Straßenbenennung in Bilk Eine Erinnerung an Erna Eckstein

Bilk · In der Nähe des Uniklinikums wurde eine Straße nach der einflussreichen Kindermedizinerin benannt. Frauen sind bei der Benennung von Straßen in Düsseldorf noch immer unterrepräsentiert, die Politik hat sich vorgenommen, dies zu ändern.

 Bezirksbürgermeister Marko Siegesmund und Initiatorin Antje Olivier enthüllen das Straßenschild der Erna-Eckstein-Straße.

Bezirksbürgermeister Marko Siegesmund und Initiatorin Antje Olivier enthüllen das Straßenschild der Erna-Eckstein-Straße.

Foto: Anne Orthen (orth)/Anne Orthen (ort)

Am vergangenen Wochenende wäre Erna Eckstein 125 Jahre alt geworden. Schon ihr Vater, Arthur Schlossmann, war Pionier auf dem Gebiet der Kindermedizin, ihr Mann Albert Eckstein einer der wichtigsten Pädiater in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Doch Erna Eckstein gelang es, sich in der von Männern dominierten Medizinwelt einen Namen zu machen und mehrere bedeutende Projekte ins Leben zu rufen.

Um an Ecksteins Leben und Werk zu erinnern, wurde jetzt in Bilk offiziell eine Straße nach Erna Eckstein benannt. Dabei handelt es sich um eine Querstraße der Witzelstraße unweit des Uniklinikums, wo Eckstein als Medizinerin tätig war. Das Straßenschild steht zwar schon seit mehreren Monaten, die offizielle Enthüllung sollte jedoch mit dem Geburtstag Ecksteins am 28. Juni abgestimmt werden. Bevor das weiße Tuch jedoch vom Schild gezogen werden konnte, musste es erstmal gerichtet werden: Ein Baustellenfahrzeug hatte das Straßenschild touchiert und verbogen.

Erna Eckstein wurde 1895 in Dresden geboren, ab 1906 war ihr Vater Arthur Schlossmann Direktor der Düsseldorfer Kinderklinik. Die Familie war jüdischer Herkunft, aber zum Protestantismus konvertiert. Eckstein studierte Medizin in Heidelberg, Bonn und München, war 1919 Mitbegründerin der Medizinischen Akademie, die – damals eine Besonderheit – auch weibliche Studenten aufnahm, und leitete zwischen 1923 und 1926 die Kinderpflegeanstalt Auguste-Viktoria-Haus in Düsseldorf. Außerdem war sie für das Muster-Säuglingshaus auf der Messe Gesolei verantwortlich.

Nach dem Tod ihres Vaters übernahm ihr Mann Albert Eckstein, ebenfalls Jude, die Leitung der Düsseldorfer Kinderklinik, wurde jedoch drei Jahre später unter dem Druck der nationalsozialistischen Regierung „auf eigenen Wunsch“ entlassen. Das Ehepaar wanderte in die Türkei aus, um der Verfolgung zu entkommen, und arbeitete gemeinsam und sehr erfolgreich daran, die zu diesem Zeitpunkt noch stark unterentwickelte Kinderheilkunde des Landes auszubauen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten die Ecksteins nach Deutschland zurück, wo Albert eine Kinderklinik in Hamburg übernahm, jedoch kurz darauf verstarb. Nach dem Tod ihres Mannes führte Erna Eckstein dessen Arbeit fort. Sie publizierte zahlreiche Artikel in Fachmagazinen, baute in Düsseldorf ein Hygienemuseum auf und kehrte vorübergehend in die Türkei zurück, um dort die medizinische Versorgung weiter zu verbessern. In den 1960er Jahren zog sie nach England, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1998, im Alter von 102 Jahren, lebte. Zu den Auszeichnungen, die Erna Eckstein in ihrem Leben verliehen wurden, zählt die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie die Stellung einer Ehrensenatorin der Heinrich-Heine-Universität. Wichtiger jedoch dürfte der Einfluss auf das Leben vieler junger Menschen gewesen sein, die Eckstein direkt durch Behandlung oder indirekt durch den Aufbau medizinischer Infrastruktur gerettet hat. Das erklärte Motto ihres Mannes bestimmte auch Erna Ecksteins Leben: „Behandle jedes Kind so, als wäre es dein eigenes“.

In die Wege geleitet wurde die Straßenbenennung von den beiden Düsseldorferinnen Antje Olivier und Monika Bunte. Olivier, die Frauen-Führugen durch Düsseldorf anbietet, stieß zufällig auf die Geschichte Ecksteins und begann zu recherchieren. Mehrere Jahre dauerte die Bemühung, ursprünglich war eine Straße im Zooviertel unweit von Ecksteins ehemaligem Wohnhaus angedacht. Auch im Stadtbezirk 3 verging einige Zeit, bis Bezirksbürgermeister Marko Siegesmund das Straßenschild offiziell enthüllen konnte. „Düsseldorf wächst kaum in der Fläche, und so sind neue Straßennamen – gerade in der Mitte der Stadt – nicht oft zu vergeben, und die Liste verdienter, aber bisher nicht gewürdigter Frauen ist lang“, so der SPD-Politiker.

Der Vorschlag, eine Straße nach Erna Eckstein zu benennen, wurde von mehreren Seiten unterstützt. Olivier und Bunte bekamen unter anderem Rückendeckung von der Gleichstellungsbeauftragten der Universität und dem Heimatverein Düsseldorfer Weiter, dessen Vorsitzende Helga Hesemann ebenfalls vor Ort war. Die Hartnäckigkeit habe sich jedoch gelohnt, findet Initiatorin Antje Olivier. „Frauennamen sind im Stadtbild nach wie vor unterrepräsentiert und ich hoffe, dass auf Erna Eckstein noch viele bedeutende Frauen folgen werden.“

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