Benrather Synagoge Archäologischer Fund verzögert Wohnungsbau

Benrath · Auf einer Baustelle an der Friedhofstraße wurden Reste der Benrather Synagoge gefunden. Diese wurde 1938 niedergebrannt. Für den Bauherren gilt es jetzt, eine Lösung zu finden, wie sich die historische Fundstelle mit dem neuen Wohnraum vereinbaren lässt.

 So könnte die Benrather Synagoge ausgesehen haben. Genau ist die Architektur jedoch nicht bekannt, die Berichte der Zeitzeugen widersprechen sich beispielsweise bei der Form des Dachs.

So könnte die Benrather Synagoge ausgesehen haben. Genau ist die Architektur jedoch nicht bekannt, die Berichte der Zeitzeugen widersprechen sich beispielsweise bei der Form des Dachs.

Foto: RP/Dominik Schneider / Heimatarchiv Benrath

Zwischen den Häusern Friedhofstraße 7 und 11, in Sichtweite des Benrather Marktplatzes, klafft eine Baulücke. Aus dem Boden wächst Unkraut. Jemand hat offenbar versucht, sich Zutritt zu dem Gelände zu verschaffen: Das Schloss ist beschädigt, eine Kette hält die beiden Hälften des Tores zusammen. Eigentlich sollte hier längst gebaut werden. Doch im Vorfeld der Bauarbeiten haben Experten im Boden Reste der alten Benrather Synagoge gefunden. Weil das Bodendenkmal zunächst gesichert und untersucht werden muss, verzögert sich der Neubau auf unbestimmte Zeit.

Viel ist nicht bekannt über die Benrather Synagoge. Nicht einmal das Baujahr ist abschließend geklärt – Untersuchungen des Benrather Heimatarchivs geben die Mitte der 1880er Jahre an. Auch über die Außengestaltung des kleinen Gotteshauses ist wenig bekannt. Die von den Lokalhistorikern befragten Zeitzeugen machen unter anderem widersprüchliche Angaben über die Form des Dachs. Der Gebetsraum, in dem rund 35 Personen Platz hatten, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Juden aus Benrath, Hilden, Himmelgeist und Urdenbach genutzt. „Nur 54 der damals rund 20.000 Einwohner Benraths waren jüdischen Glaubens“, sagt Wolfgang Sauer, Leiter des Heimatarchivs. Angeblich wurde die Synagoge zu Beginn der NS-Zeit nur geringfügig genutzt und verwahrloste bereits, auch, weil der jüdischen Gemeinde Geld fehlte. Viel mehr ist nicht bekannt über das Gotteshaus, auch fotografische Quellen konnten die Historiker bisher nicht finden. Es existiert jedoch eine Skizze, die auf Basis der Aussagen von Zeitzeugen erstellt wurde.

Genau dokumentiert sind die Ereignisse vom 10. November 1938. Bereits zuvor hatte es Ausschreitungen gegen Juden in Düsseldorf gegeben. Am Morgen nach der Reichspogromnacht brannte gegen 10.30 Uhr auch in Benrath das jüdische Gotteshaus. „Der Angriff fand – anders als die meisten Schadtaten dieser Tage – bei hellem Tageslicht statt, die Benrather standen vor den Flammen“, berichtet Sauer.

Auch die Feuerwehr war vor Ort, hatte jedoch strikte Anweisungen, nur einzuschreiten, wenn das Feuer auf die Nachbarhäuser übergreifen sollte. Im Anschluss wurden jüdische Geschäfte verwüstet worden, privates Mobiliar von Juden hatten die Nazis in das Martinsfeuer auf dem Benrather Marktplatz geworfen.

Nachdem die Synagoge niedergebrannt worden war, wurde die jüdische Gemeinde damit beauftragt, die Trümmer auf eigene Kosten zu entfernen, da diese das Ortsbild „erheblich verschandelten“, wie es damals hieß. Da der Gemeinschaft die Mittel dazu fehlten, wurde das Grundstück arisiert, also zu einem sehr geringen Preis an die deutschen Nachbarn verkauft. „An dieser Stelle ist nicht mehr dokumentiert, was an der Friedhofstraße weiter geschehen ist“, sagt Sauer nach einem Blick in seine Akten. 1988, 50 Jahre nach der Reichspogromnacht, brachte die Bezirksvertretung 9 eine Gedenktafel am Standort der ehemaligen Benrather Synagoge an.

Nun also wurden die Reste des Gebäudes auf dem Baugelände der heutigen Fiedhofstraße 9 gefunden. Die laufende archäologische Untersuchung wird bei Bauvorhaben immer dann nötig, wenn es bei den Denkmalbehörden einen Verdacht auf historisch bedeutende Relikte auf dem Grundstück gibt.

Die daraus folgenden Untersuchungen verzögern die Bauarbeiten. Um die aufgefundenen Reste des Gotteshauses nicht zu zerstören, wurden die historischen Bauteile mit einem Geotextil abgedeckt und die ausgehobene Grube wieder verfüllt. Nun muss neu geplant werden, wie der Bau gestaltet werden kann, sodass die Fundstücke nicht beschädigt werden. Denkbar ist bei einem Kellerbau etwa eine Einkapselung der historischen Substanz. Wie lange sich das Projekt des nichtöffentlichen Bauträgers nun verzögert, ist unklar. Bisher ist bei der Stadt kein neuer Antrag auf Prüfung eingegangen.

 In dieser Baulücke an der Friedhofstraße wurden Reste der alten Synagoge gefunden. Seitdem steht der Bau still.

In dieser Baulücke an der Friedhofstraße wurden Reste der alten Synagoge gefunden. Seitdem steht der Bau still.

Foto: RP/Dominik Schneider

Bereits im November 2018 hatte die Bezirksvertretung 9 den ursprünglichen Bauantrag bewilligt. Geplant war der Neubau eines Mehrfamilienhauses mit 12 Wohneinheiten und im rückwärtigen Bereich des Grundstückes der Bau von drei Einfamilienhäusern und einer Tiefgarage. „Wegen der guten Lage ist das Interesse an diesem Wohnraum sehr groß“, sagt SPD-Bezirksvertreter Udo Skalnik, dessen Fraktion sich nach dem Grund für die Verzögerungen erkundigt hatte. Zu bedenken sei außerdem, dass die Baugenehmigung nach drei Jahren ihre Gültigkeit verliert. Der Antrag müsste in diesem Fall neu gestellt werden.

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