Pempelfort/Flingern Das Spannende im Kleinen finden

Düsseldorf · Wer durch den Sucher einer Kamera blickt und den Auslöser drückt, hat noch lange kein gutes Foto. Es braucht viel Übung und eine gute Ausbildung, bis Aufnahmen richtig gut werden, Neugierde beim Betrachter wecken und für die Öffentlichkeit sehenswert werden. Boris Kalinski hat mit Fotografie jahrzehntelange Erfahrung.

 Tagelang wählte Boris Kalinski aus der Vielzahl seiner Arbeiten die Werke aus, die ab Sonntag in der Münster-Therme zu sehen sind. Das rote Bild bekommt einen Extra-Platz im Ruheraum des Bades.

Tagelang wählte Boris Kalinski aus der Vielzahl seiner Arbeiten die Werke aus, die ab Sonntag in der Münster-Therme zu sehen sind. Das rote Bild bekommt einen Extra-Platz im Ruheraum des Bades.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Seit der heute 75-Jährige in den 1970er Jahren erstmals mit einer Hasselblad-Kamera experimentierte, geht er mit einem fotografischen Blick durch die Welt, immer auf der Suche nach einem guten Motiv. Unter dem Titel "Licht- und Farbspuren" zeigt Kalinski seine aktuellen Arbeiten ab Sonntag in der Münster-Therme.

Kleiner Teil aus großer Mauer

"Ich suche die Bilder nach ihrer Farbe aus", sagt der Flingeraner, der in seiner Wohnung an der Lindenstraße die Ausstellung vorbereitet. Fast 40 Fotografien stehen an die Wände gelehnt, sind ausgebreitet auf dem Fußboden und gestapelt auf dem Tisch. Wichtig seien die Farben, weil sie auf den Menschen eine Energie ausübten.

In der Münster-Therme, dem denkmalgeschützten Schwimmbad an der Münsterstraße, sei dies besonders wichtig, sagt er. "Rot hält die Erregung im Menschen erst noch aufrecht. Blau hingegen fördert die Entspannung." Kalinski deutet auf ein etwa 50 mal 70 Zentimeter großes Motiv in intensivem Rot. Der Fotograf erzählt: "Ich war in Griechenland auf Reisen. Bei einem Spaziergang fiel mein Blick auf eine rot gestrichene Mauer. Was meine Neugierde aber weckte, waren die kleinen Unebenheiten der steinigen Oberfläche." Er ging näher heran, betrachtete die Dellen, die körnige Struktur und die winzigen Schatten. "Die griechische Sonne ließ die Farbe noch lebendiger erscheinen — ein optimales Fotomotiv."

Kalinski legt das rote Mauer-Bild beiseite und holt ein anderes Foto hervor. Es zeigt einen ganz banalen knorrigen Ast, der am steinigem Rheinufer liegt. Kalinski deutet auf das, was neben diesem Ast zu sehen ist. "Nicht der Stock ist das Interessante, sondern der Schatten, den er wirft." Dieser Hinweis lässt das Bild plötzlich ganz anders erscheinen. Auf dem unebenen Flussufer sieht der Schatten aus, als winde sich neben dem alten Holz eine Schlange. "Das ist die Kunst des Fotografierens", sagt er. "Ich suche im Kleinen und Unscheinbaren eine besondere Spannung. Mein Blick hat sich mit den Jahren geschärft." Er wisse schon beim Blick durch den Sucher, wie sein fertiges Foto aussehen soll. "Ich brauche das Motiv nicht einmal am Computer zu schneiden, so sehr grenze ich das Foto-Objekt schon beim Auslösen ein." Titel haben seine Werke nicht. Kalinski möchte, dass der Betrachter selbst in seiner Erinnerung kramt, um den abstrakten Abbildungen einen eigenen Sinn zu geben.

Boris Kalinski wurde im Jahr 1936 in Ostholstein geboren und hat ein abwechslungsreiches Berufsleben hinter sich. Er arbeitete als Schriftsetzer, Sozialwissenschaftler sowie als freiberuflicher Dozent in der Erwachsenenbildung. Mehr als zwei Jahrzehnte lang war er Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Köln. Vor fast 40 Jahren bekam er den Auftrag, für die Volkshochschule eine Foto-Dokumentation anzufertigen. Seitdem hat er sich in vielen Foto-Workshops weitergebildet und zeigt seine Werke regelmäßig in Gruppen- und Einzelausstellungen. Seit 30 Jahren ist er Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler.

(lod)
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