Bilk Kampfsport für die Integration

Bilk · 27-jähriger Flüchtling aus dem Iran ist erfolgreicher Taekwondo-Kämpfer.

Im Sportwerk kann sich Bahman Nazari entspannen. An der Volmerswerther Straße geht er seinem Lieblingssport Taekwondo nach und das sogar kostenlos. Im Bundesstützpunkt powert sich der 27-jährige Iraner körperlich aus, baut so Frustrationen ab, kommt auf andere Gedanken, lernt allmählich wieder zu lächeln. Das ist wichtig, denn wenn er zu Hause ist, das ist derzeit eine Flüchtlingsunterkunft in Leverkusen, beschäftigen ihn meist Sorgen.

Nazari ist einer von zehn weiteren Geflüchteten, die vom Sportwerk aufgenommen wurden und denen ein kostenfreies Taekwondo-Training ermöglicht wird. Für Bahman Nazari gibt es nichts Besseres als Taekwondo, war er doch in der iranischen Jugendnationalmannschaft und nahm unter anderem auch an der Weltmeisterschaft 2006 in Vietnam teil und wurde ein Jahr später für die Korea Open nominiert. Und außerdem brauche er eine Beschäftigung, um nicht ständig an seine Flucht zu denken. "Aus Teheran bin ich übers Gebirge Richtung Türkei geflohen. Von dort in einem Schlauchboot auf eine griechische Insel und weiter über die Balkanroute, Ungarn und Österreich nach Deutschland", erzählt Nazari. Das alles sei ein Horrortrip gewesen: "Vor mir sind zwei Schlauchboote gesunken, hinter mir noch eins. Diese Bilder bekomme ich nicht aus dem Kopf."

Gerne investiert der 27-Jährige daher von seinem Sozialhilfegeld von 320 Euro dreimal pro Woche 16 Euro in die Bundesbahn, um von Leverkusen nach Düsseldorf zum Sportwerk zu fahren. Denn er will wieder lächeln, seinem Leben wieder eine Struktur, einen Sinn geben. "Ich war soweit, den Sprung in die Seniorennationalmannschaft zu schaffen, aber ich hatte Ärger mit dem Trainer. Ich war eben mit den Verhältnissen im Iran nicht einverstanden und habe das auch gesagt", so Nazari. Inzwischen ist er mehr als zwei Jahre aus dem Wettkampfgeschehen raus.

Gerne will Nazari in Deutschland bleiben und seiner "Wohlfühloase" Sportwerk für die unkomplizierte, respektvolle, gleichberechtigte und freundschaftliche Aufnahme etwas zurückgeben - als Sportler, der demnächst für das Sportwerk Siege holt, und als Mitglied im Trainerstab: "Ich bin so dankbar, in Düsseldorf auf sportlich anspruchsvollem Niveau trainieren zu können. Daher möchte ich etwas zurück geben."

Die Sportwerk-Verantwortlichen wollen ihm dabei helfen. "Wir versuchen ihm einen Startpass zu verschaffen. Dafür haben wir noch sieben, acht Wochen Zeit. So lange braucht Bahman noch, um in Form zu kommen", sagt Sportwerk-Trainer Inana Tunc. Vielleicht wohnt Nazari dann auch schon in Düsseldorf. Der Antrag, dass er in die Landeshauptstadt ziehen darf, ist gestellt.

(tino)
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