Düsseldorf Feine Klöppel erzeugen schönere Glockenklänge

Düsseldorf · Die alten, langsamen und schweren Hammer der Melanchtonkirche wurden durch neue Schlaghammer ersetzt.

 Ulrich Leykam revolutionierte das Melanchthon-Glockenspiel.

Ulrich Leykam revolutionierte das Melanchthon-Glockenspiel.

Foto: Göttert

Wenn am 8. September wieder das Glockenspiel über den Dächern rund um die Graf-Recke-Straße ertönt, sitzt Kirchenmusiker Ulrich Leykam an einem ungewöhnlichen Arbeitsplatz. Dieser befindet sich in gut 30 Meter Höhe, und zwar ganz oben im Turm der Melanchthonkirche. Auf nicht einmal vier Quadratmetern hat Leykam dort eine Instrumententechnik gebaut, die — so betont er oft und gern — weltweit einmalig ist. Mit dieser Technik spielt Leykam die Glocken ebenso geschickt und professionell wie ein Pianist auf einem Klavier.

Das war nicht immer so. Als Ulrich Leykam im Frühjahr 1974 seinen Job als Kantor antrat, war an den Glocken eine unzuverlässige Hammermechanik installiert. "Mit diesem System war es kaum möglich, die Glocken dynamisch differenziert erklingen zu lassen", sagt Leykam, der Kirchenmusik in Bayreuth und Düsseldorf studiert hatte. "Wenn die alten Klöppel anschlugen, übertönten die großen Glocken die kleineren — für das Ohr war das unzureichend." Während der ersten Jahre seines Berufslebens fand sich Leykam mit der alten Technik ab und setzte zuweilen sogar nur eine Automatik ein. Eine Wende brachte im Jahr 1980 die Computertechnologie.

"Ich erkannte schnell, dass sich die Fähigkeiten eines Computers mit den Glocken geschickt verwenden lassen." Nach einigen Veränderungen und Arbeiten konnte Leykam einen ersten großen Erfolg verbuchen: Das Musik-Repertoire des Glockenspiels wuchs erheblich. Den großen Durchbruch aber feierte der Kantor, als er zusammen mit einem Physiker die alten, langsamen und schweren Hammer gegen feine Schlaghammer ersetzte. Diese sind durch ein aufwendiges Kabelsystem mit einem Computer verbunden. Der PC wiederum ist am Keyboard angeschlossen.

"Durch diese Technik ertönt eine Glocke im gleichen Moment, indem ich eine Taste drücke", sagt Leykam. Auf seiner Titel-Liste stehen nun zahlreiche Kompositionen. Manchmal verlässt Leykam seinen Turm, für Konzerte auf dem Kirchenvorplatz. Weil das Keyboard ein extrem langes Kabel hat, kann er die Glocken von dort aus spielen und präsentiert zusammen mit anderen Musikern klassische Kompositionen, Jazz und Weihnachtslieder.

Gut 20 Jahre experimentierte er, um diese Leistung erbringen zu können. Kein Wunder also, dass der Kirchenmusiker stolz ist auf seine Arbeit und ein umfangreiches Fachwissen über Glocken und deren Klänge besitzt. Diese Kenntnisse und sein musikalisches Können setzt Leykam nun schon fast 40 Jahre in der Melanchthon-Kirchengemeinde ein. Ende dieses Jahres geht der 65-Jährige in den Ruhestand. Noch drei Glockenspiel-Konzerte stehen fest auf seinem Programm. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. Aber wer diesen Job auch immer übernimmt — an der Tastatur im Turm der Melanchthonkirche wird Leykam nicht leicht zu ersetzen sein. "Die Glocken kann nicht jeder wie ein Klavier spielen", sagt er. Der neue Kantor kann aus diesem Grund mit der Unterstützung Leykams rechnen. "Ich kümmere mich weiter um das Glockenspiel", verspricht er.

(lod)
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