Karneval in Düsseldorf Für immer Venetia

Düsseldorf · Im Venetienclub vereinen sich fast alle ehemaligen Venetien der Stadt. Einige davon haben schon eine lange Karnevalsgeschichte hinter sich. So wie Marion Riesenfeld, die Ende der 50er zur Venetia wurde und immer noch fleißig am Karneval teilnimmt. Zwei dienstältere Venetien gibt es noch in Düsseldorf (Venetia Gisela 1956 und Venetia Wilma 1957), beide sind aber nicht mehr aktiv dabei.

 Marion Riesenfeld war mal eine Venetia und hat viele lustige Geschichten zu erzählen.

Marion Riesenfeld war mal eine Venetia und hat viele lustige Geschichten zu erzählen.

Foto: Anne Orthen (ort)

Eigentlich hatte Marion Riesenfeld (damals noch Warth) überhaupt kein Interesse am Karneval. Karnevalssonntag zog sie zwar immer – verkleidet mit ihrer Clique – zum Feiern auf die Kö, aber das gehörte halt dazu. Das änderte sich 1958. Beim Fahrunterricht fragte sie ihr Fahrlehrer plötzlich: „Fräulein Warth, jetzt fahren Sie mal rechts ran. Wollen Sie Venetia werden?“ Die damals 18-Jährige war ganz verdutzt und wusste gar nicht, was das sollte. Das klärte sich aber schnell. „Mein Fahrlehrer war der Präsident der Rather Aape und im Karnevalsausschuss. Und der Ausschuss hatte einen Prinzen, aber keine Venetia. Die Ober-Karnevalisten hatten zwar schon 20 Mädels in der Auswahl für das Düsselorfer Prinzenpaar, davon kamen aber 19 gar nicht in Frage, und die, die in Frage gekommen wäre, war Kölnerin. Das ging natürlich gar nicht.“ Sie war geborene Berlinerin, „und das ging“, erzählt die 80-Jährige heute lachend.

Einige Hindernisse musste Riesenfeld aber noch überwinden, bevor sie zu ihrer Kürung antreten durfte. Erst einmal brauchte sie das Okay vom Herrn Papa, denn mit 18 war sie zu der Zeit noch nicht volljährig. Außerdem musste dieser sich bereit erklären, die Kosten für das Amt zu übernehmen. „Sponsoren gab es damals ja noch nicht. Wir mussten alles selber bezahlen.“ Mit alledem hatte ihr Vater (übrigens gebürtiger Kölner) kein Problem, im Gegenteil. Er fand es toll, dass seine Tochter in Düsseldorf Karnevalsprinzessin werden sollte. Dann musste Riesenfeld, die sich damals zur Cutterin ausbilden ließ, auch noch den Karnevalsausschuss für sich gewinnen. Sie präsentierte sich vor einer Gruppe ernst blickender Männer, und es wurde getestet, ob sie größenmäßig zum Prinz passt. „Darauf haben sie meine Mutter, die mich begleitete, nach Hause geschickt. Und die Herren sind mit mir in die Altstadt gegangen, um zu schauen, wie ich mich benehme, wenn es was zu trinken gibt“, sagt Riesenfeld.

Den Test hat das Mädchen bestanden, denn 1959 war sie mit 19 Jahren die Venetia von Willy Freitag, und eine aufregende Zeit begann. „Ich hatte damals viel Glück“, findet Venetia Marion. Das Prinzenpaar verstand sich gut und konnte unbeschwert miteinander feiern, denn beide waren Single. Das war damals nicht selbstverständlich. „Vorher gab es nur miteinander verheiratete Paare. Das lag wohl an einem alten Skandal. Da hatte ein Prinz sich wegen der Venetia von seiner Frau scheiden lassen“, berichtet die 80-Jährige. „Wir waren auch das erste Prinzenpaar, das mit Funktaxis unterwegs war. Das war eine richtige Sensation.“ Vor Pannen schützten aber auch diese nicht, bei einem straffen Programm mit bis zu 20 Aufzügen an einem Tag. „Einmal kamen wir in der Brauerei Dietrich an der Duisburger Straße an, und da war die Sitzung schon vorbei. Der Präsident war bitterböse und sprach kein Wort mehr mit uns“, erinnert Riesenfeld sich. Höhepunkt ihrer Session war natürlich der Rosenmontagszug mit dem traditionellen Besuch der Oper am Abend. Es gibt aber auch etwas, was Riesenfeld bedauert. „Wir sollten zum Prinzenfrühstück in der Rheinterrasse mit dem Hubschrauber eingeflogen werden. Das war damals was ganz Besonderes, und ich habe mich wahnsinnig darauf gefreut. Leider fiel der Flug wegen Nebels aus. Das bedauere ich heute noch.“

Nach der Session ging es aufregend weiter. „Ich fuhr mit den Weissfräcken zu einer großen Karnevalsveranstaltung im Sportpalast in Berlin. Da standen alle vor Begeisterung auf den Tischen, weil die Düsseldorfer Venetia eine Berlinerin war. Die haben mich alle gedrückt, und ich brauchte Leibwächter. Das war ein schönes Erlebnis.“

Auch heute ist Riesenfeld noch aktiv im Karneval unterwegs. Bei den Veranstaltungen des Venetienclubs ist sie immer mittendrin. „Wir sind so eine nette Gemeinschaft, dass ich gerne mitmache.“

Karnevalssitzungen schaut sie sich aber lieber im Fernsehen an. Nur auf die Veranstaltung der KG Regenbogen verzichtet sie nie, die ist ihr absoluter Liebling. Hätte man sie vor fünf Jahren gefragt, ob sie noch mal Venetia werden möchte, hätte sie Ja gesagt. Mittlerweile wäre es ihr zu anstrengend. „Und nach 60 Jahren im Karneval habe ich im Grunde schon alles erlebt“, findet die zufriedene Rentnerin. Aber vielleicht ist sie am heutigen Altweiber-Donnerstag ja mit den anderen Venetien auf dem Carlsplatz. Mit Kokolores, Altschuss, den Swinging Funfares, den Rheinfanfaren und der KG Regenbogen wollen die Ex-Prinzessinnen den Platz rocken und erwarten auch die aktuelle Venetia Jula. Nicole Esch

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort