Karneval in Düsseldorf Der wichtigste Rat des Ober-Karnevalisten: „Hört auf das CC“

Düsseldorf · Kostendruck und der Nachwuchs sind die Aufgaben des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC).

 Hans-Jürgen Tüllmann, Geschäftsführer des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC), hat einige Aufgaben vor der Brust. 

Hans-Jürgen Tüllmann, Geschäftsführer des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC), hat einige Aufgaben vor der Brust. 

Foto: Anne Orthen (ort)

Herr Tüllmann, dem Vernehmen nach gibt es gewaltige Probleme mit einem der angesagtesten Veranstaltungsstätten in Düsseldorf überhaupt, der Rheinterrasse. Worum geht es?

Hans-Jürgen Tüllmann Fast alle Karnevalsvereine haben mit der Finanzierung ihrer Veranstaltungen in der Rheinterasse große Probleme. Die Mieten und Kosten der Rheinterrasse sind in diesem Jahr über 300 Prozent gestiegen, plus Steigerung der Technikkosten. Dies übersteigt das Budget vieler Vereine. Viele Sitzungen sind gefährdet. Ich gebe zu: Was die Vereine früher zu wenig bezahlt haben, kommt nun als riesiger Schluck aus der Pulle obendrauf, aber das könnte vielen Vereinen das Genick brechen. Wir müssen eine Lösung finden, sehr wahrscheinlich mit der Stadt, die Eigentümerin der Rheinterasse ist.

Wir sprechen hier also offenbar über eine in Ihren Augen nicht zumutbare Neuregelung der Kosten. Was genau macht das in bar?

Tüllmann Wenn die Vereine sich früher für eine Sitzung einbuchten, dann kostete das vielleicht 500 Euro – alles inklusive, jetzt liegen sie bei 2000 Euro, manchmal sogar bei 3000 Euro. Die Vereine wollen aber vernünftige Eintrittspreise halten und das nicht auf die Karnevalisten umlegen, schließlich haben wir auch einen sozialen Auftrag, wir wollen, dass viele Leute kommen, und so sitzen sie in der Falle. Diese Preiserhöhung ist für kleinere Vereine unstemmbar. Wir sind in Gesprächen mit der Stadt und hoffen auf eine gute Lösung. Eine wäre, dass die Stadt Stockeim eine deutlich geringe Pacht berechnen würde. Für die kommende Session haben wir wenig Hoffnung auf Klärung des Problems, aber den Karneval gibt es ja etwas länger. Wir sind dran.

Wieso wählen die Vereine nicht einfach eine andere Location?

Tüllmann Das ist ein großes Problem in der Stadt, es gibt kaum Alternativen. Vielleicht das Stahlwerk, dann gibt es noch das Areal Böhler, da ist es aber leider auch ziemlich teuer.

Ein großes Problem im Karneval ist ja der Nachwuchs. Wieso bekommen die Karnevalisten das nicht in den Griff?

Tüllmann Das ist tatsächlich leider eine große Schwäche in Düsseldorf, auch die Musik. Ich weiß es nicht. Alle zwei Jahre kommt eine neue Band in Köln raus und schießt durch die Decke. Bei uns macht sich nun langsam die Sportrhythmusgruppe als ein ganz kleines Pflänzchen im Karneval einen Namen, die Gruppe gibt es zusätzlich zu Alt Schuss, den Swinging Funfares, De Fetzer, Ringschiffer und Kokolores. Das war es. Zum Nachwuchs: Das CC unterstützt die Pänz en de Bütt mit Ex-Prinz Josef Hinkel und Ex-Venetia Barbara Oxenfort. Einen Förderverein gibt es auch. Für die potenziellen Jecken im Alter zwischen 18 und 27 haben wir einfach kein Angebot. Da muss dringend etwas geschehen, wir arbeiten an Ideen und Konzepten. Die KG Regenbogen ist Düsseldorfs größte Karnevalsgesellschaft – das ist unglaublich, was für einen Zuspruch es da gibt. Die Ehrengarde und die Tonnengarde sind sehr gewachsen, wir müssen am Image diverser Vereine so arbeiten, dass die Leute einfach wieder rein wollen.

Das CC will nicht nur mehr Nachwuchs und Düsseldorfer Karnevalsbands, es will auch die Frauen in den Vordergrund rücken, wie Sie schon mehrfach andeuteten, was genau schwebt Ihnen vor?

Tüllmann Die Idee kam uns tatsächlich beim Biertrinken: Lasst uns doch aus unserem CC-Karnevalswagen im Rosenmontagszug einen fast reinen Frauenwagen machen, wir wir den nennen, ob wir einen Wettbewerb veranstalten, welche herausragenden Düsseldorfer Frauen dann mitfahren sollen, das ist noch nicht klar. Was aber sicher ist: Es geht um Frauen, die sich für und um Düsseldorf verdient gemacht haben. Das kann auch eine Rockröhre wie Doro Pesch sein, die wir anfragen wollen, aber auch Top-Managerinnen und Ehrenamtlerinnen, wir wollen eine Bandbreite. Wir haben tolle Frauen in Düsseldorf, sie sind unsere Zukunft, es gibt viele Frauen in Top-Führungspositionen, sie haben es verdient, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Während das CC nach wie vor darauf wartet und möglicherweise noch länger darauf warten muss, dass der Karneval als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt wird, ist das Sicherheitskonzept jedes Jahr ein Thema. Wie ist der Stand der Dinge für die Session 2019/2020?

Tüllmann Wir haben uns an diesen „Ausnahmezustand“ gewöhnt, was nicht heißt, das wir nicht mehr aufmerksam sind. Und ich kann sagen, dass wir ein sehr gutes System haben und eingespielte Abläufe. Die Karnevalisten müssen sich keine Sorgen machen. Das Zusammenspiel zwischen CC, Security, Feuerwehr, Sanitätern und Polizei ist absolut perfekt, wir kennen uns gut, die Wege sind mega-kurz, wird sind heute etwas entspannter als noch vor vier Jahren. Man kann sagen, wir sind im positiven Sinne eine verschworene Gemeinschaft – so etwas gibt es im Karneval öfter.

Sie sind ja auch maßgeblich verantwortlich für das neue Prinzenpaar. In diesem Jahr sind das Axel Both und Jula Falkenburg. Was schätzen Sie an dem Duo?

Tüllmann Das neue Prinzenpaar ist ausgesprochen Karnevals-affin. Mit ihnen macht alles Spaß. Sie sind mit Herzblut dabei. Es ist wahnsinnig schön, dass sie für alles offen sind. Der Altersunterschied macht absolut keinen Unterschied. Die beiden verstehen sich bestens, er kennt sie von klein auf. Als wir Axel mitteilten, dass er der neue Prinz Karneval wird, das war schon was. Ich habe noch nie so einen emotionalen Ausbruch erlebt, Axel liefen die Tränen, er ist ein total emotionaler Typ.

Was werden die Themen der Mottowagen im Rosenmontagsumzug sein?

Tüllmann Die gute Nachricht ist zunächst: Alle Wagen sind verkauft. Unser Satirekünstler und Karnevalswagenbauer Jacques Tilly ist schon fleißig am Werke. Mögliche Themen wären aus meiner Sicht sicherlich wieder der Brexit, aber auch Themen wie Altersarmut oder natürlich der Klimawandel, aber wie immer liegt das Vorschlagsrecht natürlich bei Jacques.

Sie leben schon seit Jahrzehnten in Düsseldorf und sind ein großer Name im Karneval. Wie feiert man in Ihrer Heimat Sauerland?

Tüllmann Meine Frau Sabine und ich sind beide Sauerländer, die können feiern! Im Sauerland wird nur mehr Schnaps getrunken, Korn, der ist immer dabei. Der Unterschied besteht dann auch noch in der Mentalität: Sauerländer sind sehr verlässlich. Im Rheinland kann man schon mal enttäuscht werden, auf einmal kann sich der Rheinländer auch schon mal an nichts mehr erinnern.

Was ist der wichtigste Rat, den Sie dem Prinzenpaar und auch allen Karnevalisten gehen können?

Tüllmann Hört auf das CC.

Sie sind nicht nur CC-Geschäftsführer, seit elf Jahren (Narren-Jubiläum!) sind Sie auch Mitglied in der Prinzengarde Blau-Weiss. Die hat nun nach einigen Auf und Abs mit Lothar L. Hörning einen neuen Präsidenten, der im bürgerlichen Leben Grohe-Manager ist. Was halten Sie von ihm?

Tüllmann Lothar Hörning schätze ich sehr und bewundere ihn, das er diesen Schritt gemacht hat. Ich kann der Garde nur wünschen, dass Lothar Hörning das ganze Thema in den Griff bekommt, dass Ruhe einkehrt. Seine neuen Ideen sind richtig gut. Dass er sich zum Beispiel um neue Sponsoren bemühen will und das aktive Korps moderner im Auftritt werden soll, das finde ich absolut richtig.

Wie kommen Sie generell mit dem Stress klar? Als Manager eines Finanzdienstleisters haben Sie sicher auch schon Stürme aushalten müssen, als CC-Geschäftsführer auch – da in ehrenamtlicher Funktion, was in der laufenden Session bekanntermaßen aber einem Vollzeitjob gleichkommt.

Tüllmann Ich denke, ich habe eine gute Veranlagung, Dinge nicht so nah an mich rankommen zu lassen. Ich gehe golfen, als gebürtiger Warsteiner fahre ich öfter in die Heimat und setzte mich zum Jagen auf den Hochsitz und genieße die Ruhe, dazu den Entzug alles Digitalen. Ich bin dann auch nicht erreichbar. Meine Karnevalskollegen beneiden mich darum, dass ich die Seele so baumeln lassen kann. Kopfmäßig komme ich raus, sobald ich das Ortsschild Düsseldorf hinter mir gelassen habe.

In Ihrer CC-Amtszeit haben Sie schon einiges durchstehen müssen: Terror, die Entwicklung eines Sicherheitskonzeptes, Ausfall Rosenmontagszug, Unfälle mit Pferden im Karneval. Wie viel Raum bleibt da für Spaßiges?

Hans-Jürgen Tüllmann Sehr viel. Bei alledem darf man nicht vergessen, dass es sich um ein wundervolles Brauchtum handelt. Als ich vor fast fünf Jahren als Geschäftsführer begann, Mussten wir direkt in der ersten Session ein Sicherheitskonzept wegen der akuten Terrorgefahr entwickeln. Und dann musste der Zug trotzdem wegen eines Unwetters absagen. Gott sei Dank hatten wir den Zug erstmals dagegen versichert und uns wurden 350.000,-- € erstattet. Wir wachsen aber tatsächlich an solchen Aufgaben. Wichtig ist, niemals die Nerven zu verlieren.

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