Derendorf Erinnerungen ans alte Derendorf

Derendorf · Mit 85 Jahren hat Hannelore Meyer ihr erstes Buch geschrieben. Darin erzählt sie von ihrer Kindheit und Jugend im Stadtteil. Das Buch ist bei einem Biografie-Projekt entstanden.

 Hannelore Meyer (85) mit ihrem Buch "Als uns das Lachen verging". Beim Schreiben ihres ersten Buches hat ihr Kirsten Rutschke geholfen.

Hannelore Meyer (85) mit ihrem Buch "Als uns das Lachen verging". Beim Schreiben ihres ersten Buches hat ihr Kirsten Rutschke geholfen.

Foto: Andreas Endermann

Die Yorckstraße hinter dem ehemaligen Güterbahnhof hat heute nur noch wenig gemeinsam mit der Straße, in der Hannelore Meyer groß geworden ist. Neben schlichten Mehrfamilienhäusern aus den 60er Jahren und Zweckbauten wie dem britischen Konsulat stehen noch wenige Häuser vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch in Meyers Kindheit, den 1930er Jahren, muss die Yorckstraße eine sehr schöne gutbürgerliche Straße gewesen sein, in der Beamte, Ingenieure und Ärzte wohnten und jedes Haus einen Hausmeister hatte. In ihren Erinnerungen schreibt Hannelore Meyer: "Unser Haus ... war bis unter das Dach mit rotem Teppich ausgelegt. Der Eingang war von weißem Marmor eingerahmt. Die Räume hatten, wie damals üblich, eine enorme Höhe."

Heute lebt Hannelore Meyer in Kaiserswerth. Mit 85 Jahren hat sie ihre Erinnerungen an Kindheit und Jugend in Derendorf, an Krieg, Flucht und Rückkehr aufgeschrieben. Daraus ist jetzt ein kleines Buch geworden. Der Titel lautet "Als uns das Lachen verging". Bei der Umsetzung hat ihr Kirsten Rutschke geholfen. Sie betreut ein Biografie-Projekt der Zentren plus im Düsseldorfer Norden.

Versteck in Buscher Mühle

Die Erinnerungen an Hannelore Meyers Kindheit in der gutbürgerlichen Familie – der Vater war Oberinspektor bei der Stadt – sind überwiegend heiter. Meyer erzählt von Besuchen im Düsseldorfer Zoo und von Badetagen am Rhein. Doch der Familie verging das Lachen, als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen und vor allem, nachdem der Zweite Weltkrieg begonnen hatte. In ihren Erinnerungen beschreibt sie zum Beispiel, wie eines Tages zwei etwa 18-jährige jüdische Jungen bei der Familie klingelten und um Hilfe baten. Der Vater gab ihnen zu essen und zeigte ihnen die Buscher Mühle auf der anderen Seite der Bahngleise. Er riet ihnen, dort zu übernachten und am nächsten Morgen einen Zug nach Amsterdam für die Flucht zu nutzen. Am folgenden Morgen waren die Jungen verschwunden und der Vater war "bestens gelaunt, denn er hatte das sichere Gefühl, zwei jungen Menschen geholfen zu haben." Beim großen Bombenangriff vom 12. Juni 1943 wurde das Haus der Familie zerstört. Hannelore Meyer flüchtete nach Thüringen und 1945 von Thüringen wieder nach Düsseldorf. Ihre Heimatstadt war zu über 90 Prozent zerstört, "eine Geisterstadt", schreibt sie. Das Buch von Hannelore Meyer ist noch nicht über den Buchhandel zu beziehen. Doch sie möchte ihre Erinnerungen gerne mehr Menschen zugänglich machen. Sie denkt unter anderem daran, in Schulen daraus vorzutragen. "Ich möchte, dass der Generation der 17- bis 19-Jährigen klar wird, wie fürchterlich Krieg ist. Über Nacht kann sich das Leben vom Paradies in eine Hölle verwandeln."

(entz)
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