Handel in Düsseldorf Der Bücher-König aus Friedrichstadt

Friedrichstadt · 45.000 Bücher hat Holger Schankin in seinem Bestand. Für den Verkauf hat er eine eigene Software entwickelt.

 Holger Schankin handelt mit gebrauchten Büchern. In seinem Laden an der Friedrichstraße stehen 20.000 Exemplare in den Regalen.

Holger Schankin handelt mit gebrauchten Büchern. In seinem Laden an der Friedrichstraße stehen 20.000 Exemplare in den Regalen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

54 Bananenkisten hat Holger Schankin gerade erst aus Mönchengladbach abgeholt, die verteilt in seinem Laden stehen. Alle voller Bücher – zu Militär, Waffen, Kriegen, Titel wie „Die Geschichte der Armbrust“ finden sich darunter. Wie die Bücher mit theologischem Inhalt dazu passen, das kann Schankin nicht mehr rekonstruieren, Der Eigentümer der Sammlung ist vor einem halben Jahr gestorben, es ist ein Nachlass, den der 49-Jährige bekommen hat. Manchmal, da lernt Holger Schankin aber die Eigentümer kennen, „Bücher sagen viel über die Seele eines Menschen aus“, sagt Schankin, und viele Menschen wollen ihm von den Büchern erzählen, die er mitnimmt.

2016 hat Schankin sein Antiquariat an der Friedrichstraße eröffnet, in dem er diese Bücher lagert, in dem er Bücher an- und manchmal auch verkauft. Fast alles läuft bei ihm aber online, über Amazon und Ebay. Um seine Produkte leichter katalogisieren und ins Internet einstellen zu können, hat der 49-Jährige eine eigene Software entwickelt.

Infinibu heißt sein Business, seine Tochter hat ihn auf die Wortschöpfung gebracht: Darin steckt das Lateinische „ad infinitum“, was „unendlich“ bedeutet, und das „bu“ steht für Buch. Holger Schankin besitzt fast unendlich viele Bücher, 45.000 sind in seinem Bestand. 25.000 lagern in Neuss, 20.000 stehen in den Regalen in seinem Laden in Friedrichstadt. Das ist Holger Schankins Geschäft; alte Bücher online verkaufen, „weil Bücher Kulturgut sind“, sagt er. Angefangen hat alles vor knapp 20 Jahren, als Hobby. Damals kam sein Ex-Schwiegervater ständig mit Tüten voller Bücher von den Flohmärkten nach Hause. Um Platz zu schaffen, mussten die ausgelesenen Titel raus aus den Regalen, „da habe ich mich so langsam in den Online-Bücherverkauf eingearbeitet“, erzählt der Händler. Bald zog er selber los, samstags und sonntags um vier Uhr in der Früh, mit Taschenlampe in der Hand, um die Trödel in der Umgebung nach Büchern abzusuchen. Aus einem Hobby wurde eine Nebentätigkeit, aus einem Bücherregal im Schlafzimmer wurde ein Büro voller Bücher, der Keller kam dazu und irgendwann ein Lager. Bald gab der studierte Biologe seinen Beruf in der Pharmaforschung auf und konzentrierte sich voll auf den Bücherhandel.

Der Antiquar mietete eine Software, um seine Ware zu katalogisieren, stieß aber schon bald damit an seine Grenzen. Gerade die alten Bücher brauchten mehr Informationen, und irgendwie wollte Schankin das System auch vereinfachen. „Ich hatte keine Ahnung von Software-Entwicklung“, sagt Schankin, der sich eine IT-Firma suchte, „die das umsetzt, was in meinem Kopf ist“. Die erste Firma sprang nach einem Jahr Zusammenarbeit ab, bei der zweiten stimmte die Chemie nicht, irgendwann hat er jemanden gefunden, der seine Ideen versteht. „Das war ein langer Prozess, der eigentlich bis heute andauert“, sagt der Buchhändler, der sich auf kein Genre spezialisiert hat, „jedes Buch hat seine Berechtigung“. Manchmal, da sind auch richtige Schätze unter den Büchern, Inkunabeln – Bücher, die zwischen 1454 und 1500 gedruckt wurden. Eines war in einem so schlechten Zustand, dass er es für einen Euro bei Ebay reinsetzte. Am Ende zahlte ein Italiener 1800 Euro dafür, „und er war so glücklich“, sagt Schankin.

Inzwischen hat Holger Schankin auch einen Investor – das Geschäft soll weiter wachsen, bald wird er einen eigenen Programmierer haben. Um in der Corona-Krise seinen Nachbarn von der Friedrichstraße zu helfen, die ihre Geschäfte schließen mussten, bietet er ihnen jetzt seine Software an, „die recht einfach auf andere Warengruppen umgestellt werden kann“, sagt Schankin, der hofft, so den einen oder anderen Händler aus dem Viertel unterstützen zu können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort