Kunden zahlen kein Verwahrentgelt Düsseldorfer Stadtsparkasse kündigt weiteren Kunden wegen Negativzinsen

Düsseldorf · Immer mehr Kunden müssen die so genannten Verwahrentgelte zahlen. Für diese senken die Banken in Düsseldorf die Guthabengrenzen noch weiter und gehen unterschiedlich strikt bei der Durchsetzung vor.

 Das Hochhaus der Stadtsparkasse Düsseldorf an der Berliner Allee. Das Geldinstitut verwaltet rund 262.000 private Girokonten.

Das Hochhaus der Stadtsparkasse Düsseldorf an der Berliner Allee. Das Geldinstitut verwaltet rund 262.000 private Girokonten.

Foto: Michael Lübke

Die Stadtsparkasse setzt ihren konsequenten Kurs bei der Einführung von Negativzinsen fort. Nun haben weitere Kunden die Kündigung erhalten, die sich nicht mit den sogenannten Verwahrentgelten von minus 0,5 Prozent pro Jahr auf Giro- und Tagesgeldkonten einverstanden erklärt haben, wie die Stadtsparkasse auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt.

In einer ersten Runde hatte die Stadtsparkasse, die rund 262.000 private Girokonten verwaltet, im vergangenen Jahr 1825 Kunden angeschrieben, die jeweils über Guthaben von mehr als 250.000 Euro verfügten. 35 Kunden bekamen wegen zunächst ausbleibender Einigung die Kündigung zugestellt, sechs Konten wurden am Ende aufgelöst, das Geld beim Amtsgericht hinterlegt.

Im Mai dieses Jahres schrieb das Geldinstitut 1730 weitere Kunden mit Guthaben von jeweils mehr als 130.000 Euro an, da Negativzinsen bei Bestandskunden ab 100.000 Euro fällig sind. Jetzt steht fest: 24 Kontoinhaber mit Guthaben von zusammen mehr als sechs Millionen Euro haben in der zweiten Runde ihre Kündigung bekommen.

Sprecher Volker Schleede sagt: „Ziel war und ist es, für den langfristigen Vermögensaufbau und Vermögenserhalt geeignetere Anlageformen zu finden.“ Trotz aller Bemühungen seien in diesen Fällen keine Anlagealternativen gefunden worden. Im Zuge der Kündigung sei noch die Möglichkeit eröffnet worden, eine Verwahrentgeltvereinbarung mit der Stadtsparkasse zu treffen. „Die Kündigung bleibt auch dieses Mal für uns die Ultima Ratio.“

Die Stadtsparkasse argumentiert wie viele Banken, dass die Einlagen der Kunden hohe Kosten verursachten. Denn die Banken und Sparkassen müssen selbst Negativzinsen von 0,5 Prozent bezahlen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) oder anderen Banken einlagern. Zudem müsse man laut Schleede auf die Marktsituation reagieren. „Wer keine Negativzinsen erhebt, wird vom Vertrauen der Kunden erdrückt.“ Denn umso mehr Guthaben würden Kunden dort platzieren. Von einer zu bremsenden „Einlagenflut“ sprach die Vorstandsvorsitzende der Düsseldorfer Stadtsparkasse Karin-Brigitte Göbel sogar.

Schleede weist zudem darauf hin, dass Sparer weniger von 0,5 Prozent Negativzinsen, sondern vielmehr von einer Inflationsrate von drei bis 3,5 Prozent aufs Jahr gesehen konfrontiert seien. Vor allem deshalb verliere Geld seinen Wert, um so wichtiger seien andere Anlageformen.

Während bei der Stadtsparkasse Neukunden ab 50.000 Euro Negativzinsen zahlen müssen und Bestandskunden ab 100.000 Euro, haben auch andere Banken in Düsseldorf ihre Spielregeln verschärft. Die Commerzbank berechnet für Neukunden seit 1. August ab 50.000 Euro minus 0,5 Prozent, zuvor reichte die Grenze bis 100.000 Euro. Sprecherin Jutta Wellmann verweist ebenfalls darauf, dass „immer mehr Wettbewerber Verwahrentgelte einführen. Gleichzeitig ist das Marktumfeld in Bezug auf Zinsniveau und Liquiditätshaltung unverändert belastend.“

Die PSD Bank Rhein-Ruhr hat die Grenze für neue Konten sogar auf 25.000 Euro gesenkt, im März waren es noch 100.000 Euro. Zurückhaltung übt die Bank noch bei Bestandskunden.

Mit diesen geht die ebenfalls in Düsseldorf sitzende Sparda-Bank West allerdings ähnlich wie die Sparkasse vor. Dort sind in diesem Jahr alle Kunden angeschrieben worden (davon rund 25.000 in Düsseldorf), damit sie sich mit Negativzinsen ab 25.000 Euro beim Girokonto und 50.000 Euro beim Tagesgeldkonto einverstanden erklären. Wenn das nicht geschieht, wurden bereits mögliche Kündigungen angekündigt. Zum Fortgang heißt es jetzt von Sprecherin Ulrike Hüneburg: „Da der Prozess des Rücklaufs noch andauert, können wir hierzu zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Infos geben.“

Milder geht die Commerzbank vor: „Vereinbarungen werden individuell im Kundengespräch besprochen“, sagt Wellmann. Am wenigsten restriktiv geht die Volksbank Düsseldorf Neuss vor. „Erst ab einem mittleren sechsstelligen Betrag sprechen wir mit unseren Kunden“, sagt Vorstandssprecher Rainer Mellis. Insgesamt habe man mit knapp 2000 Kunden eine Vereinbarung getroffen, „davon zahlen aktuell 500 Kunden Verwahrentgelte“. Zur Einordnung: In Düsseldorf/Ratingen sowie im Rhein-Kreis-Neuss gibt es jeweils knapp 50.000 Volksbank-Kunden.

Dem Verdacht, die Banken erschlössen sich über Negativzinsen schlichtweg eine neue Einnahmequelle, die die eigenen Belastungen durch Negativzinsen mehr als ausgleichen würden, tritt Mellis entgegen. „Das Volumen, welches derzeit Negativzinsen unterliegt, beträgt abzüglich der Freibeträge 250 Millionen Euro. In etwa gleichen sich Volumen, bei denen wir von unseren Kunden Verwahrentgelte nehmen, mit den Volumen, bei denen wir als Volksbank bei der EZB Negativzinsen zahlen oder in negativ verzinsliche Wertpapiere investieren müssen, ungefähr aus.“ Die anderen Banken sowie die Stadtsparkasse machen hierzu keine konkreten Angaben.

Unterdessen ist die Rechtmäßigkeit von Negativzinsen umstritten, Landgerichte kamen da zuletzt nach Klagen von Verbraucherzentralen zu unterschiedlichen Urteilen. Auf Nachfrage sehen sich die Banken und die Stadtsparkasse in Düsseldorf juristisch auf der sicheren Seite, da die Einigungen mit Kunden einvernehmlich getroffen worden seien. Die Verbraucherzentrale empfiehlt derweil, die Bank bei Unzufriedenheit zu wechseln.

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