Biographie der Düsseldorferin Uta Raasch Bekenntnisse einer Stehauf-Frau

Düsseldorf · „Was für ein Leben“ ist der Titel von Uta Raaschs Autobiographie. Der Lebensweg der Düsseldorfer Modedesignerin ist ein Parcours durch 40 Jahre Modehistorie, aber auch ein Lehrstück über die Emanzipation der Frau und die spannende Geschichte einer Unternehmerin, Mutter und Ehefrau, die vom Erfolg verwöhnt war und erleben musste, was es bedeutet, alles zu verlieren.

 Die Designerin Uta Raasch schrieb ein Buch über ihr Leben – Bekenntnisse einer „Gestrauchelten, nicht Gescheiterten“.

Die Designerin Uta Raasch schrieb ein Buch über ihr Leben – Bekenntnisse einer „Gestrauchelten, nicht Gescheiterten“.

Foto: Anne Orthen (ort)

Ausgerechnet Tee! Vor über 40 Jahren bewunderte Uta Raasch in Florenz die weichen, pudrigen Farben auf 500 Jahre alten Tapisserien. Sie träumte von solchen sanften Tönen, gefärbt von der Patina der Vergangenheit. Später experimentierte sie zu Hause mit Naturfarben und schwarzem Tee, tauchte Seide in das Gebräu. Das Ergebnis: Stoffe in Mauve, Taube, Apricot, aus denen sie nur drei Einzelteile entwarf, der Grundstock einer Karriere. Wie es weiterging, lässt sich nachlesen auf 230 Seiten in der soeben erschienenen Autobiografie von Uta Raasch: „Was für ein Leben“ – erschienen (Klotz-Verlag). Darin schildert eine der deutschen Top-Modedesignerinnen viele Höhenflüge – und einen dramatischen Absturz.

Ein Gründerzeithaus in Oberkassel, Räume gefüllt mit Erinnerungen und geprägt vom Stil ihrer Bewohnerin. Und gleich drängt sich eine Frage in den Vordergrund: Wie macht sie das bloß, dass die Jahre kaum Spuren zeigen. Sie trägt die blonde Mähne gebändigter als früher, kaum Make-up, das Lächeln ist immer noch unbekümmert strahlend, die Züge alterslos („kein Botox und nicht geliftet“), obwohl sie ihren 70. Geburtstag längst gefeiert hat. Sie trägt eine Mischung eigener Entwürfe, zur bequemen Hose einen Cashmere-Pullover, dazu leicht ramponierte Pantoletten von Gucci, ein typischer Raasch-Mix. Aber viel lieber will sie über ihr Buch sprechen, das sie mit ihrer Co-Autorin Dorothee Achenbach geschrieben hat: Die Bekenntnisse einer „Gestrauchelten, nicht Gescheiterten“. Diese Lektüre lebt von vielen Details, Fotos, Briefen, ihrer Geburtsanzeige, Zettelchen, wie an den „lieben Pappi“, dem sie für das Geschenk eines hübschen Jäckchens „vielmals“ dankt. Die Mode ist der rote Faden, angefangen von der frühen Inspiration durch die Frauen in ihrer Familie, die elegante Mutter in ihren maßgeschneiderten Kleidern, die Grandezza von Großtante Christine. Aber auch der strenge Vater („von ihm habe ich das Unternehmer-Gen“) war ein Mann, der extravagante Kleidung schätzte, „ein Snob“, der risikofreudig war und Pferde liebte – und mit dieser Leidenschaft die Tochter infizierte. Seinen Ansprüchen folgend, absolvierte sie zunächst eine Banklehre, später eine Ausbildung zur Dolmetscherin. Aber bald schon setzte sich die kaum unterdrückte Kreativität durch, vertauschte sie die braven Faltenröcke und Twinsets der Jugendjahre mit Hotpants und Maxi-Mänteln, arbeitete für Modefirmen und schließlich (nach den Versuchen mit dem Tee) und angespornt von ihrem Mann Jonas wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit. 1979 – sie war inzwischen zweifache Mutter – zeigte Uta Raasch auf der Düsseldorfer Igedo ihre erste eigene Kollektion. Danach bejubelte die Vogue einen neuen „Stern am Modehimmel“, und der legendäre Helmut Newton fotografierte ihre Modelle vor dem Brandenburger Tor.

Viele Jahre war sie vom Erfolg verwöhnt, eröffnete eigene Läden in Düsseldorf, Hamburg und auf Sylt. Ihre Häuser wurden größer, Autos und Reisen luxuriöser. Aber Ende der 1990er Jahre wurde die Modebranche von ersten Einbrüchen gebeutelt, die direkt in die große Krise der Textilindustrie führten. Was diese Entwicklung für die Marke Uta Raasch bedeutete, schildert sie mit realistischer Selbsteinschätzung in ihrem Buch: 1996 war die Firma am Ende, die Ehe ebenfalls. „Ich habe alles verloren.“ Der schmerzlichste Moment? Als die Pferde verkauft werden mussten. Und als sie begriff, dass nur wenige Menschen in der Krise blieben.

Aber damit ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende. Denn das Buch handelt auch vom Aufstehen, Weitermachen – und davon, wie ihr privat und beruflich ein Neuanfang geglückt ist. Diesem Kapitel ihres Lebens räumt Uta Raasch viel Platz ein, „auch, weil ich anderen Menschen, die in einer schwierigen Phase sind, ein wenig Mut machen will“. Wie sie das geschafft hat? Wohl mit dieser speziellen Mischung aus Talent, Disziplin und Glück. Jedenfalls hat sie selbst mit dem Erfolg, den sie heute genießt, kaum gerechnet: Seit 2016 entwirft sie für den TV-Sender QVC ihre Kollektion „Strandfein“, die sie mit vier Models und einer Moderatorin vor der Kamera auch selbst präsentiert und „total happy“ ist über die Resonanz: „150.000 Frauen kaufen meine Mode.“ Einziger Nachteil: Die intensive Arbeit lässt ihr nicht allzu viel Zeit für ihren Lebensgefährten (im Buch „Mann No. 3“ genannt), das Wochenendhaus in der Eifel, die Natur, die sie als Lebenselixier empfindet. Und wo sie neue Pläne schmiedet. Eine Ausstellung würde sie gern organisieren, 40 Jahre Uta Raasch, dazu kauft sie zurzeit alte Modelle zurück. „Übers Alter denke ich nicht nach“, da zitiert sie lieber Franz Kafka: „Jeder, der die Fähigkeit besitzt, Schönes zu erkennen, wird niemals alt.“

Ute Rasch

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