshalb, weil viele ihrer Patienten nicht einfach nach Benrath fahren können. Viele Flüchtlinge mit Kindern, die in den letzten Jahren nach Garath gekommen seien, hätten kein Geld für eine Fahrkarte. Hinzu komme, dass bei ihnen wie bei anderen Familien in schwierigen sozialen Situationen, Kinder gesundheitlich schlechter versorgt seien, es mehr chronische Krankheiten gebe. Fehlt der Kinderarzt in erreichbarer Nähe, würden die Chancen der Kinder auf eine nötige Behandlung beim Kinderarzt sinken.

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