Feinschmecker Über Stuttgart in die türkische Küche

Düsseldorf · Als Student in Stuttgart hat Orhan Tançgil dreierlei vermisst: Mentalität und Dialekt seiner Düsseldorfer Heimat - und die türkische Küche seiner Mutter. In Restaurants ist türkische Hausmannskost auch eher unterrepräsentiert - da blieb ihm keine Wahl, als Mamas Rezepte selbst nachzukochen.

 Das Ehepaar Orhan und Orkide Tançgil tritt im TV auf und pflegt den Blog "KochDichTürkisch".

Das Ehepaar Orhan und Orkide Tançgil tritt im TV auf und pflegt den Blog "KochDichTürkisch".

Foto: ANDREAS BRETZ

Als Student in Stuttgart hat Orhan Tançgil dreierlei vermisst: Mentalität und Dialekt seiner Düsseldorfer Heimat - und die türkische Küche seiner Mutter. In Restaurants ist türkische Hausmannskost auch eher unterrepräsentiert - da blieb ihm keine Wahl, als Mamas Rezepte selbst nachzukochen.

"Das war gar nicht so einfach,"erinnert sich der noch immer schwer beeindruckte Sohn. Denn seine Mutter habe auf "türkische Art" gekocht, mit wenig Mengenangaben, dafür mit viel Augenmaß und Fingerspitzengefühl. Ein Teigrezept aus Mutters Küche etwa gab die "Konsistenz eines Ohrläppchens" als Maßstab an. Tançgil hat es aber - nach einigen Monaten des Probierens - dann doch sehr gut hinbekommen. Und zugleich die Idee zum Blog "KochDichTürkisch" entwickelt - mit Rezepten in deutscher Sprache und "auf deutsche Art", also mit exakten Mengenangaben für jede Zutat und jedes Gewürz, Videoanleitung natürlich inklusive.

Zurück in Düsseldorf arbeitete Tançgil zunächst als Vertriebler in einem Medienunternehmen. Die Leidenschaft fürs Kochen aber ließ ihn nicht mehr los. Der Blog blieb sein Hobby, auch als er Ende 2008 seine heutige Frau kennen- und lieben lernte, die mit Küche eigentlich nichts am Hut hatte. Orkide Tançgil war wegen eines Jobs aus Hannover nach Düsseldorf gezogen. Kochen hatte sie nie gelernt, ihre Mutter habe es ihr bewusst nie beigebracht, sagt sie, "ich sollte lieber studieren und keinesfalls Hausfrau werden". Studiert hat sie Produktdesign - und ist inzwischen auch eine Meisterin am Herd.

Denn längst kochen sich die Tançgils gemeinsam durchs Leben: Sie treten im Fernsehen auf, und weil Kunden und Fans immer wieder danach fragten, gründeten sie einen Verlag, brachten ihr erstes Kochbuch heraus. Inzwischen sind es vier, das fünfte ist für nächstes Jahr geplant.

Im Kochstudio in Flingern erklärt das Ehepaar in Kursen und bei Verkostungen zudem nicht nur die Zubereitung seiner Gerichte, sondern auch die Aussprache ihrer türkischen Originalnamen. Es geht den Tançgils nicht nur ums Kochen, sondern auch um die Kultur. Schließlich, sagt Orkide, verstehe man die Kultur eines Landes auch über seine Ess- und Trinkgewohnheiten. Einen guten ersten Eindruck der türkischen Kultur gewinnt man bei den regelmäßig stattfindenden Wein- und Meze-Verkostungen. Orhan erzählt dann Geschichten zu den Meze, den "kleinen Köstlichkeiten", wie er sie nennt, und informiert über die meist unbekannten türkischen Weine.

Das Ziel des Ehepaars: zur deutsch-türkischen Verständigung und auch Freundschaft beizutragen und mit seinen Rezepten und Veranstaltungen auch etwas vom türkischen Selbstverständnis in den deutschen Alltag zu bringen.

Beate Werthschulte

(RP)
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