Pflege Caritas zieht sich aus dem Süden zurück

Düsseldorf-Süd · Die ambulante Pflege wird umstrukturiert. Viele Patienten im Düsseldorfer Süden bekommen jetzt die Kündigung.

 Patienten zu Hause zu versorgen ist mit viel Aufwand verbunden und bei einer langen Anfahrt oft nicht rentabel. Die Caritas reagiert darauf.

Patienten zu Hause zu versorgen ist mit viel Aufwand verbunden und bei einer langen Anfahrt oft nicht rentabel. Die Caritas reagiert darauf.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Am vergangenen Donnerstag bekam der 76-jährige Hellerhofer Dieter Hess Besuch von zwei Vertretern der Caritas. Nichts ungewöhnliches, denn seit drei Jahren werden Hess und seine Frau von dem Hilfswerk betreut und ambulant gepflegt. Doch diese Caritas-Mitarbeiter kamen nicht, um Hess’ 75-jähriger Frau wie jeden Morgen bei der Körperpflege zu helfen, sondern hatten ein Kündigungsschreiben dabei. Die „kontinuierliche pflegerische Versorgung“ des Ehepaares Hess sei nicht mehr zu gewährleisten, heißt es in dem Papier.

Der katholische Wohlfahrtsverband Caritas muss seine Arbeit im Düsseldorfer Süden weitgehend umstrukturieren. Als Grund dafür werden wirtschaftliche Zwänge genannt. Gerade die ambulante Pflege, also die Unterstützung hilfsbedürftiger Patienten in deren eigener Wohnung, arbeite seit Jahren defizitär, wie es in einer Erklärung heißt. Dies liege auch an den überdurchschnittlich hohen Löhnen, die die Caritas im Vergleich zu einigen anderen Trägern zahle. Gerade bei Fahrten in entlegene Stadtteile – Dieter Hess und seine Frau wohnen beispielsweise in Hellerhof – stehen die Fahrtzeiten der Pflegekräfte in keinem Verhältnis zur eigentlichen Arbeitszeit. „Für zwei Patienten eine halbe Stunde durch den Stadtverkehr fahren zu müssen, ist wenig effizient“, sagt Caritas-Sprecherin Stephanie Agethen

Deswegen sieht sich die Caritas gezwungen, ihre ambulante Pflege ab Mai umfassend neu zu organisieren. So soll die ambulante Tätigkeit an die Altenzentren angegliedert und auf die dichter bevölkerten Stadtteile begrenzt werden – im Süden zum Beispiel auf Wersten. Von diesen Standorten aus können die Pflegekräfte Patienten in einem Radius von etwa 1,5 Kilometern zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen, um sie wie gewohnt zu versorgen. Außerdem können sie dann in den Einrichtungen selbst mitarbeiten. Die bisherigen Patienten, die außerhalb dieser Radien wohnen, sollen nicht mehr ambulant versorgt werden.

Die Caritas betont, dass im Rahmen dieser Neuorganisation keine betriebsbedingten Kündigungen notwendig seien. Die Entscheidung sei notwendig, den Verantwortlichen aber „keineswegs leicht gefallen“, sagt Caritasdirektor Henric Peeters.

Nicht leicht dürfte es ab dem 13. April auch für Dieter Hess und seine Frau werden. Dann endet nämlich ihr Vertrag mit der Caritas. Der Umstieg auf einen anderen Pflegedienst ist für die Senioren jedoch ein schwerer Schritt. „Wir kennen unsere Pflegerinnen seit Jahren“, sagt Hess, „wir haben ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, wie es auch nötig ist, wenn man sich derart nahe kommt.“

Hess zeigt sich entsetzt darüber, dass der Wohlfahrtsverband wirtschaftlichen Zwängen nachgeben muss. „Wir haben uns damals wegen des guten Rufes für die Caritas entschieden. Solche Maßnahmen kann sich eine so namhafte Institution eigentlich nicht erlauben.“ Für ihn bleibt nun nichts anderes übrig, als sich auf die Suche nach einem neuen Pflegedienst zu machen. Dabei sollen er und die etwa 100 übrigen Patienten, deren Pflege eingestellt wird, unterstützt werden, verspricht Sprecherin Agethen. Die Caritas führe Gespräche mit anderen Pflegediensten, um die entstehenden Versorgungslücken möglichst übergangslos zu füllen. „Wir lassen keinen Patienten allein“, versichert Agethen.

Zufrieden ist Dieter Hess dennoch nicht: „Es muss schon alles stimmen: Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, die menschliche Chemie – und natürlich muss man sich auch terminlich einigen“, sagt der Senior. Für ihn und seine Frau wird es schwer, sich von dem Pflegedienst zu trennen, mit dem sie drei Jahr lang sehr zufrieden waren.

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