Gastronomie Das Möhker macht dicht - nach 184 Jahren

Düsseldorf · Ein wenig hat man den Eindruck, hier endet die Welt - oder zumindest doch Düsseldorf. Am letzten Stück der Hammer Dorfstraße liegt die Traditionsgaststätte Möhker, wo bis 1968 auch Altbier gebraut wurde. Nach 184 Jahren in Familienbesitz ist am Sonntag definitiv Schluss.

 Thomas Drenkard in seinem Wohnzimmer in der ehemaligen Brauerei. Den alten Brauereikessel hat er zum Gästebett umfunktioniert.

Thomas Drenkard in seinem Wohnzimmer in der ehemaligen Brauerei. Den alten Brauereikessel hat er zum Gästebett umfunktioniert.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Thomas Drenkard, der seit 35 Jahren in sechster Generation selbst hinter dem Tresen steht, schafft es gesundheitlich nicht mehr. "Ich bin nicht mehr so gut zu Fuß", sagt der 57-Jährige. Der Sohn hat andere Pläne, potenzielle Nachfolger haben sich als ungeeignet erwiesen. "Alles Traumtänzer", sagt Drenkard.

Der gelernte Gastronom und seine Frau Gaby, die, obwohl eigentlich Lehrerin, seit dreieinhalb Jahrzehnten in der Küche das Sagen hat, wollen aus der Gaststätte jetzt ihr neues Heim gestalten. Das hat schon einmal gut geklappt, denn momentan wohnen sie noch gegenüber - in der ehemaligen Brauerei. Der alte Braukessel im Wohnzimmer zeugt von florierenden Zeiten. Drenkard hat ihn zu einem Gästebett umfunktioniert. Dort wird später der Sohn mit seiner Familie einziehen. "Wir werden bald Opa und Oma", sagt der künftige Ex-Wirt verzückt.

Thomas Drenkard fällt es schwer, das Möhker aufzugeben. Eine Festangestellte hatte er, ein paar Aushilfen, es waren aber vor allem Familienmitglieder, die mit anpackten, wenn der Trubel groß war. "Es lief immer bombig, wir hatten im Schnitt 4000 Reservierungen im Jahr, obwohl das Lokal weit ab vom Schuss liegt." Gänseessen, Haxe, Fisch am Freitag - das Restaurant hatte stets einen guten Ruf. Der Norwegen-Fan mit eigener Hütte in der skandinavischen Einöde hat zudem sein Faible in die Speisekarte einfließen lassen: Elch und Rentier waren der Renner, wenn die Saison es hergab. Nur das Rauchverbot machte ihm zu schaffen: "An der Theke war nichts mehr los. Und dann immer dieses Gewandere nach draußen bei Gesellschaften."

Was das Möhker von anderen Traditionsgaststätten abhob, waren die vielen Anekdoten, die sich die Stammgäste vor dem Hintergrund der langen Historie von Lokal und Brauerei an der Theke erzählten. Die Lieblings-Episode von Drenkard, der als Kind noch die Brauereikessel schrubben musste, lautet wie folgt: "Mein Onkel hat früher noch das Bier mit der Pferdekutsche in die Altstadt transportiert. Einmal fiel er aus, und der Ersatzmann wunderte sich, dass das Pferd plötzlich vor einer Bäckerei verharrte und nicht zu bewegen war, auch nur einen Schritt weiterzugehen. Der Grund: Das Pferd hat dort jeden Tag eine Cremehütchen bekommen."

Diese Liebe zur Tradition ist Drenkard aber durchaus auch schon mal auf den Wecker gefallen: "Ich wollte den Gästen mal was Gutes tun und die Toiletten modernisieren. Es gab einen Proteststurm, und ich musste die bereits rausgerissene Toilettenrinne aus dem Jahr 1931 wieder einbauen." Marc Ingel

(RP)
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