Benrath Ein Besuch führt zurück in die Schulzeit

Benrath · Sarah Gilbert wechselte wegen des Berufs ihres Vaters ständig die Schulen. 1950 besuchte sie das Benrather Lyzeum. Jetzt ging es für die Britin zurück in die Vergangenheit.

 Sarah Gilbert an ihrer alten Wirkungsstätte mit ihrem Abgangszeugnis. Leider wurde sie damals nicht versetzt.

Sarah Gilbert an ihrer alten Wirkungsstätte mit ihrem Abgangszeugnis. Leider wurde sie damals nicht versetzt.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Ihre Zeit als Kind im Nachkriegsdeutschland beschäftigt Sarah Gilbert besonders intensiv. Die Tochter des englischen Lieutenant Colonel Paul Postlethwaite kam 1938 im damaligen Ceylon zur Welt. Gemeinsam mit ihrem Mann Rodney bereist die vitale 79-Jährige heute Stationen ihrer durch die ständigen Versetzungen ihres Vaters bedingten unsteten Kinderzeit. Gestern stattete sie dem Schloss, in dessen Ostflügel einst das Benrather Schloß-Lyzeum untergebracht war, einen Besuch ab. Schlossherr Stefan Schweizer ließ es sich nicht nehmen, seine Gäste durch die ehemaligen Schulräume, in denen heute das Gartenkunstmuseum untergebracht ist, zu führen.

Obgleich das von Oberstudiendirektor Helmut Lauffs unterzeichnete Abgangszeugnis der damals Elfjährigen eine Nichtversetzung in die Quarta (7. Klasse) attestierte, fühlte sie sich am Lyzeum wohl. Der Unterricht fand damals abwechselnd mit den Jungen des Schloß-Gymnasiums statt- wöchentlich mal vormittags, mal nachmittags. "Ich war nach Schulbesuchen in Göttingen, Dortmund und Mönchengladbach zum ersten Mal an einer deutschen Schule richtig glücklich, fühlte mich anerkannt, bestens aufgehoben und hatte auch viel Spaß mit meinen Mitschülerinnen", erzählt Sarah Gilbert. Die Lehrer hätten stets versucht, einen individuell wahrzunehmen. Von Resten der Nazi-Ideologie habe sie nichts verspürt. Ihre Familie wohnte in einem herrschaftlichen Haus an der Buchenstraße 11 in Reisholz und ihr Schulweg, sofern sie keinen Bus nutzte, führte sie entlang der Bahnstrecke.

Wie gut der Zusammenhalt in der Klasse war, beweist ein handschriftlicher Genesungsbrief ihrer Lehrerin Lotte Medenwald auf einem offiziellen Briefbogen der Schule, auf dessen Rückseite alle Klassenkameradinnen unterschrieben hatten.

Unvergesslich habe sich der Winter in ihre Erinnerung eingegraben, als der Weiher zugefroren war und alle Kinder sich schlitternd auf dem Eis tummelten. Umso trauriger war sie, als sie sich von ihren Freundinnen wegen der nicht erfolgten Versetzung verabschieden musste.

Kurios waren die Gründe, nämlich ein Mangelhaft in Deutsch, was nicht weiter verwundern würde, allerdings auch ein Mangelhaft in Englisch, und das als einzige englische Schülerin in der Klasse. "Unsere Eltern, insbesondere meinen Vater, der als Ingenieur ständig unterwegs war, haben meine Geschwister und ich nur sehr selten gesehen, und unsere Kindermädchen sprachen selten Englisch", erinnert sich Sarah Gilbert. "Da blieben grammatikalische oder orthografische Schwächen nicht aus", erklärt sie mit einem Schmunzeln.

Die Trennung von ihrer Klasse wäre jedoch ohnehin erfolgt, denn der nächste Schulwechsel stand an, ein Ursulinen-Konvent im belgischen Thildonck, nahe Wespelaer.

(RP)
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