175 Jahre Schumacher Brauerei Zwei Köbesse mit Unterhaltungsfaktor

Düsseldorf · Als Franz Majic im Schumacher als Köbes anfing, kostete das Glas Altbier 65 Pfennig. "Damals wurde viel mehr getrunken als heute", sagt der 66-Jährige.

 Tommy Knotz ist seit 15 Jahren Köbes im Schumacher, Franz Majic seit 40 – und arbeitet weiter, obwohl er in Rente ist.

Tommy Knotz ist seit 15 Jahren Köbes im Schumacher, Franz Majic seit 40 – und arbeitet weiter, obwohl er in Rente ist.

Foto: Andreas Bretz

Als Franz Majic im Schumacher als Köbes anfing, kostete das Glas Altbier 65 Pfennig. "Damals wurde viel mehr getrunken als heute", sagt der 66-Jährige.

Bürogemeinschaften kamen tagsüber und hatten keine Scheu, zum ausgedehnten Mittagessen abwechselnd Bier und Killepitsch zu trinken und dann trotzdem noch zurück ins Büro zu gehen. Heute geht alles etwas gemäßigter zu. Aber getrunken wird natürlich immer noch. Das weiß Franz, wie ihn alle nennen, aus den 40 Jahren im Brauhaus an der Oststraße. Sein Kollege Tommy Knotz (48) ist "erst" 15 Jahre dabei, hat aber die gleichen Erfahrungen gemacht. Beide tragen den Berufstitel "Köbes" und müssen ihn oft erklären.

"Außerhalb des Rheinlands weiß ja keiner, was das ist." Tommy hat eine einfache Übersetzung parat: "Das ist ein Kellner mit Unterhaltungsfaktor." Das stimmt, bestätigt Franz, "unsere Gäste wollen wirklich von uns unterhalten werden." Dazu gehört es natürlich immer noch, dass der Köbes auch mal frech sein darf. "Aber ganz charmant", so Tommy. Seine Standard-Antwort, wenn jemand "richtiges Bier" bestellen will und Kölsch meint: "Bei uns heißt das Apfelschorle."

Majic stammt aus Kroatien, kam Mitte der 70er Jahre nach Düsseldorf und landete erst als Kellner im Benrather Hof an der Kö. Danach wechselte er ins Schumacher — und ist seit Anfang des Jahres in Rente. Er arbeitet aber weiter. Einfach, weil es Spaß macht, weil die Kollegen ein Teil seiner Familie sind. Seine Frau Dorothee hat er auch im Schumacher kennengelernt. Geheiratet wurde 1982. "Solange sie noch arbeitet, werde ich auch noch arbeiten. Vielleicht höre ich auf, wenn die Chefin in zwei Jahren 60 wird." Mit "Chefin" meint er Gertrud Schnitzler-Ungermann. Mit Junior-Chefin Nina-Thea Ungermann erlebt Majic dann schon seine dritte Chefin. Eingestellt wurde er damals von Thea Schnitzler. In diesem Jahr feiert die Brauerei ihr 175-jähriges Bestehen und will das ab 19. September groß feiern: mit Gottesdienst, Festumzug und vielen Partys.

Die 27 Köbesse von der Oststraße arbeiten in drei Schichten: von 9 bis 15 Uhr, von 11 bis 16 Uhr oder ab 15 Uhr bis Mitternacht. Die Abendschichten sind natürlich die umsatzstärksten, dann gibt es auch am meisten Trinkgeld. Ist dabei der Preis für ein Glas Alt (zurzeit 1,90 Euro) egal? Knotz: "Wer Trinkgeld geben will, gibt Trinkgeld — egal, wie teuer das Bier ist. Er rundet immer auf." Viele der Köbesse treffen sich auch privat, machen einen Altstadtbummel. "Natürlich gehen wir dann auch ins Füchschen oder ins Uerige."

Viele Gäste kommen seit Jahren ins Schumacher, sind mit Majic älter geworden. Er kennt sie alle. Ein Gast kommt fast jeden Mittag, trinkt ein Bier, isst etwas von der Mittagskarte, liest die Zeitung, "Will aber nicht reden". Dann kommen Georg und Horst jeden Tag, der Charlie auch — und Franz begrüßt sie freundlich. Die beiden können viel erzählen — oder besser: könnten. Denn auch sie sind diskret. Nur die Geschichte mit den Japaner, die muss ausgeplaudert werden. 120 Japaner in einem Raum. Die Order: Immer dann, wenn der Chef ein neues Bier bekommt, bekommen alle ein neues Bier — egal, ob das alte Glas leer ist oder nicht. Was niemand wusste: Der Chef war trinkfest. Seine Mitarbeiter nicht.

Anke Kronemeyer

(RP)
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