Tradition Die Kunst des richtigen Schwungs

Benrath · Die Geschwister Lina und Marius Weidner haben ein besonderes Hobby: Sie sind Fahnenschwenker.

 Die Geschwistern Lina und Marius Weidner (v.l.) lernen von Frank Moser die  Technik des Fahnenschwenkens 

Die Geschwistern Lina und Marius Weidner (v.l.) lernen von Frank Moser die  Technik des Fahnenschwenkens 

Foto: Günter von Ameln (vam)

Selbstbewusst folgen Marius und Lina den Anweisungen, stemmen die rechte Hand in die Hüfte und lassen den anderen Arm immer schneller kreisen. „Und jetzt die Acht“, lautet die Anweisung und die Fahnen der Geschwister kreisen noch schneller im Innenhof des Vereinsgebäudes der Benrather Schützenbruderschaft St. Cäcilia. Verbissen versuchen die beiden, Tempo und Synchronität aufrechtzuerhalten. Schließlich muss Anfang Juli für die großen Auftritte alles stimmen, denn als einzige Benrather Nachwuchs-Fahnenschwenker üben Marius und Lina ein besonderes Hobby aus.

„Fahne auf die linke Seite und Hände wechseln. Nicht irritieren lassen“, mahnt Frank Moser nun, der den beiden das Fahnenschwenken beibringt. Seit sieben Jahren ist der 14-jährige Marius schon als Fahnenschwenker aktiv. Seine 9-jährige Schwester folgte ihm vor einem Jahr. Doch was bewegt die beiden, sich fürs Fahnenschwenken zu interessieren?

„Ich habe mal bei Papa das Schwenken ausprobiert. Er ist auch Fahnenschwenker“, sagt Marius. Das Fahnenschwenken sei eine super Art von Sport mit langer Tradition, erklärt er. „Die meisten Klassenkameraden denken, dass Schützen nur trinken und feiern“, sagt der 14-Jährige. „Jeder, der über das Hobby lacht, sollte es mal selbst ausprobieren.“ Denn das Fahnenschwenken ist durchaus anspruchsvoll.

Entstanden ist die alte Tradition der Schützen aus der Idee, mit dem Schwenken der Fahne beim Angriff durch feindliche Truppen ein Signal zu geben. Die erste Benrather Schützenfahne wurde vor ungefähr 120 Jahren entworfen. Seit den 1970er Jahren bekam die Schützenbruderschaft immer mehr Fahnenschwenker. Mittlerweile sind es insgesamt acht.

Doch die jüngsten sind Marius und Lina, die sich nun am Rückenschlag üben, bei dem die Fahne um den eigenen Oberkörper kreist. „Das finde ich echt schwierig“, sagt Lina, die die erste weibliche Fahnenschwenkerin in der Geschichte der Schützenbruderschaft ist. Ihr großer Bruder hat den Rückenschlag dagegen bereits seit vielen Jahren geübt. „Den Fußschlag finde ich viel schwieriger“, sagt er während er gebückt versucht, die Fahne ganz nah über dem Boden kreisen zu lassen.

„Einmal habe ich aus Versehen einen Radfahrer vom Rad geholt, der mich beim Schwenken überholen wollte“, erzählt Marius von seinem bisher einzigen kleinen Unfall. „Fehlerfrei ist keiner von uns“, sagt Moser. Doch die Fahnenschwenker nehmen es mit Humor: Jeder zählt seine Fehler während der Schützentage. Derjenige mit den meisten gibt ein Getränk aus – für Marius und Lina natürlich ein alkoholfreies.

Im Innenhof des Vereinsgebäudes probiert Marius nun das Fahnenwerfen. Gekonnt fängt er die Fahne und schwenkt sie wieder durch die Luft. Teil des historischen Fahnenschwenkens ist diese Figur nicht. Sie gehört zum sogenannten sportlichen Fahnenschwenken. „Bei den Jüngeren steht sowieso der Spaß im Vordergrund“, erklärt Frank Moser. Denn es sei schwierig, jüngere Generationen für die alte Schützentradition zu begeistern.

„Koordinierung und Tempo kommen erst später, während des Wachstums“, sagt Moser. Zudem seien Kraft und Geschicklichkeit wichtig für die großen Anlässe. Bei der Krönung, vor der Kirchenparade und nach der Proklamation – rund um das Schützenwochenende ist jede Position und Anzahl der Schläge für die Benrather Fahnenschwenker vorgegeben. Dann muss die Fahne passend zum Fahnenwalzer geschwenkt werden. Vor allem beim ersten Umzug habe er Herzklopfen gehabt, sagt Marius. Für ihn steht fest: „Mein 20-jähriges Fahnenschwenker-Jubiläum möchte ich auf jeden Fall feiern.“

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