Dieter Jaenicke Dieter Jaenicke sieht sich als Entwickler

Düsseldorf · Die Internationale Tanzmesse ist in greifbarer Nähe, und Dieter Jaenicke ist einer der großen Strippenzieher – auch wenn er selber nie ein Tänzer war.

 Die berühmte Pina Bausch inspirierte ihn, heute leitet Dieter Jaenicke die Internationale Tanzmesse NRW.

Die berühmte Pina Bausch inspirierte ihn, heute leitet Dieter Jaenicke die Internationale Tanzmesse NRW.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)/Bauer, Hans-Jürgen (hjba)

Ein paar Minuten mit Dieter Jaenicke reichen aus, um zu erspüren: Dieser Mann brennt für den Tanz. „Stimmt“, bestätigt er, „eine riesengroße Liebe. Obwohl ich selbst nie ein Tänzer war“. Nach vielen Stationen rund um den Globus hat es den gebürtigen Rostocker ins Rheinland verschlagen. Seit einem Jahr amtiert Dieter Jaenicke als künstlerischer Leiter der Internationalen Tanzmesse NRW und ist Ende August zum ersten Mal deren Gastgeber. „Ich bin weit herumgekommen und weiß, dass dieses Netzwerk auf der ganzen Welt bekannt ist.“ Das Programm in Düsseldorf, Krefeld und Leverkusen ist vielfältig: Bei der Messe treten 45 Kompagnien aus allen Kontinenten auf. 1600 Fachbesucher werden erwartet, es gibt aber auch öffentliche Veranstaltungen.

Die hiesigen Spielstätten sind Tanzhaus NRW, Central, Capitol, FFT, das Weltkunstzimmer „mit seinen verrückten, spröden Räumen“ und „das wunderbare Ballettzentrum der Oper, das wir benutzen dürfen“. Er habe unendlich viel Respekt vor Tänzern und wie sie mit ihrem Medium, dem eigenen Körper, umgingen. Das hat eine ganz besondere Qualität. Und er liebe diese Kunstform, „weil sie offen und wie keine andere in der Lage ist, alles aufzugreifen – Musik, Sprache, Bild, neue Medien, Architektur. Und drittens finde ich sonst nirgendwo eine so schöne Möglichkeit, meine eigenen Assoziationen einzubringen. Die Deutung des Choreographen ist immer nur ein Angebot. Die Geschichte findet in mir selber statt“.

Vorgezeichnet war sein Weg ihm nicht. Dieter Jaenicke studierte Soziologie, Religionswissenschaft und Theaterpädagogik. Nach dem Studium nahm er sich eine Auszeit, er fuhr mit dem Fahrrad nach Portugal. Zwei Jahre später ging er als Freiwilliger in ein Flüchtlingslager für vietnamesische Boat People auf den Philippinen. Dort hatte er auch sein Schlüsselerlebnis: „Jemand berichtete, wie fasziniert er in Sydney von einem Gastspiel mit Pina Bausch war. Da traf es mich wie ein Blitz. Meine Idee: Du gehst jetzt zurück und baust ein Zentrum für zeitgenössischen Tanz auf.“ Gesagt, getan. Jaenicke gründete und leitete Festivals in Hannover und 15 Jahre in Hamburg. Und er brach erneut auf, diesmal nach Brasilien, woraus sieben weitere Jahre wurden. Die unverstellte Tanzkultur in Lateinamerika oder auch in Afrika fasziniert ihn bis heute: „Die jungen Talente dort haben kein Studio, aber sie trainieren Stunde um Stunde, jeden Tag.“ Längst ist der „Urban Dance“ zu einer etablierten Kunstform geworden und daher auch zu einem zentralen Thema der Messe. Dieter Jaenicke realisierte Projekte in Rio de Janeiro, Dänemark und New York und war seit 2009 Intendant im Europäischen Zentrum der Künste Hellerau bei Dresden. „Am liebsten bin ich Entwickler“, sagt er. So erfolgreich die Internationale Tanzmesse NRW auch sei: „Wir müssen darauf achten, dass es so bleibt. Frische Impulse können deshalb nie schaden.“

Regina Goldlücke

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