Weiterbau des geschützten Radweges vorerst gestoppt Hafen-Anwohner fordern Mitspracherecht
Düsseldorf · Update von Mittwoch, 24. März, 17 Uhr: Der Ordnungs- und Verkehrsausschuss hat in seiner gestrigen Sitzungnicht über die Kompensationsmaßnahmen für das Lkw-Parken im Reisholzer Hafen diskutiert. Wie von der Bezirksvertretung 9 angeregt, soll sich nun die Kleine Kommission Radverkehr mit den Vorschlägen der Stadt beschäftigen. Diese hatte den Weiterbau des geschützten Radwegs auf der Straße Am Trippelsberg gestoppt, um den Firmen entgegenzukommen. Unter anderem soll am Karweg der Wendehammer ausgebaut werden. Michael Di Figlia und Moritz Boße leben beide am Rande des Gewerbegebietes und sind gespannt, ob die Politik am Mittwoch den Vorschlag der Verwaltung gutheißt, weitere Lkw-Parkplätze auszuweisen. Der geschützte Radweg soll erst später weitergebaut werden.
Michael Di Figlia ist empört. Alle, sagt er, hätten in Düsseldorf anscheinend eine Lobby: Radfahrer genauso wie Unternehmer, nur die Anwohner nicht. Heute sollen die Mitglieder des Ordnungs- und Verkehrsauschusses über einen zeitlich befristeten Baustopp des geschützten Radweges entlang der Straße Am Trippelsberg entscheiden. Dagegen läuft unter anderem der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) Sturm.
Weil ein im Reisholzer Hafen ansässiges Unternehmen gerichtlich gegen den dadurch bedingten Wegfall von Parkplätzen vorgeht, hat die Verwaltung Maßnahmen entwickelt, die die Bedenken der Unternehmen zerstreuen sollen. So soll die Wendeschleife am Karweg Lkw-gerecht ausgebaut werden, dort, wie auch an der Reisholzer Werftstraße, sollen zudem weitere Parkflächen für Lkw entstehen.
Ihn, sagt Michael Di Figlia, der nicht nur selber dort lebt, sondern auch mehrere Häuser besitzt, habe niemand nach seiner Meinung gefragt. Das fordert er vor einem Beschluss nun ein. Seit mehreren Jahren kämpft er für eine Verkehrsberuhigung am Übergang zur Wohnbebauung.
Vor allem seit sich auf der Straße Am Trippelsberg weitere Logistiker angesiedelt hätten, gäbe es eine Zunahme an Lkw- und Wendeverkehr. Ein Klagelied könne der Mieter im ersten Haus singen, berichtet Di Figlia, in der abgesperrten Einfahrt gleich daneben versuchten Lkw schon ab 3 Uhr morgens, zu wenden.
Auch Moritz Boße, der vor vier Jahren mit seiner Frau an den Karweg gezogen ist, hofft, dass die Politik die Maßnahmen nicht einfach abknickt. Er sei nicht gegen den geschützten Radweg. Er habe schon vor einem halben Jahr die Verwaltung angeschrieben, dass er sich sorgt, dass sich dann die Situation am Karweg weiter verschlechtert, erzählt er. Dort lebten 40 Personen in den Wohnungen der SWD sowie 144 in der Flüchtlingsunterkunft, darunter viele Kinder, die bislang auf der Straße spielten. Schon jetzt werde die Straße verstärkt von Lkw-Fahrern über Nacht oder über das Wochenende genutzt. Überall liege Müll herum.
Grünen-Mitglied Andreas Schardt zeigte in der Sitzung der Bezirksvertretung 9 einen Lösungsansatz auf: Bau eines Lkw-Parkplatzes auf einem Grundstück im Hafen, der den Fahrern auch eine Sanitäranlage bietet. Bezahlt übrigens nicht vom Steuerzahler, sondern von den Firmen. Dann müsste niemand seinen Lastwagen am Straßenrand abstellen, und der geschützte Radweg könnte umgesetzt werden. Schardt arbeitet bei Thyssenkrupp Steel Europa, dort wird gerade für den Standort Duisburg ein innovatives Werkstor-Konzept umgesetzt. Natürlich ist der Reisholzer Hafen nicht vergleichbar. Doch die Probleme sind in beiden Fällen die selben. Und so funktioniert das bei Thyssenkrupp Steel: Es gibt eine Vorabanmeldung via App, das habe sich mittlerweile etabliert, berichtet eine Sprecherin auf Anfrage, der Anlieferverkehr lasse sich wesentlich besser managen. Der Autohof vor dem Werkstor ist mit 34 Stellplätzen ausgestattet, die ab Ostern auch vorab online gebucht werden können. Dort stehen den Fahrern Sanitäranlagen zur Verfügung.
In einem Gewerbegebiet in Unna versucht man ebenfalls, gegen das Problem mit über Nacht geparkten Lastwagen vorzugehen. Auch hier wird überlegt, einen zentralen Parkplatz mit Sanitäreinrichtungen zu schaffen. Ende 2020 stellte man für die Fahrer zunächst mobile Toiletten auf, doch das habe nicht funktioniert, wie die Wirtschaftsförderung mitteilte. Bei einem weiteren Logistik-Gipfel Ende Januar kamen alle Beteiligten, Vertreter der Wirtschaftsförderung, der Politik, der Unternehmen und Naturschützer zu dem Schluss, dass das Problem nicht lokal gelöst werden könne. Immer mehr Aufträge in der Logistikbranche gehen an Firmen aus Osteuropa, der niedrigeren Löhne wegen. Viele Fahrer verbringen inzwischen Wochen in ihrem Fahrzeug und übernachten, wo immer es geht. In Unna versucht man deswegen, im Gewerbegebiet einen Parkplatz mit festen Sanitäranlagen einzurichten. Dort wartet man auf ein Zeichen des Bundesverkehrsminister. Andreas Scheuer hatte Ende 2020 mitgeteilt, dass sein Haus eine Förderrichtlinie erarbeitet, damit mehr Lkw-Stellplätze im Drei-Kilometer-Radius von Autobahnanschlussstellen entstünden. Allerdings hat niemand in Düsseldorf ein Interesse daran, noch mehr auswärtige Lkw-Übernachtungsgäste anzuziehen. Das sei in den vergangenen Monaten im Reisholzer Hafen schon passiert, wissen die Anwohner. Schon jetzt würden die ruhigen Straßen als Nachtlager genutzt, ohne dass der Fahrer einen Auftrag der ansässigen Unternehmen habe.