Kunst in Düsseldorf Neue Karriere als Künstler nach Burn-out

Düsseldorf · Sebastian Müller-Soppart ist in Düsseldorf aufgewachsen und hat international in der Werbebranche gearbeitet. Nun hat er sein Leben neu geordnet.

 Sebastian Müller-Soppart (vorn) beschäftigt sich künstlerisch mit dem Verlust von Lebensräumen und Umweltverschmutzung. Galerist André Schnaudt (hinten) stellt einige dieser Upcycling-Bilder aus.

Sebastian Müller-Soppart (vorn) beschäftigt sich künstlerisch mit dem Verlust von Lebensräumen und Umweltverschmutzung. Galerist André Schnaudt (hinten) stellt einige dieser Upcycling-Bilder aus.

Foto: Holger Lodahl

Ölgemälde mit Landschaftsmalereien gelten vor allem bei jungen Menschen als unmodern. Häufig werden die Bilder auf Trödelmärkten für wenig Geld angeboten oder sie verstauben auf Dachböden. Sebastian Müller-Soppart hat sich auf diese Werke spezialisiert, um in Düsseldorf seine Laufbahn als freischaffender Künstler zu starten. Indem der 54-Jährige die Motive mit Sprühfarbe bearbeitet, gibt er ihnen eine moderne Aussage und eine neue Optik. Das funktioniert ganz gut. In einer kleinen Ausstellung sind die Bilder zurzeit in der Part2Gallery in der Altstadt zu sehen.

„Häufig ist bei den Öl-Bildern kaum mehr nachzuvollziehen, wer der Maler war oder welche Landschaft auf dem Bild genau zu sehen ist“, sagt Müller-Soppart. Seine Idee: Er überdeckt das Abgebildete teilweise mit weißer oder schwarzer Sprühfarbe. So zerschneidet er Details wie Berge, Wiesen und Seen in zwei Hälften, ein Stück bleibt unter der neu aufgetragenen Farbe für immer verschwunden. „Ich möchte künstlerisch darstellen, dass auch in unserer echten Natur der Lebensraum für Pflanzen und Tiere immer enger wird und für immer verloren geht“, sagt er. Auch jenseits von zerstörter Natur macht er durch seine Kunst auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Missstände aufmerksam. Das unbekannte Motiv eines Mannes, der von seinem Fenster auf Früchte und Nüsse blickt, hat Müller-Soppart mit in sich überschneidenden Begriffen aus der Kryptowährung neu gestaltet, „um auszudrücken, dass diese digitalen Vermögenswerte verwirrend und dezentralisiert sind.“

Bisher hat er ungefähr 65 Werke fertiggestellt. Die meisten von ihnen befassen sich mit Entwaldung, Verlust von Lebensräumen und Meeresverschmutzung. Die Idee zu diesem künstlerischen Konzept hatte Müller-Soppart schon im Jahr 2011. Er arbeitete noch international als Grafikdesigner in Chicago, Argentinien, Mexiko, Brasilien und Kanada. Aufgewachsen ist er in Düsseldorf unter anderem in Stockum, wo er zur Schule ging. Als Junge wurde er Nachwuchsspieler bei der Düsseldorfer Eislaufgemeinschaft (DEG). Bis er 19 Jahre alt war, konnte er mit dem Team fünf deutsche Meistertitel holen. Eine Verletzung beendete die Sportler-Karriere und er begann in Paris ein Studium, dem eine Grafikdesign-Karriere folgte. Er heiratete, wurde Vater und arbeitete viele Jahre in den Vereinigten Staaten, sodass er die US-Staatsbürgerschaft erhielt. Als die Corona-Pandemie begann, kam er nach Deutschland zurück und war in einer Firma für 50 Mitarbeiter verantwortlich. Aber diese neue Aufgabe ging nicht gut. „Zu viel und sehr unbefriedigende Arbeit war das“, erzählt er. Das Ergebnis dieser stressigen Zeit war ein Burn-out, ein dauerhafte emotionale, körperliche und geistige Erschöpfung. Müller-Soppart zog die Notbremse, richtete sein Leben in Düsseldorf neu aus. „Meine Heimatstadt ist wie ein Hafen, ich bin hier nun wieder zu Hause“, sagt er. Nun will er als Künstler Fuß zu fassen und hat mit dem Galeristen André Schnaudt einen Unterstützer gefunden. Er stellt einige von Müller-Sopparts Bildern in seiner Part2Gallery aus und sagt: „Er fängt mit einer Upcycling-Malerie die Kontroverse zwischen Altem und Neuem gut ein.“ Müller-Soppart will sich nun in Düsseldorf bekannter machen und Kontakte knüpfen. „Das wird sicher ihm gelingen“, da ist sich André Schnaudt sicher. „Ich jedenfalls werde ihn auch über Düsseldorfs Stadtgrenzen hinaus vertreten.“

Die Entscheidung, eine gut bezahlte Beschäftigung aufzugeben und ein Künstlerleben in finanzieller Unsicherheit zu führen, sei richtig gewesen, sagt Sebastian Müller-Soppart. „Der Tinnitus in meinem Kopf ist noch immer schrecklich nervig. Das hat mir aber geholfen, unsere gängige Definition von Erfolg zu hinterfragen. Ich tausche Geld gegen Freiheit und Macht gegen Sinn.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort