Markus Goosmann aus Düsseldorf Der Stummfilmpianist

Düsseldorf · Noch heute gilt Musik als wichtiges Mittel, um die Wirkung wichtiger Filmszenen zu verstärken. Das galt umso mehr in der Ära der Stummfilme. Einer der wenigen Musiker, der das Handwerk der Stummfilmmusik noch beherrscht, ist Markus Goosmann.

 Markus Goosmann gehört zu den wenigen Stummfilmpianisten der heutigen Zeit. Häufig tritt er im Düsseldorfer Filmmuseum auf.

Markus Goosmann gehört zu den wenigen Stummfilmpianisten der heutigen Zeit. Häufig tritt er im Düsseldorfer Filmmuseum auf.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Stummfilme gehören zu einer längst vergangenen Ära, zu einer Zeit, in der die ersten Kinos ihre Türen öffneten, in der Humor teils völlig anders interpretiert wurde und in der Musik eine viel größere Rolle spielte – nämlich durch eine Live-Vertonung der gezeigten Filme. Eine anspruchsvolle Aufgabe, der heute kaum noch ein Musiker nachgeht. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Düsseldorfer Musiker Markus Goosmann.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hielt der Stummfilm in Westeuropa und Amerika Einzug und war bis zum Aufstieg des Tonfilms in den 1920ern die wohl aufregendste Form der Unterhaltung. Manchmal begleitet von Zwischentiteln wurde der Film zwar kommentiert, musste allerdings völlig ohne Dialoge auskommen. Was vielen jüngeren Generationen gar nicht bewusst ist, ist die Tatsache, dass Stummfilme nur in den seltensten Fällen wirklich stumm waren. Dialoge gab es nicht, jedoch wurden die Streifen vertont, um den Bildern auf der Leinwand mehr Leben einzuhauchen. Die Musik kam nicht vom Band, sondern wurde live vor Ort gespielt. Manchmal wurden dabei zuvor ausgewählte Lieder gespielt, oft lag die Musik aber vollkommen in den Händen des Künstlers und seiner Interpretation der Handlung.

Für Markus Goosmann ist diese Improvisation auch heute noch eine spannende Aufgabe, der er hin und wieder im Filmmuseum nachgehen kann. Die zu vertonenden Filme sieht er meist nur ein- oder zweimal, bevor er sie vertont. „Da ist die Leinwand – hier bin ich“, erzählt er und meint damit, dass er bei seiner Kunst in einer Art Dialog mit dem gezeigten Film steht. Während er spielt, fliegt sein Blick zwischen Leinwand und seinen Notizen hin und her. Zwar konzentriert er sich auf das Instrument unter seinen Fingern, er steht dabei aber im ständigen Kontakt zum Film. Die Blätter auf dem Notenhalter vor ihm beinhalten Noten, teilweise aber auch bloß Notizen, die er sich zu einzelnen Szenen im Film gemacht hat. Notizen zum Inhalt, zu der Emotion des Moments oder aber Musikkurzschriften.

Zuletzt begleitete er Filme von Germaine Dulac. Bei einer Veranstaltung im Düsseldorfer Filmmuseum vertonte er unter anderem den Film „Antoinette Sabrier“, den er am selbigen Tage zum ersten Mal zu sehen bekam. Dreimal sah er sich den Schwarz-Weiß-Streifen am Vormittag an. Einmal, um sich grundlegende Handlungspunkte herauszuschreiben und dann zwei weitere Male, um mit der Musik „herumzuspielen“. Wie er selbst erzählt, sind seine Hände dabei für die Tasten zuständig, seine Füße für die Pedale, seine Augen jedoch sind mit der Handlung auf der Leinwand beschäftigt. „Das, was die Augen aufnehmen, geht direkt in den Bewegungsapparat über“, so Groosmann. Ihn beeinflusst aber nicht nur das Geschehen im Film. Während einer Aufführung mit Publikum reagiert er auch immer auf die Menschen, die ihn umgeben.

Für ihn bedeutet das Spielen im Kinosaal, flexibel zu bleiben für die Reaktionen des Publikums, aber auch zu versuchen, sie dabei zu unterstützen, das Gesehene zu verstehen. Denn Musik kann dabei helfen, traurige Szenen deutlich emotionaler wahrzunehmen, oder lustige Momente durch gut platzierte Tonfolgen als noch witziger zu verstehen. Daran hat sich auch heute nichts geändert. Auch wenn der Bedarf an Stummfilmpianisten sehr geschrumpft ist, und Goosmann deutlich öfters damit beschäftigt ist, als Klavierlehrer seine Schüler zu unterrichten und ihnen auch Improvisation mit Musik näherzubringen.

In den vergangenen 16 Jahren arbeitete er eng mit dem Düsseldorfer Filmmuseum zusammen, war selbst 14 Jahre lang Vorsitzender des Fördervereins. Etwa 30 Filme vertonte er in dieser Zeit – einen Großteil davon in Düsseldorf. 2014 und 2016 bekam er schließlich die Möglichkeit, monatliche Filmvorführungen zu begleiten. Ein Format, das er gerne wiederholen würde. Stefanie Thrun

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