Eller Bauen statt Beten

Eller · Die Jakobuskirche und die Lukaskirche werden morgen entwidmet. Viele Gläubige sind verbittert. Unberechtigterweise, sagt die Kirche.

 Die Lukaskirche in Lierenfeld. Hier soll ein von der Stadt getragenes Jugendzentrum entstehen.

Die Lukaskirche in Lierenfeld. Hier soll ein von der Stadt getragenes Jugendzentrum entstehen.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Lierenfeld Die evangelische Gemeinde in Eller hat vieles vor, vom Aufbruch ist die Rede, und wer Pfarrerin Barbara Schwahn zuhört, dem kann schon ein bisschen schwindelig werden. So wird die Lukaskirche am Gatherweg von der Stadt angemietet, und ein Jugendzentrum soll entstehen. Auch die Kinder- und Jugendeinrichtung vom Kuthsweg wird hier ein neues Zuhause finden. Gedacht ist an eine offene Halle im Kirchenraum, die für Konzerte genutzt werden kann oder auch von Skatern.

 Die Jakobuskirche im Gurkenland soll von einem Investor umgebaut werden. Er will auf dem Gelände auch Einfamilienhäuser bauen.

Die Jakobuskirche im Gurkenland soll von einem Investor umgebaut werden. Er will auf dem Gelände auch Einfamilienhäuser bauen.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Die Jakobuskirche hingegen will ein Investor zu einem "Haus der Jugend" umbauen, unter anderem soll eine vierzügige Kita entstehen, die die Einrichtungen an der Schlossallee und am Bingener Weg ersetzen soll. Platz bleibt zudem für "sechs bis acht Einfamilienhäuser", wie Schwahn sagt. Das größte Vorhaben allerdings betrifft das Kirchengelände an der Schlossallee. Gebaut werden soll ein "kleines Gemeindezentrum" neben der Kirche, alle übrigen Gebäude hingegen sollen abgerissen und das Gelände bebaut werden. Eine "große Maßnahme" so Schwahn, zumal in die Planungen auch das Gelände des Altenheims der Awo miteinfließen soll. "Wie eine Wohnbebauung hier aussehen soll, ist noch nicht klar", sagt Schwahn, die "Verständnis" hat, wenn die Menschen um ihre Kirchen trauern, und die Schließungen mit der sinkenden Zahl an Gemeindegliedern begründet. Drei Kirchen weiter zu betreiben, sei "unverantwortlich" gegenüber kommenden Generationen."Die Schuhe sind uns einfach zu groß geworden", fügt sie hinzu.

Inge Ditsche hat eine andere Sicht. Sie verliert ihre Kirche, und wie viele Gläubige aus dem Gurkenland ist sie frustriert angesichts der Pläne und der Informationspolitik durch die Gemeinde in Eller. Am Schlimmsten aber findet sie, dass mit der Entwidmung und dem Umbau der Jakobuskirche eine funktionierende Gemeinschaft ihr geistliches und weltliches Zentrum verliert. Mehr als 30 Gruppen von Menschen, die sich an der Jakobuskirche ehrenamtlich engagieren, Jugendarbeit betreiben, Flüchtlinge helfen, Seniorennachmittage veranstalten, an Yoga-Kursen teilnehmen wissen nicht mehr, wie und ob es weitergehen soll. An der Schlosskirche jedenfalls ist kein Platz für sie. Zwar sollen im Dachgeschoss der umgebauten Jakobuskirche Räumlichkeiten für die Jugendarbeit zur Verfügung stehen, aber für Ditsche und ihre Mitstreiter ist das zu wenig. Ein Gemeindeleben wäre unter diesen Umständen kaum möglich, beklagt sie. Besonders frustrierend ist für viele die sich im Gurkenland ehrenamtlich engagieren, dass sie nicht gehört wurden, dass sie durch einen Aushang im Mai erst von der Entwidmung ihrer Kirche erfahren hätten und vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Ein Gläubiger sagt: "Es wurde nicht einmal der Versuch unternommen, uns mitzunehmen und dass, obwohl wir uns seit 2013 komplett selbst organisieren." Damals verließ Pfarrerin Annette Marianne Begemann, die gemeinsam mit ihrem Mann Martin Pilz die Gläubigen betreute, die Kirche. Pilz, der mit seiner Frau inzwischen eine Gemeinde in Kaarst betreut, er erinnert sich gern an seine Zeit im Gurkenland zurück. Es habe ein "reges Gemeindeleben" gegeben und "großen Zusammenhalt" unter den Gläubigen. Er kann und will sich nicht zu den aktuellen Entwicklungen äußern, aber natürlich könne er sich vorstellen, wie traurig die Menschen sind. "Die Leute haben ihr Zuhause in der Jakobuskirche gehabt. Ich hoffe, dass weiterhin ein Gemeindeleben stattfinden kann." Inge Ditsche hält das kaum für möglich. Ein anderer sagt es so: "Da wurde etwas unnötig kaputt gemacht."

Immerhin soll es an Weihnachten für alle Gläubigen ein Gottesdienstangebot geben. "Wir haben uns schon Gedanken gemacht", sagt Schwahn.

(RP)
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