Düsseldorfer Bäcker-Meister macht es wie die Römer Hercules-Chef ist jetzt Brot-Sommelier

Düsseldorf · Johannes Dackweiler gehört durch seine neueste Ausbildung nun einem exklusiven Club an. Er will dem Brot zu einem höheren Werteverständnis in der Gesellschaft verhelfen. Ein ganz klein wenig Vorbild für ihn sind die alten Römer.

 Johannes Dackweiler ist Chef der Hercules-Bäckerei an der Ulmenstraße.

Johannes Dackweiler ist Chef der Hercules-Bäckerei an der Ulmenstraße.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Für die richtige Wein-Auswahl auf den Rat eines Sommeliers zu vertrauen, ist nicht ungewöhnlich. Aber was könnte ein Brot-Sommelier bewirken? Johannes Dackweiler, Bäckermeister und Inhaber der Hercules-Bäckerei in Derendorf, gehört nach einem einjährigen Lehrgang an der Akademie des Bäckerhandwerks in Weinheim zu dieser noch raren Zunft. Nun ist seine bestens etablierte Backstube ohnehin schon bekannt für ihre strikte Ausrichtung auf Bioprodukte und Nachhaltigkeit. Die Kunden kommen von weither, bestellen ihre Backwaren vor oder stehen in Stoßzeiten bereitwillig Schlange. Was hat ihn bewogen, als Düsseldorfs erster Brot-Sommelier noch eine Schippe draufzulegen? „Ich habe immer schon viel und gern gelernt“, antwortet er. „Erst Bäcker, dann Koch, dann studiert. Das einzig Beständige im Leben ist der Wandel, dem stimme ich zu. Sich mitzuwandeln fällt in meiner Branche aber schwer. Nach dem Meister sind die Möglichkeiten begrenzt.“

Da kam ihm das Weinheimer Programm wie gerufen. Alle sechs Wochen war er für drei Tage dort und schwer beeindruckt von der Erkenntnis, noch längst nicht alles über Brot gewusst zu haben. Im praktisch orientierten Unterricht wurde viel verkostet, um die Sensorik zu schärfen. Das gleiche Brot brachte zu Wein, zu Bier, zu Käse jeweils einen völlig neuen Geschmack hervor. Diese verblüffende Erfahrung habe er übrigens schon früher gemacht, erzählt er, etwa bei Weinverkostungen mit den Naturburschen Flingern.

Die Schulung wurde durch wissenschaftliche Vorlesungen und Fakten begleitet. „Dadurch eröffneten sich fundierte Wege zur besseren Wahrnehmung der Sinne“, beschreibt Johannes Dackweiler. Nehmen wir ihn beim Wort: Was passt denn überhaupt nicht zusammen? Er lacht. „Dazu müssen wir einen Schritt zurückgehen und fragen: Was passt zu welchem Brot? Wir haben ein Vinschgauer Kastenbrot im Sortiment, Roggenvollkorn mit Brotgewürzen. Das würde ich mit seiner herben Note nicht zu fruchtig-süßer Erdbeermarmelade empfehlen, sondern eher zu Bergkäse, deftigem Schinken oder Remoulade.“

Ein Brot mit Nüssen wie sein Mühlenbrot schmecke vorzüglich zu sahnigem Brie. Pauschal ließe sich hier aber keine Regel ableiten, relativiert er, ausschlaggebend sei der persönliche Geschmack. Erst müsse es schmecken und Spaß machen, dann gesund sein ‒ ein weiteres wichtiges Anliegen von Dackweiler, der auch Mitglied ist in der Gesellschaft für Prävention in Bonn.

Als Brot-Sommelier will er eine übergeordnete Rolle erfüllen. „Meine Aufgabe ist es, dem Brot zu einem höheren Werteverständnis in der Gesellschaft zu verhelfen. Gerade in Zeiten, in denen der Discounteranteil bei Backwaren wächst und die Leute nach Geldbeutel kaufen und nicht nach Qualität.“ Johannes Dackweiler kann sich für seine Passion begeistern: „Brot ist eines der ältesten Lebensmittel, das günstigste Luxusgut für jedermann. Mit ihm hat sich die Welt entwickelt. Im römischen Kaiserreich wurden täglich 36 Tonnen Brot gebacken. Das Heer konnte nur so stark sein, weil es diese Kraftnahrung gab. Ohne sie hätten die Legionen es nie so weit geschafft.“

Deutschland ist Brotland, nirgendwo sonst herrscht eine solche Vielfalt – was erstens an den günstigen Klimabedingungen für Getreide liegt und zweitens an der Offenheit der Verbraucher. „Die Deutschen sind eben ein neugieriges Völkchen, das gilt auch fürs Brot“, kommentiert der Bäckermeister. Bei der Anzahl der insgesamt 142 Brot-Sommeliers in Europa sind wir Spitzenreiter. Johannes Dackweiler betrachtet seine Fortbildung auch als Schulungs-Instrument. „Ich verfüge seitdem über einen reicheren Wortschatz, um Aromen und Charakteristika von Brot zu beschreiben“, sagt er. „Damit kann ich meinen Mitarbeitern bessere Informationen vermitteln.“

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