Bilker Heimatfreunde Bilks kleinstes Museum

Bilk · Im Hermann-Smeets-Archiv liegen viele Schätze aus der Geschichte des Stadtteils. Wie der Nachlass von Leo Statz.

 Der Bilker Heimatverein kümmert sich um das Hermann-Smeets-Archiv. Ihr Vorsitzender Dirk Jehle will die Sammlung bekannter machen.

Der Bilker Heimatverein kümmert sich um das Hermann-Smeets-Archiv. Ihr Vorsitzender Dirk Jehle will die Sammlung bekannter machen.

Foto: Nicole Kampe

Gut erhalten ist die alte Rechnung mit der Geschäftsnummer 2J508.43. Von der Reichsstaatsanwaltschaft wurde sie angefertigt, verschickt an Mia Statz, die Ehefrau von Leo Statz, der als Kritiker des Nationalsozialismus am 1. November 1943 hingerichtet wurde. In einer Vitrine liegt die „Kostenrechnung in der Strafsache gegen Leo Statz wegen Wehrkraftzersetzung“, so steht es auf dem Briefkopf geschrieben. Mit der Rechnung sollte Mia Statz die Kosten für die Hinrichtung begleichen. „Diese Rechnung ist schaurig“, sagt Dirk Jehle, Vorsitzender der Bilker Heimatfreunde, „sie ist mahnend und zeigt, wie unmenschlich die Nazis waren.“ Aber das war üblich im Nationalsozialismus, es war üblich, dass die Hinterbliebenen für die Todesstrafe zahlten.

Diese Rechnung ist es auch, die Dirk Jehle besonders berührt, die er gerne mehr Menschen zugänglich machen würde – im kleinsten Museum von Bilk. Denn genau das ist das Archiv im Hinterhof an der Himmelgeister Straße, es erzählt die Geschichte und die Geschichten eines Stadtteils, die Geschichten der Menschen, vor allem die Kriegsgeschichten, wie die von Leo Statz, dessen Nachlass seine Witwe Mia Statz den Bilker Heimatfreunden überlassen hat. Darunter auch den Liedtext zu „Duze, duze, duze mich“, „aus dem der Volksmund damals ,Duce, duce, duce mich’ gemacht hat, in Anspielung auf Mussolini“, sagt Jehle.

Fünf kleine Räume gibt es in dem Backsteinhaus mit der massiven Holztür, dem Guckloch in der Mitte und der alten Laterne über dem Eingang. Die Witterung hat Spuren hinterlassen, viele Backsteine sind mit Moos überzogen, aus ein paar Fugen wächst Unkraut. Hier und da gibt es Baumängel, an manchen Stellen ist es feucht. „Wir arbeiten dran“, sagt Jehle, der versucht, das Archiv attraktiver zu machen. Die Arbeit übernehmen Ehrenamtler, Archivare, die sich um die Schätze kümmern, die kleine Ausstellungen und Führungen organisieren. Es sind die Ehrenamtler der Heimatfreunde in Bilk, die seit 1956 das Hermann-Smeets-Archiv gemietet haben, Eigentümer sind die Schützen. „Viele wissen nicht, dass es dieses Schmuckstück hier gibt“, sagt der Vorsitzende der Heimatfreunde, der aber auch weiß, dass das Archiv nicht kindgerecht ist, dass es eng ist und nicht digital. „Das können wir einfach nicht leisten“, sagt Jehle, der trotzdem davon überzeugt ist, dass das Hermann-Smeets-Archiv viele tolle Geschichten erzählt. Wie die der Sternwarte, die der Physiker und Astronom Johann Friedrich Benzenberg 1843 baute. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie zerstört, heute erinnert in Düsseldorf das Denkmal auf dem Vorplatz von Alt St. Martin an die Zeit der Planetenentdeckungen. Das ausgebrannte Teleskop wurde 1952 als Denkmal an dieser Stelle aufgestellt. Außerdem verweisen viele Straßennamen auf die Sternengucker-Zeit: Die Luthergasse etwa ist nach dem Astronomen und nicht nach dem Reformator benannt. Auch die Planetenstraße und die Germaniastraße halten das Erbe aufrecht – und natürlich die Sternwartstraße. Ein paar Dokumente, die den Bombenangriff 1943 überlebten, sind im Archiv an der Himmelgeister Straße ausgestellt und ein Fernrohr, das beim Angriff selbst sicher nicht mehr in der Sternwarte gewesen ist, so gut ist es erhalten. „Das muss jemand vorher rausgebracht haben“, sagt Jehle. Einige Sternkarten sind im Archiv untergebracht, viele sind in der Uni gelagert, „die würden hier kaputtgehen“, sagt Dirk Jehle. Die Feuchtigkeit. Bilder von der Freilichtbühne an der Himmelgeister Straße hängen an einer Wand, Bilder von der alten Canisiuskirche und vom Schwanenspiegel, als noch Boote darauf fuhren. Die Totenmaske von Mutter Ey liegt in einer Vitrine, gleich neben der Ehrenurkunde für Erich Pliszka, der früher mal Vorsitzender des Bilker Heimatvereins war.

 In einer Vitrine liegt die Totenmaske von Mutter Ey.

In einer Vitrine liegt die Totenmaske von Mutter Ey.

Foto: Nicole Kampe
 Das alte Teleskop stand früher in der Bilker Sternwarte.

Das alte Teleskop stand früher in der Bilker Sternwarte.

Foto: Nicole Kampe
 Das Fischerhaus am Schwanenspiegel war früher mal ein Lokal mit Bootsverleih. Das Schwarz-Weiß-Bild hängt im Archiv.

Das Fischerhaus am Schwanenspiegel war früher mal ein Lokal mit Bootsverleih. Das Schwarz-Weiß-Bild hängt im Archiv.

Foto: Nicole Kampe
 Mia Statz musste die Hinrichtung ihres Mannes zahlen.

Mia Statz musste die Hinrichtung ihres Mannes zahlen.

Foto: Nicole Kampe

Mit Dirk Jehle im Vorstand ist der Verein, der 1951 gegründet wurde, schon ein ganzes Stück jünger geworden, jetzt setzt er auf die Jugend, „die auch mal andere Ideen einbringt“, sagt Jehle. Und weil die Heimatabende, die immer am letzten Montag im Monat stattfinden, „irgendwie altbacken klingen, es aber nicht sind“, betont Jehle, würde er gerne einen Stammtisch gründen, ein lockeres Treffen irgendwo am Friedensplätzchen, wo die Menschen über den Stadtteil plaudern können und die Themen, die wichtig sind in Bilk. „Wir sind nicht nur bei der Geschichte aktiv, wir wollen auch den Stadtteil gestalten“, sagt Jehle.

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