Kabarett in Düsseldorf Riesen-Stunk im Capitol

Düsseldorf · Am Rosenmontag 2020 treffen sich elf Revolutionäre der Weltgeschichte im bunten Treiben der Stadt, um den ultimativen Umsturz zu planen. Die Stunk-Combo will den Beweis antreten, dass Karneval nicht die Zeit der Freude und des oberflächlichen Frohsinns ist.

Franziska Lehmann und Harry Heib bei der Stunk-Sitzung im Capitol-Theater.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Die Punktewertung einiger Stunk-Fans war eindeutig. Nach dem dreieinhalbstündigen Karnevalskabarett voller Esprit und ohne Hemmungen verteilten die von Lachmuskelkater Heimgesuchten zwölf von zehn Punkten. So war es eine erfolgreiche Premiere des neuen Stunk-Programms „Die Hoppeditz Guerilla – Rosenmontag for Future“. Bereits kurz nach der Pause gab es Standing Ovations, als Ensembleneumitglied Franka von Werden den letzten Sarah-Conner-Hit „Vincent“ auf typisch-respektlose Stunk-Art variierte. „Ich will Kamelle, das ist Medizin … Kamelle, ich will sie lutschen. Will sie naschen … Am Aschermittwoch schleich‘ ich ins Büro und kotz‘ den Rest der Kamelle ins Damenklo.“

Das intellektuelle Niveau ist aber überwiegend weit oberhalb der Gürtellinie. Hochintelligente Politsatire, bei der man informativ auf der Höhe der Zeit sein muss und auch über einiges Geschichtswissen verfügen sollte, wechselt immer wieder mit den Niederungen von flachen Witzen ab. Beispiel: „Unterhalten sich zwei, die sich auf Dating-Hotlines kennengelernt haben. Da sagt sie: ‚Ah, sie wollen also nichts Festes. Dann werden ihnen meine Oberschenkel gefallen.’“

Die Truppe liebe den Klamauk, sagt Ensemblemitglied Dennis Prang. „Wichtiger ist aber die Satire. Wir wollen ja auch Inhalte transportieren.“ Und so beleuchtet er mit Harry Heib, Jens Kipper, Franziska Lehmann, Jens Spörckmann, Carolin Stähler, von Werden und Sabine Wiegand unter der Regie von Kommödchen-Mitglied Martin Maier-Bode auf eloquente, hintersinnige, drastische Art die Gegebenheiten der großen und kleinen Welt mit stechendem Blick, bitterbösem Humor, scharfsinnig und scharfzüngig.

Das achtköpfige Ensemble wirbt per Schauspiel, Gesang und Parodie in teilweise grandiosen Kostümen für eine tolerante, welt- und religionsoffene Politik und Gesellschaft, ist gegen Reglementierung und Langeweile. Die Stunk-Combo beweist, dass sie auch topaktuell ist.

Das alles und noch viel mehr passt in die Rahmenhandlung, in der auf „Da Vinci Code“-Art Sophie (Lehmann) und Shortdon (Kipper) bis zum Rosenmontag neun Helden, darunter Jean d‘Arc, Jesus, Spiderman, Che Guevara, Ghandi und Bob den Baumeister, zusammentrommeln müssen, denn nur die neun können im Verbund die Welt retten. Nicht so einfach, wenn während der Karnevalszeit überall auf Düsseldorfer Straßen Menschen so aussehen, als kämen sie aus vergangenen Jahrhunderten und anderen Welten. Also die ideale Ausgangsposition für jede Menge Verwicklungen, musikalische Highlights und Verwechslungen. Nicht nur einmal entpuppt sich ein glutäugiger, attraktiver „Zorro“ als langweiliger, dickbäuchiger Klaus-Dieter, Buchhalter aus Glehn.

Den Stunkern ist nichts heilig, nicht einmal Düsseldorfs Lichtgestalt Jan Wellem. Ausgrabungen haben nämlich im Sarkophag des Kurfürsten eine „golden Pappnase“ zu Tage gefördert. Ein Indiz dafür, dass „an Wellem der erste Karnevalist war. Glaubt man dem Stunk, dann muss die Geschichte Düsseldorfs komplett neu geschrieben werden.

Das Ansinnen des Stunks, mithilfe von Satire und Kabarett die Leute auf humorvolle Weise zum Nachdenken anzuregen und gleichzeitig das Leben durch Witze jeglicher Qualitätslevel sowie mitreißender Musik in vollen Zügen zu genießen, ist aufgegangen. „Es hat auch auf der Bühne großen Spaß gemacht“, verrät Prang. „Am Ende hatten wir volle Partystimmung in der Bude.“ Wer das erleben will, hat noch Chancen, denn wenige Restkarten sind noch unter www.stunk.net zu haben. An Karnevalssamstag (22. Februar) geht die Kabarettshow zur Karnevalszeit im Capitol das letzte Mal über die Bühne.

Tino Hermanns