Judith Holofernes "Im Zweifel entscheide ich mich dagegen"

Düsseldorf · Mit "Wir sind Helden" feierte Sängerin Judith Holofernes große Erfolge. Als Solokünstlerin kommt sie morgen ins Treibgut zum "Fuchs & Hase"-Festival.

 Judith Holofernes (40) ist seit 2006 mit Pola Roy, dem Schlagzeuger von "Wir sind Helden", verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.

Judith Holofernes (40) ist seit 2006 mit Pola Roy, dem Schlagzeuger von "Wir sind Helden", verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.

Foto: marco Sensche

Mit "Wir sind Helden" feierte Sängerin Judith Holofernes große Erfolge. Als Solokünstlerin kommt sie morgen ins Treibgut zum "Fuchs & Hase"-Festival.

Spielst du gerne vor kleineren Zuschauerrunden?

Holofernes Ich mag die intimeren Konzerte sehr gerne. Es hat auch etwas, vor ganz vielen Leuten zu spielen, aber meine Musik profitiert eher davon, wenn ich dem Publikum näher sein kann. Sonst gehen viele Zwischentöne verloren. Außerdem macht es mir sehr viel Spaß, wenn ich das Gefühl habe, dass wir alle auf einer gemeinsamen, kleinen Party sind.

In Köln warst du während deiner Tour, jetzt Düsseldorf. Was verbindest du mit dem Rheinland?

Holofernes Ich lebe in Berlin, aber meine halbe Familie hat lange in Wuppertal gewohnt. Dort habe ich die kurzen Strecken genossen. Zum Beispiel mit meinen Brüdern mal eben nach Düsseldorf zu Konzerten fahren zu können. Außerdem verbinde ich mit dem Rheinland gute Laune bei Konzerten, da bin ich dankbar für die rheinische Frohnatur.

"Wir sind Helden"-Klassiker wie "Denkmal" oder "Gekommen um zu bleiben" sind echte Ohrwürmer - welche Lieder von damals hörst du heute noch gerne?

Holofernes Da gibt es viele. Einige spiele ich jetzt auch wieder bei meinen Konzerten. Dadurch habe ich mich noch mal sehr intensiv mit diesen Songs beschäftigt um herauszufinden, welche von der neuen Besetzung profitieren. Die, die wir spielen, könnte man als Lieblingssongs aus der zweiten Reihe bezeichnen. Ich kann mir aktuell aber nicht so gut vorstellen, beispielsweise "Denkmal" zu singen.

Warum nicht?

Holofernes Weil das einer der Songs ist, den wir mit den Helden zwölf Jahre lang gespielt haben. Der ist ganz eng mit der Band verbunden. Das wäre so ein bisschen wie Händchenhalten mit der neuen Freundin auf der gleichen Bank.

Du hast mal gesagt, die Zeit mit der Band damals war toll, teilweise aber überfordernd. Gestaltest du dein Musikerleben als Solokünstlerin anders?

Holofernes Ich entscheide mich im Zweifel dagegen, gehe sehr nach meinem Bauchgefühl und sortiere Anfragen viel stärker aus. Man könnte das Downsizing nennen.

Und wie hast du dich musikalisch weiterentwickelt?

Holofernes Meine Musik ist jetzt 20 Prozent weiter ab von der Mitte: ein bisschen schräger, weniger Mainstream und chartkompatibel. Das hat zur Folge, dass alles nicht mehr so heiß gekocht wird, dass es nicht mehr so viel im Radio läuft. Aber es macht mich sehr glücklich, denn das ist genau meine Musik.

Worum geht es in deinem neuen Album "Ich bin das Chaos"?

Holofernes Es ging bei mir immer schon darum, Muster, Regeln und Normen zu hinterfragen. Das ist es, wo es mich beim Texten immer wieder hinzieht. Ich habe aber das Gefühl, dass ich mit zunehmendem Alter immer radikaler werde. Ich bin noch weniger gewillt, Lebenszeit zu verschwenden.

Eines deiner Lieder heißt "Der letzte Optimist", es ist aber eher melancholisch. Bist du selbst Optimistin?

Holofernes Da bin ich sehr gespalten. Ich habe großes Talent zum Glücklichsein und großes Talent zum sehr Traurigsein. Da ist ein ordentlicher Hang zum Grübeln und zur Melancholie. Auf der anderen Seite habe ich schon immer einen sehr starken Drang gehabt, zu verstehen und umzusetzen, was zu einem guten Leben beiträgt. Und das funktioniert streckenweise schon ganz gut.

Tanja Karrasch stellte die Fragen.

(RP)
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