Oberbilk Ehemalige 68er kehren an ihre alte Schule zurück

50 Jahre nach dem Abitur sehen sich 14 gestandene Herren am Geschwister-Scholl-Gymnasium wieder.

 Vor 50 Jahren machten diese Männer ihr Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium, jetzt kehrten sie dorthin zurück.

Vor 50 Jahren machten diese Männer ihr Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium, jetzt kehrten sie dorthin zurück.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Auf dem Cover der Schülerzeitung ist Rudi Dutschke abgebildet, auf der Straße wird gegen den Vietnam-Krieg und die NPD demonstriert. Das ist die Zeit, in der 14 Pennäler am Geschwister-Scholl-Gymnasium ihr Abitur machten. Auf den Tag genau 50 Jahre später kehrten sie nun zurück an ihre schulische Wirkungsstätte. Genau genommen machen sie das sogar jedes Jahr, führen über ihre Treffen zudem penibel Klassenbuch. Die Kladde ist voll mit Erinnerungen, Fotos vor allem. Jetzt sind es wieder ein paar mehr geworden. Allerdings: Wer unentschuldigt fehlt beim Klassentreffen, dessen Name findet ebenfalls unrühmlichen Eingang in das dicke Buch.

"Wir waren nicht linksradikal, eher linksliberal", sagt Harald Zeplin, der nach dem Abitur Chirurg wurde. "Wir haben durchaus mitgeholfen, die kaputte deutsche Kultur nach dem Krieg wieder auf die Beine zu bringen", sagt Bernd M. Lindenberg selbstbewusst. Da führte dann auch schon mal kein Weg daran vorbei, sich mit dem ein oder anderen konservativen Lehrer auseinanderzusetzen. Aber: "Man ließ uns machen. Die Schülerzeitung zum Beispiel war sehr politisch, wurde aber nicht zensiert. Dennoch gab es immer wieder mal Konflikte", so Lindenberg.

Aber natürlich gab es auch viele lustige Erlebnisse, die in der Erinnerung haften geblieben sind. Manfred Kremer nutzte den Rahmen des Jahrestreffens, um einige dieser Anekdoten wachzurufen. Als Freddy Rückert wegen seiner Kompressorfanfare am Fahrrad von der Polizei angehalten wurde zum Beispiel. Oder als Arno Werner sich auf dem Weg zu einem Mädchen mit seinem Käfer überschlug und kopfüber im Feld landete. "Künftig hieß es: Wer mit Arno fährt, darf dem Tod ins Auge schauen", so Kremer. Er selbst konnte sich noch gut daran erinnern, als er bei einer NPD-Versammlung mit einem Seitenschneider die Lautsprecherkabel durchtrennt und den ungeliebten Politikern so den Saft abgedreht hatte.

Das Wiedersehen am Geschwister-Scholl-Gymnasium fand dann tatsächlich auch in dem alten Klassenzimmer der ehemaligen Schüler statt, der Hausmeister hatte sogar noch ein Original-Pult von 1968 aus dem Keller hervorgezaubert. Die inzwischen gestandenen Herrschaften sind durchaus stolz, jenes Gymnasium besucht zu haben, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg nach den berühmten Widerstandskämpfern der Weißen Rose benannt hat. Das geschah, um Schülern wie Lehrern ein Vorbild für politisches Engagement nahezubringen. "Und das verpflichtet dann natürlich ein Stück weit. Wir waren immer politisch, haben uns eingemischt, gerade als die NPD damals an Stärke gewann", erzählt Lindenberg.

(arc)
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