Benrath Ein Atelierhäuschen erzählt Geschichte

Benrath · Rund um das Benrather Rathaus liegt der zehnte Düsseldorfer Denkmalbereich. In ein paar Wochen wird die Satzung wirksam. Bei der Auslage sind keine Bürger-Bedenken gekommen. Ein Besuch in einem besonderen Denkmal.

 Armin Himmelrath, Eigentümer des Ateliers von Architekt Ernst Judick, und Elke Janßen-Schnabel, beim LVR-Amt für Denkmalpflege die für Denkmalbereiche zuständige Referentin. Sie hat auch das Gutachten über das Rathaus-Viertel geschrieben, auf dem nun die Denkmalbereichssatzung fußt.

Armin Himmelrath, Eigentümer des Ateliers von Architekt Ernst Judick, und Elke Janßen-Schnabel, beim LVR-Amt für Denkmalpflege die für Denkmalbereiche zuständige Referentin. Sie hat auch das Gutachten über das Rathaus-Viertel geschrieben, auf dem nun die Denkmalbereichssatzung fußt.

Foto: Olaf Staschik

Unter einem Gartenhäuschen würde man sich eigentlich etwas Profaneres vorstellen als solch ein schmuckes Gebäude im neugotischen Stil, das in einem Hinterhof an der Kappeler Straße steht. Rund 65 Quadratmeter groß ist die darin gelegene, lichtdurchflutete Wohnung mit ihren hohen, stuckverzierten Wänden.

Wie kann man nur freiwillig aus so einer schönen Wohnung ziehen?, fragt sich der Trupp Denkmalinteressierter, der durch die leergeräumten Zimmer schlendert. Der ausziehende Mieter hat gleich zwei Gründe parat, warum er sich nach zwei Jahren eine neue Bleibe gesucht hat, zum einen sitze man in diesem Innenhof ein wenig auf dem Präsentierteller, zum anderen bekomme man die Wohnung nicht so richtig durchgeheizt.

Was für eine Memme, mag sich da der denken, der ein paar Minuten nach der Wohnungsbesichtigung einer alten Familiengeschichte von Armin Himmelrath lauscht. Er und seine Schwester haben nicht nur das Gartenhäuschen, sondern auch das an der Straße stehende dazugehörige denkmalgeschützte Haus geerbt. Sie sind Nachfahren von Erich Müller, genauer gesagt seine Ur-Enkel. Nach Müller ist in Benrath sogar eine Straße benannt, deswegen ist er immer noch in aller Munde. Wohl aber nur Geschichtsinteressierten wird er bekannt sein. 1958 geboren war Erich Müller Kommerzienrat und Mitbegründer der "Rheinischen Gerbstoff- und Farbholzextrakt Gebrüder Müller AG". Seine Großspende machte den Bau der Dankeskirche erst möglich.

Doch zurück zu seinem Nachfahren Armin Himmelrath. Seine Großmutter, eine geborene Müller - ihr Mann starb 1947 an einer Kriegsverletzung - vermietete 1950 das "Gartenhäuschen" an fünf Studenten der Werkkunstschule. Die waren auch deswegen die perfekten Mieter, weil das Atelierhäuschen zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch dem Architekten Ernst Judick als Büro gedient hatte.

Judick war maßgeblich an der Planung der "Villencolonie Rhein-Flora" beteiligt. Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte Benrath seine Blützeit. Auf einem von den Privatleuten (Unternehmer Karl Pritschau/Eheleute Goergens) an die Stadt Benrath geschenkten Grundstücks wurde das Rathaus gebaut. Das umliegende Areal vermarktete Pritschau als das Villengebiet "Rhein-Flora". Er engagierte mehrere Architekten, darunter Ernst Judick. Innerhalb weniger Jahre entstand mit dem Rathaus im Mittelpunkt entlang der Benrodestraße, Kappeler Straße und Sophienstraße schmucke Stadthäuser.

Ein paar Jahre später kam die Bautätigkeit zum Stillstand. 1909 entschied sich, dass Benrath keine Stadtrechte erhält. Ein Schlag für die Gemeinde. Im gleichen Jahr kaufte diese der preußischen Königsfamilie das Schloss ab, um es vor einem geplanten Abriss zu schützen. Doch damit hatten die Stadtväter kein Geld mehr für andere Projekte. Es ist vor allem dieser besondere zeitlich beschränkte Bau-Boom - die "gebaute Momentaufnahme" - der das Viertel für die Denkmalschützer so besonders macht und weswegen es nun ein ganzer Denkmalbereich wird. Baulücken wurden in den 1920er Jahren und in der Nachkriegszeit gefüllt. 30 Einzel-Denkmäler gibt es in dem Bereich, der zwischen Benrather Schlossallee, Marbacher Straße, Schlossparkstraße Benrather Rathausstraße, und Kappeler Straße verläuft.

Doch noch einmal zurück zu den Studenten: Davon, dass es denen im Judick-Atelier zu kalt war, erfuhr man nichts. Wohl aber, dass einer der Fünf ein Auge auf die verwitwete Dame des Hauses geworfen hatte, sie ehelichte und dann ins wahrscheinlich doch besser geheizte Haupthaus umzog. Und so atmen die Häuser innerhalb der neuen Denkmalbereichssatzung nicht nur Geschichte - es gibt auch viele Geschichten zu erzählen.

(RP)
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