Denkmalschutz Eller Bleiwalzwerk soll für Häuser weichen

Eller · Denkmalpflege wird in Eller nicht unbedingt großgeschrieben. Mit dem Bleiwalzwerk soll nun wieder ein historisch bedeutsames Industriedenkmal für eine Neubebauung weichen. Zumindest der Schornstein könnte gerettet werden.

 Blick von der Gertrudiskirche um 1900. Oben links ist das Bleiwalzwerk in Klein-Eller zu erkennen.

Blick von der Gertrudiskirche um 1900. Oben links ist das Bleiwalzwerk in Klein-Eller zu erkennen.

Foto: Ulrich Brzosa

In den vergangenen 20 Jahren ist so manches historisch bedeutsame Gebäude in Eller abgerissen worden. Die Sensibilität dafür ist in dem Stadtteil nur bedingt vorhanden, ein angedachter Denkmalpflegeplan ist nie umgesetzt worden. „Dabei waren das oft Bauwerke, die Wendepunkte in der Entwicklung von Eller darstellten“, sagt Ulrich Brzosa, der für die Stadtteilaktivisten dennoch dafür kämpft, dass Erhaltenswertes nicht dem Erdboden gleichgemacht wird.

Jetzt droht erneut der Abriss eines Industriedenkmals. Es geht um das 1881 von Ludolph Poensgen erbaute Bleiwalzwerk in Klein-Eller. Ein Investor will auf dem Areal offenbar zehn bis zwölf Mehrfamilienhäuser bauen. Eine offizielle Bauvoranfrage gibt es noch nicht, dementsprechend ist die Bezirksvertretung 8 auch noch nicht involviert, „aber die Eigentümer in der Nachbarschaft wurden bereits wegen der Wegerechte für die Zufahrt angesprochen“, erzählt Brzosa, woher er von den Planungen weiß.

 Heute ist von dem Werk nur noch wenig übrig – außer der Schornstein.

Heute ist von dem Werk nur noch wenig übrig – außer der Schornstein.

Foto: Ulrich Brzosa

Das Bleiwalzwerk war die erste Industrieanlage in Eller überhaupt, „vorher gab es hier allenfalls Ziegelbäckereien, die Industrie war bis 1880 nur in Lierenfeld oder Oberbilk angesiedelt“, erzählt Brzosa. 1881 erwarb der Kaufmann Ludolph Poensgen das Areal für „einen Appel und ein Ei“, von einem Ziegeleibesitzer. „Und in Eller entwickelte sich die erste Protestbewegung. Die Menschen hatten Angst vor giftigen Dämpfen, die aus dem 30 Meter hohen Schornstein steigen, und dem möglichen Lärm“, berichtet Brzosa. Eine Petition wurde erstellt, eine weitere folgte vom Kammerherrn der (zwar blaublütigen, aber leicht dementen) Prinzessin Luise von Anhalt-Bernburg, die auf Schloss Eller residierte. „Aber Poensgen konnte die Befürchtungen bei einem Hearing mit dem Verweis entkräften, er habe seit Jahren eine ähnliche Fabrik an der Oststraße, dort habe es nie Beschwerden gegeben“, rekapituliert Brzosa die Geschehnisse von damals.

1882 wurde die Produktion aufgenommen, es wurden Bleibleche, -rohre und -platten für die boomende Bauwirtschaft hergestellt, 41 Beschäftigte fanden dort Arbeit. Bis in die 1960er Jahre hielt sich das Werk. Seitdem haben sich in den Restbauten der Werksanlage leicht obskure „Kleinstbetriebe im Low-Budget-Bereich“ (Brzosa) angesiedelt. Ein asiatisches Bordell war einmal darunter, inzwischen dominieren Gebrauchtwagenhandel („Nur gegen Bares“). Da diese Betriebe an der Ecke Ludwigshafener Straße und Klein Eller auch nur über eine Sackgasse zu erreichen sind, traut sich ohnehin kaum ein Mensch aus Eller dort hin. Brzosa will auch gar nicht die gesamte Betriebsanlage erhalten, zumindest aber den mittlerweile ohnehin auf zehn Meter gekappten Schornstein. „Er ist ein Wahrzeichen für die Industriegeschichte in Eller und allein schon deswegen erhaltenswert.“ Und er will, dass sich über solche Dinge nicht immer erst Gedanken gemacht werden, wenn alles zu spät ist. Ohnehin gibt es weitere Punkte, über die Investor und Politik jetzt schon nachdenken sollten: „Die Bleiasche und Bleischlacke im Boden und die Zufahrt, für die womöglich ein Dutzend 60 Jahre alte Kastanien gefällt werden müssten.

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