60 Millionen Euro Neuer Glanz für das alte Benrather Schloss

Benrath · Für 60 Millionen Euro wird das Lust- und Jagdschloss von Kurfürst Carl Theodor im Süden Düsseldorfs in den nächsten 15 Jahren saniert. Mit einem Teil des Geldes sollen das Umfeld und die Ausstattung für die Besucher verbessert werden.

Das ist das Benrather Schloss in Düsseldorf
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Foto: Friedemann Fey

Es ist einfach ein Prachtstück, das Benrather Schloss mit seinem Haupthaus und seinen beiden Nebenflügeln. Im Westflügel ist das Naturkundemuseum untergebracht und im Ostflügel das Gartenkunstmuseum. Zum Ensemble des Lustschlosses gehören zudem die beiden Zweckgebäude neben den Flügeln, auf der einen Seite das Schlosscafé und auf der anderen Seite die Besucherinformation, die Orangerie, der Marstall sowie die kleine Schlosskapelle. Erbaut wurde es als Jagd- und Lustschloss zwischen 1755 und 1773 unter der Leitung von Nicolas de Pigage (1723–1796) im Auftrag des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz.

Weil das denkmalgeschützte Ensemble mitsamt seinem Jagdpark, den Weihern und dem Kanalsystem als bedeutendes architektonisches Gesamtkunstwerk gilt, soll es in den nächsten 15 Jahren für 60 Millionen Euro komplett saniert werden, damit es die Besucher auch in den nächsten Generationen weiter in den Bann zieht.

Alleine schon das Haupthaus, das Corps de Logis, lohnt einen Besuch, es kann allerdings nur mit einer Führung besichtigt werden. Wer mehr sehen will als die Tanzsäle und Schlafgemächer, sollte unbedingt die Führung „Verborgene Räume“ mitmachen. Hier werden den Besuchern versteckte Dienertreppen sowie die vier ehemaligen Gästeappartements vorgestellt, und sie bekommen einen Einblick in den Alltag des Dienstpersonals sowie der adligen Bewohner zur damaligen Zeit.

Zum Wohl und zur Behaglichkeit der Herrschaft sollten die Arbeiten möglichst im Verborgenen stattfinden. Auch heiraten kann man im Schloss und sich dabei für eine halbe Stunde wie die Kurfürstin Elisabeth Auguste fühlen.

Kurfürst Carl Theodor (1724-1799) kam zwar Zeit seines Lebens nicht in den Genuss, dort auch nur eine einzige Nacht zu verbringen, nichtsdestoweniger musste er seine Privatschatulle weit aufmachen: 1,2 Millionen Gulden – nach heutiger Rechnung rund 50 Millionen Euro – kostete ihn der Bau. „Neben den politischen Motiven, im Rheinland Flagge zeigen zu wollen, hatte Carl Theodor auch sicherlich persönliche Motive:

Als junger Fürst wollte er für sich selbst und seine Ehefrau Elisabeth Auguste einen Ort schaffen, der Erholung von der Regierungsarbeit, Zerstreuung durch Jagdgesellschaften und ländliche Feste ermöglichte“, schreibt die Düsseldorfer Historikerin Inge Zacher in einem Kapitel zum 1999 erschienenen Buch „Lebenslust und Frömmigkeit“ über den Kurfürsten.

Trotz all seiner rosafarbenen Herrlichkeit hat eines nicht geklappt: ein Eintrag als Weltkulturerbe. Dieser Wunsch war im Jahr 2000 zur Gründung der Stiftung Schloss und Park Benrath sogar als Stiftungsauftrag in das Vertragswerk geschrieben worden. Im Sommer 2012 blieb die Bewerbung schon an der ersten Hürde hängen: bei der Auswahl der NRW-Bewerber für die deutsche Vorschlagsliste.

So hieß es damals in der Begründung: „Die Jury würdigt das denkmalpflegerische Engagement des Antragstellers. Einzelmonumente stellen allerdings die am häufigsten vertretene Kategorie auf der Welt-Erbeliste dar. In Deutschland sind bereits zwei unmittelbar vergleichbare, barocke Lust- und Jagdschlösser gelistet (Anm.d. Red. in Würzburg und in Brühl). Barockschlösser aus anderen Ländern wurden ebenfalls in die Welterbeliste eingetragen. Generell erscheint der einzigartige, universelle Wert des Nominierungsvorschlags deshalb nicht ausreichend begründbar.“

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Foto: dpa/Christoph Reichwein

Spätestens seit Schwetzingen mit der Bewerbung seines Barockschlosses – das dem Kurfürsten tatsächlich als Sommersitz diente – 2012 auf internationaler Ebene gescheitert ist, ist das Thema Aufnahme in die Weltkulturerbeliste der Unesco bei der Stiftung Schloss und Park Benrath passé.

Doch sei’s drum; Welterbe oder nicht. Der Anziehungskraft des Schlosses weit über die Düsseldorfer Stadtgrenzen hinaus, tut das keinen Abbruch. Damit sich noch viele Generationen an dem architektonischen und landschaftsgärtnerischen Schmuckstück erfreuen können, geben Bund, Land und die Stadt Düsseldorf, aufgesplittet auf die nächsten 15 Jahre, zusammen 60 Millionen Euro.

In diesem Jahr wird noch geplant, ab 2020 geht endlich das Geldausgeben los. Bis alles fertig ist, ist dann auch 2034. Alle Arbeiten werden im laufenden Betrieb vorgenommen, deshalb auch die lange Zeitspanne. Eine Alternative wäre gewesen, das Schloss für drei Jahre für die Öffentlichkeit zu schließen. Das wollten die beiden Vorstände der Stiftung, Nicolas Maas und Stefan Schweizer, keinesfalls. Sie wurden vom Stiftungskuratorium im Oktober 2013 ins Amt gehoben. Im Herbst 2020 steht ihre Wiederwahl an.

Nach der Sanierung soll das Schloss im neuen Glanz erstrahlen. Ob allerdings beim Anstrich der Farbton genommen wird, den das Schloss zu seiner damaligen Zeit hatte, das ist noch unklar. Denn zu seinem berühmten Rosa verhalf vor allem der Zahn der Zeit. Die 60 Millionen reichen zwar aus, um mehr zu machen als den neuen Farbanstrich, doch das gesamte Geld ist schon fest verplant: An vielen Ecken gibt es Feuchteschäden, Dächer müssen neu gemacht werden, Auflagen zum Brandschutz erfüllt werden, neue Fenster im Westflügel müssen her, zu klären ist, wie das Schloss barrierefreier werden kann, und, und, und. Zudem gibt es viele kleinere Arbeiten zu erledigen. Was genau, steht in einem Schadenskataster, der bereits 2015 aufgestellt wurde.

Ein Teil des Geldes fließt in Maßnahmen, die die Besucherzahlen erhöhen sollen. Die Aufenthaltsqualität soll gesteigert werden. Dazu gehört auch, dass Besucher in der Nähe des Schlosses schnell und bequem einen Parkplatz finden. Dazu ist ein Verkehrsleitsystem unerlässlich. Gleiches gilt für Besucher, die mit dem ÖPNV kommen. Beim Verlassen des Bahnhofes muss sofort klar sein, wo das Schloss liegt und in wie viel Minuten man zu Fuß hin gelangt. Natürlich soll auch an Radfahrer gedacht werden. Das Schlosscafé soll innen neu gestaltet werden und auch die Außengastronomie bekommt ein modernes Erscheinungsbild. Ein wesentlicher Punkt ist die Modernisierung sowohl des Gartenkunst- als auch des in die Jahre gekommenen Naturkundemuseums.

Das Naturkundemuseum, das im westlichen Flügel des Schlosses untergebracht ist, wurde 1929 von Studienrat Heinrich Opladen als Naturkundliches Heimatmuseum gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die ausgelagerten Bestände des Museums zurückgeführt werden, im Oktober 1946 wurde es wiedereröffnet. 1952 wurde das Museum restauriert und die Ausstellungsfläche auf 800 Quadratmeter erweitert.

Böse Zungen behaupten, dass seitdem nichts passiert ist. Auch wenn das nicht ganz so stimmt, gibt es einen erheblichen Sanierungsstau. Wohin die Reise inhaltlich hin geht, soll auch der neue Leiter des Museums mit festlegen. Die Stiftung hat das Auswahlverfahren für die Besetzung dieser Stelle abgeschlossen und sich gerade für einen Bewerber entschieden. Wann dieser anfängt, hängt von dessen Kündigungsfrist ab.

In der Stiftung gibt es einen eigenen Projektsteuerer. Zudem verfügt sie über Mitarbeiter sowohl im kaufmännischen als auch im technischen Gebäudemanagement. Weil das so ist, hat der Stadtrat gestern einstimmig die Übertragung des Gebäudeunterhalts und der Instandhaltung auf die Stiftung beschlossen. Das war nötig, um an die Fördermittel in Höhe von zusammen 40 Millionen Euro von Bund und Land zu kommen. 20 Millionen fließen, unterteilt in jährliche Tranchen, bis 2034 von der Stadt. Macht zusammen besagte 60 Millionen Euro, die Nicolas Maas mit Unterstützung des Düsseldorfer Parteivorsitzenden der SPD, Andreas Rimkus, 2016 an Land gezogen hat.

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Foto: lulugraphie.de

Schloss und Park sind ein Gesamtkunstwerk. Die Erarbeitung eines Parkpflegewerkes für den Schlosspark wurde in enger Abstimmung mit der Stiftung im November 2018 durch das Gartenamt beauftragt. „Aufgrund der Größe und Komplexität der historischen Parkanlage ist eine Bearbeitungszeit von rund eineinhalb Jahren erforderlich, während der auch eine Bürgerbeteiligung und verschiedene Formate zur Bürgerinformation vorgesehen sind. Den zuständigen politischen Gremien wird das fertiggestellte Parkpflegewerk voraussichtlich Ende 2020 zum Beschluss vorgelegt“, heißt es auf Anfrage vom zuständigen Gartenamt. Innerhalb der Generalsanierung soll es auch dort Maßnahmen geben, die die Aufenthaltsqualität verbessern sollen. Unter anderem könnte es einen neuen Spielplatz geben.

Daran dachte Nicolas de Pigage im November 1755 wahrlich nicht, als es in Benrath mit dem Bau losging. Zunächst ließ er das baufällige Wasserschloss abreißen, nur die Kapelle und ein Seitentrakt, die Orangerie, blieben erhalten. Zeugnisse des alten Schlosses findet man noch in Fresken, Stuckaturen und Kaminen in Räumen der Orangerie und an einem Altar in der Kapelle.

Von den 18 Jahre dauernden Arbeiten für das Lust- und Jagdschloss sind nur wenige Baudaten überliefert, doch noch heute kann man den Geist der Zeit erkennen: Viele Qualitäten, die den Bau von Schloss Benrath auszeichnen, verbinden sich mit Ideen der Aufklärung. Es wird auf Monumentalität und eine prunkvolle Ausstattung verzichtet, stattdessen herrscht in den Räumen eine schlichte Eleganz, eine „noble simplicité“, der die frühklassizistischen Formen sehr entgenkamen, heißt es in dem Buch „Lebenslust und Frömmigkeit“: Und: „Das beherrschende Thema des Dekors ist die Natur, die – ausgehend von vier Elementen, das Schloss, seine Gärten und die Landschaft als Einheit erfasst.“

Schade eigentlich, dass Kurfürst Carl seine Zeit lieber weiter südlich von Düsseldorf verbrachte. Die interessantesten Köpfe der Epoche zog er an seinen Hof, den Philosophen Voltaire, den weltgewandten Freigeist Casanova, den Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. Im Winter residierte der illustre Hofstaat im Mannheimer Schloss, in den Sommermonaten zog ein erlauchter Kreis der höfischen Gesellschaft hinaus ins landschaftlich reizvoller gelegene Schwetzingen.

Auch wenn der Kurfürst im Benrather Schloss kein einziges Mal sein Haupt zum Schlaf niederlegte, wurde es im Laufe der Jahre doch genutzt: Von 1806 bis 1813 war Schloss Benrath offizielle Residenz der Großherzöge von Berg und Kleve. Nach den Befreiungskriegen und den Verhandlungen auf dem Wiener Kongress ging das Schloss 1815 in preußischen Besitz über. Friedrich Wilhelm III. stellte das Gebäude 1821 seinem Neffen Friedrich Wilhelm Ludwig von Preußen in dessen Funktion als Divisionskommandeur und seiner Frau, Prinzessin Luise, zur Verfügung.

Nach 1852 nutzte es Karl Anton Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen als Sommerresidenz. Zehn Jahre später bat sein Sohn, Erbprinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, den nun regierenden Wilhelm I., das Schloss beziehen zu dürfen, was ihm Ende 1862 genehmigt wurde. Bevor dieser einziehen konnte, musste es saniert werden, da viele Jahre lang kein Geld in die Bauunterhaltung gesteckt worden war. Erst 1870 waren diese Arbeiten abgeschlossen. Die Prinzenfamilie bewohnte Schloss Benrath bis 1875. Im September 1884 gab es den letzten hochherrschaftlichen Übernachtungsbesuch: Kaiser Wilhelm I. residierte dort für rund einen Monat. Noch bis 1896 nutzte das preußische Militär den Ostflügel und die Stallungen.

Dann geriet das Schloss für ein paar Jahre in Vergessenheit, bis die Preußische Krone 1907 die Idee hatte, das im Unterhalt teure Schloss abzureißen und dort eine Wohnsiedlung hinzubauen. Wenn das so geschehen wäre, hätte Düsseldorf eine Attraktion weniger. Doch dagegen wehrten sich die Benrather Bürger vehement, allen voran ihr Bürgermeister Julius Melies. Und so gelang es, den Preußen das Schloss abzukaufen.

1,5 Millionen Mark wurden auch mit Hilfe des Unternehmers Fritz Henkel aufgetrieben. Am 4. Oktober 1911 wurde der Kaufvertrag abgeschlossen. Mit der Eingemeindung Benraths vor 90 Jahren ging das Schloss in den Düsseldorfer Besitz über. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Schloss relativ unbeschadet; schon in den 1950er und 1970er Jahren wurde saniert, allerdings nicht immer fachmännisch. Und auch seit der Gründung der Stiftung wurde gerade das Notwendigste gemacht, das karge Budget gab nicht mehr her.

Doch mit den 60 Millionen kann das Schloss nun endlich richtig in Schuss gebracht werden

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