Lockdown im Heimatarchiv Geschichten aus Benraths Vergangenheit

Benrath · Das Heimatarchiv recherchiert auch im Lockdown zu verschiedenen Themen aus der Vergangenheit des Stadtteils – und plant, auch die aktuelle Situation zu dokumentieren.

 Wolfgang Sauer ist Leiter des Benrather Heimatarchivs. Er erforscht Familien- und Firmengeschichten aus der Vergangenheit des Stadtteils.

Wolfgang Sauer ist Leiter des Benrather Heimatarchivs. Er erforscht Familien- und Firmengeschichten aus der Vergangenheit des Stadtteils.

Foto: RP/Dominik Schneider

Montags ist die Tür des Benrather Heimatarchivs normaler­weise geöffnet. Dann können Menschen hier vorbeischauen, um sich über die Vergangenheit des Stadtteils zu informieren und die ehrenamtlichen Mitarbeiter um Hilfe bei historischen Recherchen bitten. Seit fast einem Jahr jedoch sind die Räume weitgehend leer. Die Exponate der Ausstellung zum Thema Benrath im Dritten Reich hängen noch an den Wänden und liegen in Schaukästen. Immer montags kommt Wolfgang Sauer, Leiter des Heimatarchivs, zum Blumengießen. Doch obwohl im Archiv, dessen Räume sich direkt im Benrather Rathaus befinden, momentan wenig los ist, sind die ehrenamtlichen Lokalhistoriker in den vergangenen Monaten alles andere als untätig gewesen.

„Die Kommunikation läuft inzwischen fast ausschließlich digital, pro Woche bekommt unser Team drei, vier Anfragen, die für uns fast immer mit einem Rechercheauftrag verbunden sind“, erklärt Archivleiter Sauer. Familienforschung, eine Benrather Firmenhistorie oder sonstige Informationen aus der Vergangenheit des Stadtteils – das Heimatarchiv hilft Schülern, Studenten und Privatpersonen stets kostenlos. Vor kurzem griffen Sauer und seine Mitarbeiter auch dem WDR-Format „Hamzi`ne Frage?“ unter die Arme, als der Sender einen Beitrag zum Melies-Gedenkstein im Schlosspark produzierte.

Einer der fleißigsten Rechercheure des Heimatarchivs ist Rudolf Doll. Er hat während des Lockdowns für eine Frau aus Toronto die Lebensgeschichte ihrer aus Benrath stammenden Vorfahren aufgedeckt, derzeit beschäftigt er sich im Auftrag der Bezirksverwaltungsstelle mit der Frage nach der Herkunft mehrerer Gemälde aus dem Benrather Rathaus, bei denen die Signatur des Künstlers unleserlich ist.

Mit Spannung erwartet Wolfgang Sauer die Wiederaufnahme der Bauarbeiten an der nahe gelegenen Friedhofstraße. Dort wurden im Erdreich die Reste der ehemaligen Benrather Synagoge gefunden, seither ruhen dort die Arbeiten.

Zeitgleich schreitet die Digitalisierung des umfangreichen Archivs voran, es ist jedoch noch ein langer Weg, bis all die Dokumente auf den Computern erfasst sind. Und neben diesen Arbeiten bereitet das Team derzeit auch den bereits 20. Band der Reihe „Benrath historisch“ vor. Unter welchem Thema die nächste Ausgabe stehen wird, will Sauer jedoch noch nicht verraten.

Was Wolfgang Sauer momentan auch beschäftigt, ist die Frage, wie die aktuelle Corona-Situation in die Unterlagen des Archivs aufgenommen werden soll. „Corona ist ein einschneidendes Ereignis, auf jeden Fall müssen wir die Zeit, die wir gerade erleben, für künftige Generationen festhalten – auch auf lokaler Ebene hier in Benrath“, ist sich Sauer sicher.

Mit all diesen Aufgaben hat das zehnköpfige Team genug zu tun. Sauer wünscht sich daher Verstärkung für das Heimatarchiv. „Die meisten unserer Ehrenamtler sind um die 80 Jahre alt“, so Sauer, der früher Lehrer am Schloßgymnasium war und dort ebenfalls das Schularchiv betreut. „Wir sind alle fit und motiviert, hoffen aber, auch jüngere Leute für die Arbeit mit der Lokalgeschichte zu gewinnen.“ Zwei Mitglieder des Archivteams ziehen den Altersschnitt etwas nach unten, dennoch wünscht sich der Leiter eine weitere Verjüngung des Teams. „Wer Interesse hat, sich mit der Geschichte des Düsseldorfer Südens auseinanderzusetzen, der darf sich gern bei mir melden oder auf unserer Internetseite Kontakt aufnehmen“, wirbt Sauer.

Der Blick in die mittelfristige Zukunft macht den Archivleiter noch ein wenig nervös. Die Grundsanierung des Benrather Rathauses wurde zwar verschoben, die Pläne bestehen jedoch noch. Für das Heimatarchiv bedeutet das, dass die Sammlung mit über 25 Stahlschränken voller Dokumenten über mehrere Monate einen neuen Standort finden muss – der optimalerweise auch den Archivaren die Möglichkeit zur Arbeit und Recherche bietet. „Bisher haben wir Angebote bekommen, ein Büro im Paulsmühler Bürgerhaus und auch Lagerräume direkt gegenüber des Rathauses, aber wir würden uns freuen, wenn es eine Lösung gäbe, die uns mit kurzen Wegen ermöglicht, weiter mit dem Archiv arbeiten zu können“, so Sauer. Auch deswegen soll bis zum Auszug möglichst viel Material digitalisiert werden. Eine Zusage macht Sauer jedoch glücklich: „Alle Parteien der Bezirksvertretung sind sich einig, dass das Heimatarchiv als Teil des Benrather Rathauses erhalten bleiben soll“, so der Archivleiter erleichtert. Er hofft nun auf eine baldige Entspannung der Situation, damit auch wieder interessierte Bürger und Schulklassen die Zeugen von Benraths Geschichte sehen können, die sein Team zusammen getragen hat.

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