Bilk Der Schatzhüter von Bilk

Bilk · Erich Pliszka, der Präsident der Bilker Heimatfreunde, ist ein packender Erzähler - vielleicht, weil er immer so gut zuhören konnte.

 Erich Pliszka mit dem Original-Fernrohr aus der Bilker Sternwarte von 1826. Dahinter ein Gemälde von Robert Luther, der von dort aus 24 Asteroiden entdeckte.

Erich Pliszka mit dem Original-Fernrohr aus der Bilker Sternwarte von 1826. Dahinter ein Gemälde von Robert Luther, der von dort aus 24 Asteroiden entdeckte.

Foto: Anne Orthen

Natürlich liegt die Gefahr nahe, bei einem Gespräch mit dem Präsidenten eines Heimatvereins eher unfreiwillig und fast ununterbrochen die Rolle des Zuhörers einzunehmen. Doch bei Erich Pliszka ist das anders. Dem 72-Jährigen, der sich seit Jahrzehnten für den Verein der Bilker Heimatfreunde engagiert, hört man allzugern zu. Denn wenn der langjährige Präsident darüber spricht, wie der Astronom Robert Luther (1822-1900) von der Bilker Sternwarte aus 24 Asteroiden beziehungsweise Kleinplaneten entdeckte und Straßen wie die Merkurstraße daran erinnern, dann ist es fast so, als ob er all das zum ersten mal erzählen würde. Und so lässt man sich packen von dieser und anderen spektakulären, teils aber auch erschütternden Geschichten aus dem Stadtteil. So wie Pliszka, der gar nicht gebürtig aus Bilk stammt, sich einst in unzähligen Gesprächen mit Menschen aus dem Stadtteil von Geschichten wie diesen begeistern ließ.

 In einem Raum wird der Nachlass von Unternehmer, Karnevalspräsident und NS-Kritiker Leo Statz (1898-1943) gezeigt.

In einem Raum wird der Nachlass von Unternehmer, Karnevalspräsident und NS-Kritiker Leo Statz (1898-1943) gezeigt.

Foto: Anne Orthen

Pliszka ist ein Schatzhüter. Aber eben nicht nur einer, der kostbare Bilder, Dokumente und andere Überbleibsel vergangener Zeiten und Orte schön säuberlich und akkurat in Kartons, Vitrinen und Schubladen einsortiert und katalogisiert und sich zwischen all diesen Dingen einigelt. Der 72-Jährige haucht ihnen mit seinen Erzählungen Leben ein und sucht immer das Gespräch und den Austausch darüber. "Ich habe in all den Jahren stets versucht, möglichst viele Termine wahrzunehmen", sagt der ehemalige Industriekaufmann. Er besuchte etwa Vereine, Pfarrgemeinden und Parteien, lud aber auch Persönlichkeiten aus der Stadt zu den Treffen des Vereins. "Ich bin stolz darauf, dass viele Menschen aus dem Rathaus, der Universität, den Kliniken, dem Flughafen oder der Feuerwehr zu uns gekommen sind und sich für unseren Verein begeistern lassen haben." Und dass man im Verein nie jemandem "nach dem Mund" geredet habe. Selbst politisch verschaffte sich Pliszka Gehör, sprach sich bei der Landtagspräsidentin zum Beispiel gegen Wohntürme am Rathaus aus.

 Ein Demonstrationsmodell der Planetenbahnen um die Sonne erinnert an die einstige Sternwarte von Weltruf.

Ein Demonstrationsmodell der Planetenbahnen um die Sonne erinnert an die einstige Sternwarte von Weltruf.

Foto: Anne Orthen

Doch der 72-Jährige ist auch nicht übertrieben vergangenheitsverliebt. Während seiner Amtszeit hat er viele neue Projekte auf den Weg gebracht. Dass es wahrscheinlich kaum ein Heimatarchiv in der Stadt gibt, dass so helle und moderne Räumlichkeiten hat, wie ein Museum wirkt und sogar von Schülern und Studenten aufgesucht wird, liegt sicher an seinem Drang, Bestehendes zu verbessern und zu verschönern. Im Hinterhof an der Himmelgeister Straße 73 zeigt er mit seinem Team und in Kooperation mit der Mahn- und Gedenkstätte zurzeit die Ausstellung "Anders denken/Anders sein", die sich mit der Deportation und Ermordung von Menschen aus Bilk, Unterbilk, Volmerswerth und Flehe beschäftigt. "Wir haben Bilder der Stolpersteine von Verfolgten und Deportierten auf den Boden geklebt, damit Besucher direkt über sie stolpern und sich fragen, was mit diesen Menschen passiert ist."

Stolz ist er auf einen Raum, der dem Unternehmer, Karnevalspräsidenten und NS-Kritiker Leo Statz gewidmet ist: "Viele Besucher sind erschüttert, wenn sie das alles sehen." Unter den Briefen und Fotos ist eine Rechnung: "Frau Statz musste für die Hinrichtung ihres Mannes durch die Nazis sogar bezahlen."

Nach 18 Jahren hört Pliszka als Präsident bald auf. Im Archiv wird man ihn dennoch sehen: "Es gibt noch viele Nachlässe durchzusehen, viel Neues über Bilk zu lernen." Und natürlich viele Gespräche über den Stadtteil zu führen, in denen er mal Erzähler, mal Zuhörer sein wird.

(semi)
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