Flingern Danke für 16 Jahre, Frau Carson

Flingern · Sie war Mitbegründerin der Bürgerinitiative Flingern-Süd und hat sich viele Jahre eingesetzt für Sauberkeit, Sicherheit und Grün im Stadtteil. Jetzt geht die 79-Jährige in Rente und mit ihr auch die Initiative.

 Viele Jahre sprach Luise Carson die Probleme im Stadtteil an wie marode Straßen oder fehlende Querungshilfen.

Viele Jahre sprach Luise Carson die Probleme im Stadtteil an wie marode Straßen oder fehlende Querungshilfen.

Foto: hans-jürgen bauer

Luise Carson nennt es eine Strafe Gottes: "Den ganzen Tag sehe ich Mist", sagt sie mit einem Augenzwinkern. Andere gehen vorbei an den Hundehaufen und Müllbergen, andere interessiert es nicht, ob eine Bankfiliale im Stadtteil schließt oder die Straßenbahn kein Niederflurfahrzeug ist. Luise Carson aber sieht solche Probleme. Anstatt zu jammern und zu meckern, hat die 79-Jährige angepackt. Das hat sie immer gemacht, so ist es ihr mitgegeben worden, als sie noch ein Kind war.

Aus dem Bedürfnis heraus, für mehr Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit im Stadtteil zu sorgen, entwickelte sich die Bürgerinitiative Flingern-Süd. Nicht von heut auf morgen: "Das war ein Prozess", sagt Luise Carson, die 16 Jahre lang Sprecherin der Gruppe war. Als Vorsitzende hat sie sich nie gesehen, wenngleich sie die Koordinatorin der Gruppe war. Jetzt soll Schluss sein mit dem Ehrenamt, Schluss mit der Bürgerinitiative. Ein Nachfolger hat sich nicht finden lassen; Luise Carson hofft, dass die Menschen im Stadtteil trotzdem weiter wachsam bleiben.

Zurückgetreten wollte sie eigentlich schon seit ein paar Wochen sein. Offiziell ist sie das auch, seit dem 1. Januar firmiert sie nicht mehr als Vorsitzende der Bürgerinitiative. Der Blumenstrauß, mit dem Luise Carson in der letzten Sitzung der Bezirksvertretung 2 in 2016 verabschiedet wurde, ist längst welk.

Inoffiziell hat die 79-Jährige aber noch eine lange Liste, die sie abarbeiten will, bevor sie sich wirklich zurückzieht, bevor die Bürgerinitiative Flingern-Süd aufgelöst wird. Einen Merkzettel will sie noch anfertigen mit all den Kontakten, die sie in den letzten Jahren gesammelt hat und die ihr weitergeholfen haben, wenn der Sperrmüll an der Ecke nicht abgeholt wurde oder der Gulli überlief. Ein ganzes Visitenkarten-Rad kramt Luise Carson aus dem Schrank - all die Nummern von Ratsherren und Umweltamt, Ordnungsdienst und Stadtwerke wird sie aber nicht unterkriegen, "ich will nämlich ein Taschenformat machen", sagt sie. Damit sie den Zettel mit den Ansprechpartnern spontan auf der Straße verteilen kann, wenn sie danach gefragt wird. "Ich bin einfältig", sagt Carson und meint damit: "Mir fällt immer etwas ein." Mit solchen Sprüchen hat sie viele Jahre die Politiker des Bezirks und die Verwaltungsmitarbeiter auf Trab gehalten.

"Ich hab' ein rheinisches Herz und eine Berliner Schnauze", sagt die 79-Jährige, die in Düsseldorf geboren wurde, deren Vater aber aus Berlin kam. Die Kombination hat geholfen, viele Projekte im Stadtteil umzusetzen. Luise Carson war da, als Behren- und Gerresheimner Straße saniert und Querungshilfen in Flingern installiert wurden. Sie setzte sich für mehr Parkplätze ein und die Aktion "Schleichverkehr". Die S-Bahnhöfe Flingern, Wehrhahn, Zoo und Derendorf hatte sie immer im Blick so wie den ÖPNV überhaupt im Quartier.

Anfang vergangenen Jahres dann machte sich Luise Carson übers Aufhören Gedanken, und am Anfang ist es ihr schwergefallen. Irgendwann spürte sie aber diese Last, die ihr von den Schultern genommen wurde, jeden Tag ein bisschen mehr, je näher der letzte Tag rückte. Freizeit wird Luise Carson ab sofort mehr haben, vermutlich sogar jede Menge. Aber sie weiß schon etwas mit sich anzufangen: Stricken will sie, Socken, die sind einfach. "Anstatt Yoga", sagt Carson. Und in die Schweiz fährt sie, dorthin hat sie Verbindungen, seit sie ein Kind war. Und natürlich sei da noch der Haushalt, "im Alter braucht man dafür immer mehr Zeit", sagt sie. Sich ganz zurückhalten wird Luise Carson aber nicht - das wird sie nie können. "Ich werde mich als mündige Bürgerin melden", sagt Carson. Und sie hofft auf viele weitere mündige Bürger im Stadtteil, die sich nicht beschweren, aber ein erweitertes Gesichtsfeld sind für Ämter und Politiker, die nicht überall sein können.

(RP)
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