Eller Abschied von den Flüchtlingen in Eller

Eller · Ein riesiger Kreis von Ehrenamtlern kümmert sich um die Zelte auf dem Schützenplatz. Weil diese nun abgebaut werden, verabschiedeten sich die Helfer von den Flüchtlingen - und feierten sich für drei aufregende Monate.

 Viele Ehrenamtler und Flüchtlinge machten Erinnerungsfotos von der Feier in Zelt 2 der Notunterkunft.

Viele Ehrenamtler und Flüchtlinge machten Erinnerungsfotos von der Feier in Zelt 2 der Notunterkunft.

Foto: David Young

Am Ende ihrer Rede dreht sich Sylvia Prickler schnell weg. Ihre Augen werden feucht, und das ist ihr ein bisschen unangenehm. "Danke, ich habe so tolle Menschen kennengelernt", hat sie zum Abschluss gesagt, und jetzt jubelt die Menge im Zelt, die Ehrenamtler noch lauter als die Flüchtlinge. Geklatscht und gejubelt wird viel an diesem Abend in Zelt 2 der Flüchtlingsunterkunft an der Heidelberger Straße, und nicht nur Sylvia Prickler hat Tränen in den Augen. Es ist eine sehr emotionale Veranstaltung in dem weißen Zelt mit seiner kühlen Neonbeleuchtung. Viele umarmen sich, machen Erinnerungsfotos. "Das ist wie Weihnachten", meint irgendwann Heinz Frantzmann, und der muss es wissen, er ist Pfarrer.

Mit der Feier werden die mehr als 300 Flüchtlinge verabschiedet, die in den Zelten gewohnt haben und nun in feste Unterkünfte umziehen, die meisten in die neuen Modulanlagen in Golzheim und Ludenberg. Aber vor allem feiern sich die Ehrenamtler selbst - für drei Monate, in denen im Stadtteil etwas Außergewöhnliches entstanden ist. Fast 400 Menschen haben sich für die Versorgung der Flüchtlinge engagiert, Vereine, Politik und Werbegemeinschaft mitgeholfen. Eller hat eine kleine Erfolgsgeschichte in der großen Flüchtlingskrise geschrieben, die weit über den Stadtteil hinaus wahrgenommen wurde - und auf die die Beteiligten stolz sind.

Als Anfang September die Nachricht kommt, dass bald Menschen in die Zelte auf dem Schützenplatz einziehen, organisiert sich um das Ehepaar Sylvia und Herbert Prickler - er ist der stellvertretende Bezirksbürgermeister - und Diakonie-Pfarrer Frantzmann in wenigen Tagen ein riesiger Kreis von Ehrenamtlern. Zu einer ersten Informations-Veranstaltung kommen fast 500 Teilnehmer und werden direkt nach Aufgaben eingeteilt, etwa Deutschkurse oder Hilfe bei Behördengängen. Der Großteil sind Frauen, es sind auch viele Muslime darunter.

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Foto: dpa, awe

Die größte Herausforderung ist das Abendessen. In der Notunterkunft können die Flüchtlinge nicht selbst kochen. Das Mittagessen wird fertig geliefert, aber das Abendessen kommt als Rohware. Allein 184 Menschen organisieren sich zur "Abendessen-Gruppe", sprechen sich über Whatsapp ab und sind an sieben Tagen der Woche mit jeweils zehn bis zwölf Helferinnen vor Ort, um Gemüse zu schnibbeln oder Brote zu schmieren. "Ihr wisst, was das bedeutet", sagt Sylvia Prickler bei ihrer Dankesrede zu den Ehrenamtlern, und die nicken. Es wird viel improvisiert. Als die Metro kistenweise Eier spendet, gibt es zum Abendessen eben halbe Eier mit Remoulade. Und als die Bezirksvertretung eine Spüle sponsert, entfallen endlich die Gänge in Richtung Bad.

Nun ist es geschafft. Zum Dank gibt es für die Damen einen Weihnachtsstern, für die Herrn Präsente von der Werbegemeinschaft. Als Sarah Bortolami aufgerufen wird, die für das Rote Kreuz (DRK) die Notunterkunft geleitet hat, skandiert eine Gruppe von Flüchtlingen "Sarah, Sarah".

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Foto: Dieter Weber

Das endgültige Ende für die Initiative aus Eller soll der Abend nicht sein. Von vielen hört man, sie wollen mit den Flüchtlingen in Kontakt bleiben - und miteinander auch. Und die Whatsapp- und Facebook-Gruppen, die gibt es ja auch noch.

(arl)
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