WM-Finale Düsseldorfer zittern mit der Elf zum Sieg

Düsseldorf · Sonntagabend 21 Uhr, die Straßen sind menschenleer. Doch vor den Leinwänden und Fernsehern sitzen die Massen. Jeder, wirklich jeder möchte das große WM-Finale der deutschen Nationalelf gegen die Argentinier sehen. Ein Stimmungsbild.

WM-Finale: Düsseldorfer zittern mit der Elf zum Sieg
Foto: Anne Orthen

Wer während des WM-Finales durch die Stadt ging, fühlte sich wie Will Smith im Film "I am Legend". Die Straßen sind menschenleer, als gäbe es niemanden, der diese Stadt noch bewohnt. Ein Spaziergang mitten auf der Berliner Allee? Kein Problem. Die ist so leer wie der Aaper Wald nach Orkan "Ela". Geisterzüge der Rheinbahn rollen durch Düsseldorf, außer dem Fahrer transportieren sie niemanden. Die Bänke am Rheinufer, auf denen an anderen Sommerabenden die Liebespaare knutschen, sie sind alle frei. Der Blick von der Altstadt auf die Große Kirmes offenbart: Die Fahrgeschäfte laufen, aber ohne Menschen.

Die Blicke sind starr auf die Leinwände gerichtet

Und nur Schritte davon entfernt, an den Kasematten, scheint die Luft elektrisch geladen zu sein. Alle, wirklich alle Sitzplätze, die einen Blick auf einen der zahlreichen Fernseher erlauben, sind besetzt, auch die Treppen und sogar der Fahrradweg, wenn man von dort ganz hinten einen Blick auf den Bildschirm erhaschen kann. Wer um kurz nach neun zum Spiel kommt, der kann die Übertragung nur als Hörspiel genießen. Aber das reicht, um das Wichtigste mitzubekommen. Denn die Reaktionen der Tausenden Fußballfans sind unüberhörbar. Man merkt, dass alle unter Anspannung stehen, als müssten sie bei einer deutschen Niederlage ihren sofortigen Rücktritt einreichen, um Schaden vom Land abzuwenden.

Die Fans bibbern mit ihrer Mannschaft - jede Chance wird gefeiert

Da stehen und sitzen sie nun, mit starrem Blick auf den Bildschirm. Sie werden aschfahl, wenn Argentiniens Lionel Messi mal wieder in Richtung deutsches Tor rennt. Und sie jubeln wie kleine Kinder an Weihnachten, wenn es andersherum läuft. Dabei ist es gar nicht leicht, ohne Blick aufs TV-Gerät die Geräusche der Massen richtig zu deuten. Denn alle Chancen der deutschen Elf werden gefeiert wie Siege. Immer wieder brandet dieses Raunen auf. Es ist die Hoffnung auf den vierten Stern für das Trikot. Sie schwenken ihre Fahnen. Ende der ersten Halbzeit setzt Regen ein. Doch es stört niemanden. Die Spannung ist zu groß. Der Regen verdampft. Und nicht nur bei Deutschen. Der 24-jährige Holländer Cees sucht seine Kumpels auf der Bolkerstraße, fragt nach dem Weg. Er trägt eine blau-weiß-rote Armbinde wie ein Kapitän. Zu wem er hält? "Zu Deutschland, was für 'ne Frage!" Und er macht klar, dass er es eilig hat und keine Lust auf ein Gespräch. Und mit der Dauer des Spiels wird es immer schlimmer. Manche gucken, als gäbe es kein Morgen ohne deutsches Tor. "Ist doch nur ein Spiel!" Solche Sätze sind lebensgefährlich.

Und dann, um 23.24 Uhr MESZ schießt Mario Götze DAS Tor. Er ist kein Held. Er ist der Erlöser. Der größte Deutsche seit Hermann dem Cherusker, da sind sich an den Kasematten alle einig. Jubel und zehn quälende Minuten. Dann steht Düsseldorf kopf. Und heute hat die ganze Stadt den schönsten Kater der Welt.

(RP)
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