Benrath Barrierefreiheit endet an der Haustür

Benrath · Joachim Scheider ist Rollstuhlfahrer und zog Ende vorigen Jahres in die Klimaschutzsiedlung Am Wald. Die Wohnungen gelten als barrierefrei. Weil die Haustür nicht automatisch öffnet, kann der 67-Jährige nicht ohne Hilfe hinausfahren.

 Alleine kann der Rollstuhlfahrer die Haustür nicht öffnen. Dazu hat er nicht genug Kraft. Mit einer Hand muss er außerdem sein Fahrzeug lenken.

Alleine kann der Rollstuhlfahrer die Haustür nicht öffnen. Dazu hat er nicht genug Kraft. Mit einer Hand muss er außerdem sein Fahrzeug lenken.

Foto: Anne Orthen

Als Joachim Scheider im vorigen Sommer die Erdgeschosswohnung an der Forststraße 77 besichtigte, da war sie noch im Rohbau. "Eine Haustür gab es damals noch nicht, nur ein Provisorium", erinnert sich der 67-jährige Rollstuhlfahrer. Zwar waren die Wohnungen in der Klimaschutzsiedlung nicht als behindertengerecht ausgewiesen, aber sie seien komplett barrierefrei, erfuhr Scheider und so steht es auch heute noch auf der Internetseite der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft (SWD). Er habe gedacht, dass er sich darauf einstellen könne.

Ende vorigen Jahres zog Scheider, der an einer fortschreitenden neurologischen Krankheit leidet, in die Wohnung ein. Dabei erlebte er eine unangenehme Überraschung: Die Haustür stellte für ihn ein unüberwindbares Hindernis dar. Durch seine Krankheit hat er nicht genügend Kraft, die Tür zu öffnen. Zumal er mit einer Hand noch den Rollstuhl steuern muss.

Will Scheider das Haus verlassen, benötigt er dazu die Hilfe eines Assistenten. Eine automatische Türöffnung würde sein Problem lösen. Solche eine automatische Türöffnung gebe es für die Zufahrt der Tiefgarage. Warum also nicht auch für ihn als Rollstuhlfahrer?, fragt Scheider. Er ärgert sich darüber, dass bei der feierlichen Eröffnung der Klimaschutzsiedlung wiederholt betont wurde, dass dort das Soziale eine wichtige Rolle spiele. "Diesen Anspruch muss man dann auch erfüllen", findet er.

Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft, an die er sich mit diesem Anliegen wandte, erklärte, dass die Wohnungen eben nicht behindertengerecht seien. Das hätte Scheider vorher wissen können, wenn er sich bei ihnen danach erkundigt hätte. "Er hätte im Detail absprechen müssen, was er braucht", meint auch Verbraucherschützerin Beate Uhr. Denn mit dem Begriff "Barrierefreiheit" sei kein einheitliches Konzept verbunden. "Es gibt rollstuhlgerechte und und es gibt altengerechte Wohnungen, für sie gelten unterschiedliche Normen", sagt Uhr.

Scheider dagegen stützt sich bei der Frage, was Barrierefreiheit bedeutet, auf das Behindertengleichstellungsgesetz. Danach spricht man von barrierefrei, wenn bauliche und sonstige Anlagen "für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind" (§4). Beim Mieterverein hält Geschäftsführer Michaelo Damerow den Einbau einer automatischen Tür auf Kosten des Mieters zumindest für rechtlich möglich.

Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt Jürgen Heddergott, Geschäftsführer der SWD, schließlich seine ablehnende Haltung. Er habe in anderen Objekten bereits schlechte Erfahrungen mit den automatischen Türen gemacht. "Sie sind wartungs- und reparaturanfällig." Auf diese Weise entstünden meist hohe Folgekosten. Außerdem befürchtet er, dass der Einbau einer automatischen Tür am Eingang weitere Umbauten, sei es im Keller oder an der Wohnungstür, nach sich zögen.

Laut Heddergott sei aber die Wohnberatung im Wohnungsamt aktiv geworden. So habe die SWD für sie drei Angebote für entsprechende Türen eingeholt. Es werde geprüft, ob Fördermittel für den Einbau der automatischen Tür und die Wartungskosten möglich seien, heißt es beim Amt für Wohnungswesen.

(RP)
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