Baustellen Stadt zahlt 575.000 Euro Entschädigung

Düsseldorf · Die 60 Meter lange Schaufenster-Front des Schuhhaus Böhmer ist dicht, nach 54 Jahren gibt ein Teppichhändler am Wehrhahn seinen Laden auf: Die Baustelle der Wehrhahnlinie sorgt bei den Geschäften an der Schadowstraße und am Wehrhahn für deutliche Umsatzverluste.

 Die Schuhe im Schaufenster sind unerreichbar: Die lange Schaufensterfront von Böhmer an der Ecke Schadowstraße/Berliner Allee ist seit einigen Tagen für Kunden nicht mehr zu passieren. Mit Zäunen abgesperrt, stehen nun auf der Fläche davor Baustelleninventar, Holzpaletten, Bagger und Betonteile.

Die Schuhe im Schaufenster sind unerreichbar: Die lange Schaufensterfront von Böhmer an der Ecke Schadowstraße/Berliner Allee ist seit einigen Tagen für Kunden nicht mehr zu passieren. Mit Zäunen abgesperrt, stehen nun auf der Fläche davor Baustelleninventar, Holzpaletten, Bagger und Betonteile.

Foto: Bretz, Andreas

Die jahrelangen Baustellen auf der Schadowstraße, Berliner Allee und am Wehrhahn haben zu teilweise deutlichen finanziellen Einbußen bei den dort ansässigen Kaufleuten und Immobilieneigentümern geführt. Seit Beginn des U-Bahn-Baus 2008 hat sie 123 Anträge auf Entschädigung wegen Umsatzeinbußen beziehungsweise Mietminderungsausfälle erhalten. 46 wurden positiv bewertet und die Stadt zahlte insgesamt 575 000 Euro an Kaufleute beziehungsweise Hausbesitzer. Allein im vergangenen Jahr wurde 36 Anträgen entsprochen und 180 000 Euro an Entschädigung gezahlt.

Entschädigungen eingeplant

"Meinem Geschäft hat die jahrelange Baustelle vor dem Haus den Todesstoß gegeben", sagt Abdoullah Nemetzade. Der 76-jährige Exil-Iraner kam 1957 nach Düsseldorf und eröffnete seinen großen Teppichhandel am Wehrhahn. Erst an der Ecke zur Tonhallenstraße, mehr als 20 Jahre lang und nun seit 30 Jahren am Wehrhahn. "Auch wir haben durch die Baustellen klare Umsatzeinbußen erlitten, und das ist auf Dauer einfach nicht aufzufangen", sagt Nemetzade. Noch ein paar Tage will er sein Geschäft geöffnet halten, wird den gesamten Teppichbestand mit deutlichen Reduzierungen verkaufen, und dann ist für ihn Schluss.

So weit ist es bei vielen Kaufleuten noch nicht gekommen, aber fast alle, die ihre Geschäfte zwischen Kö und S-Bahnhof Wehrhahn betreiben, leiden unter den Baustellen. Die allermeisten unter Umsatzeinbußen. Von den 123 Antragstellern seit 2008 verlangten alleine 83 Geld für vermeintliche Umsatzverluste wegen der Wehrhahnlinien-Baustelle. 29 bekamen Recht — und rund eine halbe Million Euro ausgezahlt. 40 Hauseigentümer plädierten in den gut drei Jahren auf Entschädigung wegen deutlichen Mindereinnahmen aus der Vermietung von Gewerbeflächen. 17 bekamen Recht. Das waren 75 000 Euro.

"Wir haben diese Entschädigungszahlungen bereits vor Beginn der Baustellenzeit eingeplant", sagt Roland Hahn, stellvertretender Leiter des städtischen Verkehrsmanagements. Für 2012 rechnet er aber mit weniger Anträgen. "Die große Baustellenzeit an der Oberfläche ist vorbei. Nun wird meist unterirdisch gearbeitet."

Da die Baustellen immer wieder verändert werden und immer wieder neue Fahrspuren für die Autos ausgewiesen werden, kann ein gut zugängliches Geschäft von heute auf morgen zum nicht mehr zu erreichbaren Laden werden. Der jüngste Fall: Das Schuhhaus Böhmer hat entlang der Berliner Allee eine rund 60 Meter lange Schaufensterfront. Hunderte Schuhe stehen dort sonst zur Präsentation aus. Jetzt keiner mehr. Da die Straßenspur auf die gegenüberliegende Seite gewechselt ist, haben die Bautrupps nun den gesamten Bereich vor Böhmer zum abgesperrten Bereich erklärt. Dort lagern Bagger, Autos, Material und Ersatzteile.

"Der Eingang an der Schadowstraße ist zwar offen. Mehr aber auch nicht", sagt Filialleiter Ralf Böttcher. Bis zum Jahresende müsse er mit dem Zustand leben, habe man ihm mitgeteilt. Wenn er Glück habe, werde im Sommer ein kleiner Gehweg entlang der Fensterfront geschaffen. Vielleicht.

Die Tatsache, dass das geplante Gebäude an der Ecke Schadowstraße/Bleichstraße nun endlich gebaut wird und dort ein neues Geschäftshaus entsteht, ist für viele aber ein erstes gutes Zeichen für die Einkaufsmeile. Anfang 2013 wird die Immobilie an der Schadowstraße 56 fertig sein. In das hauptsächlich aus Handelsflächen bestehende Gebäude wird die irische Bekleidungskette Primark einziehen. Das sechsgeschossige Gebäude bietet rund 6500 Quadratmeter Einzelhandelsfläche über vier Ebenen. Dort wird Primark in gut einem Jahr vor allem Kleidung sowie Wohnaccessoires anbieten. Abdoullah Nemetzade wird dann weg sein vom Wehrhahn. Für ihn kommt eine Belebung zu spät.

(RP)
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